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RONNIE ATKINS – One Shot

~ 2021 (Frontiers Music s.r.l.) – Stil: Melodic Hard Rock ~


Mit dem Studio-Album von der dänischen Goldkehle Ronnie Atkins verbindet man natürlich sofort seine Hausband PRETTY MAIDS und der erste Höreindruck zeigt, dass sich Ronnie nicht weit von seiner angestammten Musik entfernt. Dass er sich schon gar nicht in härtere Gefilde gibt, sondern soliden Hard Rock mit einem ordentlichen Schuss Gitarre und einem guten Schuss Keyboards produziert hat. Dabei kann man gleich außer Frage stellen, dass die Songs erstklassig eingesungen sind. Denn dafür steht Ronnie seit der Auftakts-EP und den Klassikern ´Red, Hot & Heavy´ und ´Future World´ (ist auch schon alles eine Ewigkeit her und ich alter Sack mag halt immer das ganz alte Zeugs, aber auch „Neues“ so um das Jahr 2000 🙂 war prima) für Powergesang mit viel Gefühl.

Leider ist der Grund für das Soloalbum vor allem ein sehr trauriger. Bei Ronnie ist einmal mehr Krebs festgestellt worden und zwar im unheilbaren Zustand. Das schmerzt mich, denn Ronnie ist fast genauso so alt wie ich und eine Institution in der Metal-Historie. Er hat in dieser schwierigen Situation bewusst auf Ablenkung im positiven Sinne gesetzt und dieses Solo-Album aufgenommen. Sein Bandkollege, Keyboarder und Gitarrist Chris Laney, der laut Ronnie produktionstechnisch auf der Höhe der Zeit ist, hat ihn dabei unterstützt. Deshalb sind es vor allem die Keyboards und die Gitarren, die neben Ronnies Gesang im Vordergrund stehen.

Der Auftakt ´Real´ klingt denn auch nicht sehr überraschend und geht aber gleich ordentlich ins Ohr. ´Scorpio´ schließt direkt mit pulsierenden Keyboards an. Nummer 3 ´One Shot´ ist eine Ballade, das war vorhersehbar. Ist bei Ronnie aber ausnahmsweise keine Drohung, sondern hilft, seinen großartigen Gesang in den Mittelpunkt zu stellen. Und all zu kuschelig wird es auch nicht, sondern im Refrain ordentlich kräftig. Gefällt mir gut. ´Frequenzy Of Love´ ist ein weiterer melodischer Titel mit viel Gefühl und Kraft. Seinem Gesang merkt man seine Krankheit wenig an. Mit ´One By One´ ist ein weiterer kräftiger Stampfer im Gepäck und mit ´When Dreams Are Not Enough´ noch was zum Erwärmen zum Schluss. Richtige ´Headbanger´ im Stil von ´Future World´, ´Back To Back´ oder ´Yellow Rain´ gibt es keine. Da hat er aber auch schon viele abgeliefert und ich hätte das jetzt auch nicht erwartet.

Es gibt die Soloalben, die der eigenen Band ziemlich nahestehen. Dazu gehört dieses. Das Risiko, bei den eigenen Anhängern durchzufallen, ist damit minimiert. Aber seine eigene Handschrift deutlicher zu machen und einfach mal zu experimentieren entfällt dann auch. Da kann man darüber streiten. Die PRETTY MAIDS-Enthusiasten – wie ich – sind froh, dass sie ein neues Album von Ronnie in den Händen halten. Der Musikkritiker ist gnädig (nicht nur wegen den besonderen Umständen), denn alles was Ronnie ansingt, wird zu Gold. Klar, diese Art von melodischem Hard Rock ist schon lange fernab jeder aktuellen Musikströmung, aber das ist für mich nebensächlich. Ronnie weiß, was er kann und genau das liefert er ab. Ronnie weiß, was er liebt und exakt das hat er aufgenommen. Das klingt vertraut, aber nicht langweilig. Da kann man nur hoffen, dass uns Ronnie noch lange erhalten bleibt.

Ronnie hat mich seit 1984 begleitet (die letzten Platten sind mir ehrlicherweise nicht mehr so vertraut) und ich habe ihn des Öfteren live sehen dürfen. Er ist ohne Zweifel einer der besten Sänger und ein netter Kerl dazu. Es gibt auch keine einzige durchschnittliche oder gar schlechte PRETTY MAIDS-Platte. Selbst nicht gerade erstklassige Scheiben wie ´Sin-Decade´ oder ´Jump The Gun´ hatten ihre Qualitäten. Wer ihn und seine Band mag, kann getrost blind zugreifen. Ich wünsche ihm viel Kraft, Gesundheit und Erfolg!! Wer auf der Suche nach neuen musikalischen Impulsen ist, sollte vielleicht doch noch wo anders suchen. Das war hier aber auch nicht die Aufgabenstellung.

(7,75 Punkte)

https://www.facebook.com/RonnieAtkinsOfficial


(VÖ: 12.03.2021)