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FINAL GRAVITY – Surviving Humanity

~ 2021 (Independent) – Stil: Female Fronted Prog Rock/Metal ~


Guten Morgen, liebe Klasse. Schön, euch alle wieder gesund und munter begrüßen zu können. Hefte und Stifte raus und aufgemerkt. Wir sprechen heute in Musik über eine vielversprechende, zeitgenössische Rockgruppe, die auch den Wilderen unter euch gefallen könnte. Ähnlich schwer zu beschreiben, aber durchaus artverwandt ist eine ebenfalls aus dem sonnigen Kalifornien stammende Ausnahmeband, die zwar dem progressive Metal zugeordnet wird, jedoch in ihrer stilübergreifenden Einzigartigkeit… ja, Heinz-Dieter?
HAMMERS OF MISFORTUNE!
Recht so, setzen, Eins mit Sternchen. Ist dein Papa nicht auch Bierbrauer?

Nach elf Jahren ziehen FINAL GRAVITY einen Restart durch und endlich wird aus ihrem damals schon wohlschmeckenden Gebräu ein Bier, das von mir ein fettes Qualitätsprädikat erhält. Gut, man hatte mit dem neuen Rezept von der 2010 dazu gestoßenen Sängerin Melissa Jane Dichiera bereits schon im selben Jahr ein leckeres 4er-Pack für die Genießer auf den Markt gebracht, von dem sich der ´Phoenix´ – bereits vom ersten Fässchen kommend – auch zum dritten Male auf die aktuelle Scheibe erhoben hat, doch erst jetzt läuft der leckere Gerstensaft Kastenweise. Bier? Ja, FINAL GRAVITY ist im Amerikanischen ein Begriff aus dem Bereich des Bierbrauens, daher fandet ihr auf dem Debüt von 2009 ein Fässchen und Flaschenbier auf der ein Jahr später folgenden EP. Ohne Biercover geht es nun anno 2021 weiter, die Verschmelzung von Wasser, Gerste, Hopfen und Hefe steht weiterhin für die Kombination der verschiedenen Einflüsse der vier beteiligten Musiker.

Zunächst hat man den Eindruck, der Spirit moderner PAVLOV’S DOG wären zusammen mit RUSH für die positive Stimmung des Openers ´New Day´ verantwortlich, kein Wunder – covert doch die Band gerne mal einen RUSH-Song, womit wir auch das Handwerkliche geklärt hätten. Doch da signiert der Eine die Playlist mit ´Sincerely Satan´ und da ist es, das schnelle Heavy-Riffing, das auch die HAMMERS OF MISFORTUNE so unwiderstehlich macht und Metaller aufhorchen lässt. Öfter als einmal muss ich an diese einzigartige Band denken, auch wenn sich FINAL GRAVITY doch eher in den Gefilden des Rock wohlfühlen und in der zweiten Hälfte der Scheibe verstärkt auf hitverdächtige Refrains bauen. Melissa überzeugt dabei mit einer intensiven, aber auch verletzlichen Stimme, die ich früher so bei Heather Thompson (TAPPING THE VEIN) angeschmachtet habe. Die Bruderschaft der ersten Stunde besteht weiterhin aus Michael Clark (Gitarre), Charles Mumford (Bass) und John Chominsky (Schlagzeug), der mit Melissa zusammen auch bei SYNN aktiv ist.

 

 

Ich mache es mir zunächst in meinem lauschigen Ohrensessel in DEATH ANGELs ´Room With A View´ gemütlich und blicke höchst zufrieden durchs geistige Fenster auf die ´Hollow Days´, die von der Struktur dieses spezielle Etwas bergen, das an Thrashbands erinnert, die ihr Repertoire mit einer grandiosen, gehaltvollen Halb-Ballade mit Wumms dahinter veredeln. Die fein akzentuierte Intensität von einer Beth Gibbons (PORTISHEAD) schimmert ganz ohne Trip-Hop-Gewand bei ´Hello, Hello (Bleeding Sadness)´ durch. Wunderschön mit dem Piano beginnend, steigert sich dieser sentimentale Seelenaufräumer zu einer wuchtigen Rockballade.

Ja, an dieser Stelle solltet ihr noch ein wenig aufdrehen. ´Leaving´ groovt fett rockig durch die Boxen, wechselt an einigen Stellen zum Progmetal und kommt mit einem Ohrwurmrefrain zurück um die Ecke, wie es auch das flotte ´My Eternity´ zu bieten hat, wobei dieser Song so was wie der kommerzielle Ausreißer für die Melissa Etheridge-Gemeinde darstellt, wobei sie diese natürlich musikalisch total überfordert, hehe. ´No Love´ fischt erneut in ruhigeren Gewässern, bevor es emotional ausbricht, vergisst dabei mit exzellentem, perkussivem Zwischenpart weder die Prog- noch die Atmo-Metalfraktion und der bereits erwähnte, altgediente Brecher ´Phoenix´ beschließt das Album mit der Rückkehr zu einigen RUSH-Akzenten vom Beginn, besonders im Bassvereich.

Mit Musik wie dieser könnte die Menschheit überleben. Ich lausche weiterhin mit sonniger Wonne ´Surviving Humanity´ und träume von einer gemeinsamen Konzerttour zweier kalifornischer Ausnahmebands. Auch die Hoffnung lebt damit weiter.

 

www.finalgravitytheband.com

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finalgravity.bandcamp.com