PlattenkritikenPressfrisch

AL NAVARRO – Monsters – Part One (EP)

~ 2021 (Independent) – Stil: Progressive Hard & Heavy ~


Ist die EP das Demo der Zukunft? Immer häufiger durchfluten EPs meine Öhrchen, die Gründe der Künstler dafür sind unterschiedlich. Doch in unseren digitalen Zeiten macht es durchaus Sinn, mit kürzeren Veröffentlichungsintervallen in dieser schnelllebigen Medienwelt präsent zu sein.

Ich muss gestehen, dass ich bei sinkender Aufmerksamkeitsspanne erheblich schneller den Zugang zum Werk erlange – bei gleichem Zeiteinsatz für Hören eines Longplayers. Dazu stellt sich bei mir altersbedingt die wohlige Erinnerung an die Zeit der Demos in Kassettenform ein, als man meist 6-Liederweise Sensationelles worshippen durfte, bis endlich irgendwann der lang ersehnte Longplayer erschien… und seien wir ehrlich: So geil ein Debüt war, krallte man sich gedanklich doch am Demo fest, da die Tracks regelrecht im Hirn einzementiert waren und feinste Abweichungen auf der Platte nicht ins Weltbild passten.

Doch genug davon, auch AL NAVARRO hat sich dazu entschieden, seinen neuen Output ´Monsters´ in zwei EPs zu splitten, was ich für eine gute Entscheidung halte, da sein starkes Full-Length-Album ´It’s Your Fault´ erst 2020 rauskam, er seitdem vor Ideen übersprüht und darüber hinaus an seiner Rock Oper ´Lucifer’s Odyssey´ arbeitet. Unser spanischer Freund Al hat es diesmal gut mit uns gemeint und verabreicht seine stilistisch vielfältigen Songs in zwei EP-Etappen mit jeweils 5 Songs, bevor er sich weiter um seine Rock Oper kümmert. Mit knapp 30 Minuten sprechen andere Künstler meist schon von Album, Al gibt sich da eher bescheiden.

Alles andere als kompositorisch bescheiden erweisen sich wieder mal seine Stücke. Diesmal hat sich Al für Nacho Ibanez (BIG MOUTHERS) am Mikro entschieden, der zwischen Geddy Lee und Dennis DeYoung ein wenig an unseren Andy Kuntz von VANDEN PLAS erinnert. Los geht’s mit ´Walking Down The Road´, welches mit dezenten Powermetal-Einsprengseln den Keyboard-Progrocker ebenso wie den Gitarren-Hardrocker erfreut – so wie zum Beispiel XILLA ebenfalls agieren. Danach Tanzschuhe an und… Elektronik genießen. Keine Angst, ´Falling Down´ entwickelt sich zum stampfend-treibenden Klassesong mit fetzigem Riffing in den Strophen, stimmungsvoller Akustikgitarre in der Bridge und überzeugt auch lyrisch mit allem, was den Progmetaller aufhorchen lässt. Würden sich meine geliebten DIVIDING HORIZONS heutzutage so anhören?

 

Trashing all the corners, losing common sense, once again.
Money blinds the truth, we are crossing the red line no one cares…
Calling all stations, asking for some help, don’t run away.
So much information that we don’t know what is real or not.

 

Das eingängige ´The Observer´ lebt von seinem Hardrock-Hook und besticht durch ein lebenshungriges, positives Feeling im rockhymnenartigen Refrain – wie es einst die ´Lust For Life´ von GAMMA RAY hervorrief. Innerhalb des Songs spannt Al die Brücke von balladesken Momenten bis hin zur heavy Power. ´Time To Breathe´ ist ein Goldstück aus der PAIN OF SALVATION-Schatzkiste, das die großen Momente von melancholischen VANDEN PLAS feiert. Auch das namensgebende Titelstück ´Monsters´ erfreut zu Beginn mit QUEENSRYCHE-Gitarrenharmonien und verwandelt sich vom Ungeheuer über neoproggige Wege in eine anmutige Metalperle, die sich in ein wahres Epos auswächst und einen Vorgeschmack darauf bietet, wie wunderbar eine Rock-Opera aus dem Hause AL NAVARRO klingen könnte!

Das erste der beiden ´Monsters´ überzeugt auf ganzer Linie durch ideenreichen, progressiven Hard & Heavy mit Twists und Turns, die man zu Beginn des jeweiligen Songs nicht vorausahnen kann und somit Al weiterhin auf der Einkaufsliste verwöhnter Musikfans platziert. Muchas gracias!

 

www.facebook.com/Al-Navarro