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PRINS SVART – Under Jord

~ 2020 (Musica Ex Machina/Sound Pollution) – Stil: Classic Rock ~


Manchmal ist es gut, keine Erwartungen zu haben, dann tritt man nicht ins Leere wie mein lieber Kollege Mario, dessen vorfreudig aktiviertes Tanzbein nun leider mit dem Nachfolger von ´Inte Här För Att Stanna´ in der Luft hängt. Die Stimmung zum eher rockigen Vorgänger hat sich zur Hälfte deutlich ins Nachdenkliche gewandelt, somit bin ich – als zeitweiser Tanzmuffel und auch von der momentanen Gesamtsituation etwas unbefriedigt – genau in der Stimmung für sentimentale Tiefe statt fettem Abrocken…wobei aber auch die letzte Scheibe in einigen Momenten eindrucksvoll zeigte, daß dem PRINS SVART so einiges auf der gepeinigten Seele brennt.

Und da haben sie’s einfach drauf, diese drei Wikinger namens Henrik Bergqvist (gitarr, sång), Sebastian Sippola (trummor) und Tomas Thorberg (bas, sång) und ihre vier Sangesgäste, unter denen auch ein gewisser Mats Levén zu finden ist. Dafür dürfen sie auch gerne in ihrer Muttersprache musizieren, wie es die Schweden auch auf diesem dritten Album tun. Haken wir einfach schnell die wenigen unerfreulichen Punkte ab und kommen ans Eingemachte. Bei einer Spielzeit von knapp über dreissig Minuten kann der kritische Zeitgeist eine Coverversion und ein kurzes Intstrumental abziehen. Geschenkt – letztes Jahr knackte man auch nicht die 40 Minuten. Aber was dann bleibt, verdient höchste Beachtung, denn ihr dürft dreimal rocken und dreimal so richtig sentimental werden, aber mächtig.

Zum Start dürfte auch Mario noch „in union“ an meiner Seite stehen, denn wir bewegen uns bei dem Top-Opener ´Inte så lätt som det ser ut´ zwischen LED ZEPPELIN und DEEP PURPLE, es versprüht aber auch nicht zuletzt in den höher gesungenen Parts die Frische der damals besten Hardrock-Combo aus den Niederlanden namens VENGEANCE, bei der ein gewisser Arjen A. Lucassen die sechs Saiten bediente. Auch ´Här finns bara jag´ versprüht – durch Drums getrieben und mit Bärenstimme gesungen – fantastisches Classic-Hardrock-Flair auf hohem Niveau, liefert einen coolen, ruhigen Part und nimmt das im Folgenden vom Kollegen erwähnte, URIAH HEEP verdächtige Zwischenstück ´Drömskåp på glänt´ als Outro, wogegen ein wenig später ´Om det dom viskar är sant´ etwas leichter, ja fast hitverdächtig rüberkommt. Aber der Rest, liebe Brüder und Schwestern, greift dermassen gewaltig in die Magengrube mit einer gefühlvollen Tiefe, die schon eher Singer-Songwriter-Gefilden entspringt. Mein persönliches Kernstück des Albums ist zweifellos ´Sanningen för mig´, welches einfach nur verzaubert und diese einzigartige Schwermut zu Tage fördert, wie es nur ein skandinavischer Krimi kann.

Gibt es eigentlich Doom-Balladen oder ist es Singer-Songwriter-Doom? Während der Gesang äusserst gefühlvoll mit einer Stimme an der Grenze zum emotionalen Zerreissen ´Ingen minns oss när vi går´ intoniert, knallt die Band heavy-doomig in Etappen rein und setzt tonnenschwere Akzente. Alles zusammen ergibt hier einen Song, der unheimlich packend nahezu perfekt unverkopft ausgearbeitet ist, wie auch der Rest des Materials, was meine kleine Musikwelt betrifft. Für alle SCORPIONS-Oldschooler, die ihre gebrochenen Herzen damals mit den ´Gold Ballads´ geheilt haben, erweist sich gerade durch die akustischen Gitarren als auch die wunderschönen E-Gitarrenmelodien ´Allt mitt liv´ als zeitloser Goldie. Das ´Green Manalishi´ Cover passt zwar hervorragend in den Gesamtkontext der Platte, aber nachdem JUDAS PRIEST diesen Song nicht zuletzt durch Rob Halfords überirdische Intonation mehr als unsterblich gemacht haben, liegt die Messlatte zu hoch oder eben woanders, obwohl es durchaus durch die rauen Vocals gefällt.

In seiner Gesamtheit unterstreicht dieses liebevoll gelebte Album die Eigenheiten von PRINS SVART für mich vielleicht noch mehr als das bisher schon endgeile, unverkrampfte, organische Einverleiben großer Klassiker der Siebziger. Den Vorzug zwischen den mir bekannten beiden Alben gibt allein die persönliche Stimmungslage und ich erhöhe damit die 2019 vom Kollegen vergebene Punktezahl…in meiner Muttersprache.

(Acht Fleischbällchen plus eine dicke Singer-Songwriterfrikadelle – Less Lessmeister)

 

 

Was habe ich den Vorgänger ´Inte Här För Att Stanna´ im letzten Jahr abefeiert. Das Teil hat sich damals über mehrere Wochen in meiner Playlist festgefressen. Umso größer war meine Vorfreude auf PRINS SVARTs neue Scheibe ´Under Jord´. Und wie auch immer sich Freund Less äußert, ich fühle mich nicht so recht vom Hocker gerissen. Irgendwie scheinen die neuen Songs wie Schnellschüsse mit mangelnder Inspiration. So ist dann auch einer der acht Tracks, ´Drömskåp på glänt´, ein nur einminütiges Instrumental, das ´En Eftermiddagsdröm´ vom Vorgänger zitiert.

Versteht mich nicht falsch, ´Under Jord´ ist keine schlechte Platte, im Gegenteil, ich jammere hier auf ziemlich hohem Niveau. Aber ich muß sagen, ich werde irgendwie nicht so recht warm. Ich kann gar nicht festhalten, woran das liegt, alles was beim Vorgänger da war, findet sich hier auch. Bläser, Orgel, schwedische Lyrics, Einflüsse aus den Seventies. Dennoch fehlt mir der Kick. Dabei beweisen das leicht bekiffte ´Ingen minns oss när vi går´ oder das tanzbare ´ Om det dom viskar är sant´, was PRINS SVART tatsächlich erreichen hätten können. Vielleicht damit, die Songs noch ein wenig reifen zu lassen. Mit der Obsternte wartet man ja auch bis zur Genußreife. 

Und vier Gastsänger, da fehlt am Ende des Tages noch mehr der rote Faden. Vielleicht auch darum fühle ich mich nicht so recht gefesselt. So paßt ins Bild, mein persönliches Highlight ist die abschließende Liveaufnahme von FLEETWOOD MACs ´Green Manalishi´. Mit schwedischen Lyrics!!!

(7 Punkte – Mario Wolski)

 

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(VÖ: 21.08.2020)