THIN LIZZY – Bad Reputation (1977)


´Johnny The Fox´ konnte die extrem hohe Qualität von ´Jailbreak´ nicht ganz halten, war aber trotzdem ein weiterer eindrucksvoller Beweis für die extrem hohe THIN LIZZY-Leistungsfähigkeit. Nach ´Fighting´ und ´Jailbreak´ der dritte Meilenstein, der die damalige Konkurrenz (bis auf Ausnahmen wie die ebenfalls high-performenden UFO mit Michael Schenker) weit hinter sich ließ. Mit ´Bad Reputation´ kam das nächste Angebot auf den Markt. Für mich ein nahezu perfektes Album, das auch die großen Fußstapfen von ´Jailbreak´ ausfüllen konnte.

Was war neu? Mit Tony Visconti (unter anderem David Bowie und T. REX) ein Produzent, der die abwechslungsreiche Seite von LIZZY herausstellte, ohne in die Beliebigkeit von ´Nightlife´ oder die Seichtigkeit einiger schwächerer Songs von ´Johnny The Fox´ oder später ´Renegade´ zu geraten.

 

 

Das Erstaunliche daran: Zu diesem Zeitpunkt drohte die eingeschworene Vierermannschaft Lynott / Downey / Robertson / Gorham nach Brian ´Robbo´ Robertsons kleineren Schlägereskapaden mit dem schottischen Kumpel Frankie Miller gerade gesprengt zu werden. Einen Tag vor der enorm wichtigen US-Tournee hatte Robbo noch Hunger und landete im „The Speakeasy“-Club, wo rein zufällig der alte Kumpel Frankie Miller gerade vom Alkohol gezeichnet auf allen Vieren kriechend von der Band GONZALEZ mit einer abgebrochenen Flasche verprügelt werden sollte. Brian ging mutig mit der Hand dazwischen und schon war die Arterie und die US-Tour futsch. Zitat: ´The glass went straight through my fingers, then sliced down and cut the tendons and nerves. It cut an artery as well…”.

 

 

Leider war das schon die zweite Absage einer US-Tour nach Philips Hepatitis-Ansteckung. Gerade, wo die Band mit ´Jailbreak´ und der dazu gehörigen Single ´The Boys Are Back In Town´ und ´Johnny The Fox´ in den USA für Furore gesorgt hatte. Trotz „The drink will flow and the blood will spill. And if the boys want to fight, you better let ‚em“ – Attitüde, die Philip in ´The Boys Are Back In Town´ besungen hatte und der er auch gerne selbst hin und wieder nachging, gab es für Robbo erst einmal die „Rote Karte“. Auf dem Frontcover war er schon verbannt. Bei drei der Songs durfte er nach seiner Handverletzung aber auf dringenden Wunsch von Gitarrenkollege Scott Gorham sein Gitarrenspiel beisteuern, zwei Songs davon veredelte er mit seinen unnachahmlichen impulsiven Soli, die harten und genialen ´Opium Trail´ und ´Killer Without A Cause´.

 

 

Letztendlich war ´Bad Reputation´ aber das Meisterwerk vom etwas im Schatten des aggressiven Mitkollegen Robertson stehenden Scott Gorham, der in hervorragenden Songs wie dem unterbewerten Opener ´Soldier Of Fortune´, ´Southbound´ oder dem poppigen ´Dancing In The Moonlight…´ Glanzlichter mit Gitarrenharmonien und seinen unverkennbaren melodischen Soli setzte. Brian Downey durfte im unnachahmlichen, düsteren Titelstück ´Bad Reputation´ schlagzeugtechnisch mehr als brillieren. Mit den Tracks ´Downtown Sundown´ (hervorragend, mit Klarinetteneinlage von SUPERTRAMPs John Helliwell, der schon auf ´Dancing In The Moonlight…´ sein Saxofon beisteuerte) oder ´Dear Lord´ gab es außergewöhnliche, eher ruhige Stücke, die aber einen wichtigen Anteil am genialen Gesamtwerk hatten.

Auch das in der Not aufgenommene schwarze Foto auf dem Cover war in seiner Schlichtheit genial und passte absolut zum Titel. ´Bad Reputation´ ist mit ´Jailbreak´, ´Black Rose´ und ´Fighting´ für mich die stärkste Studioveröffentlichung. Vielleicht die Platte, die die großartige Bandbreite der Band am eindrucksvollsten zeigte. Robbo durfte im Übrigen dann doch an der Tournee zum Album teilnehmen. Nicht nur dadurch wurde es dann richtig „gefährlich“….

… Fortsetzung folgt …