
MARCO BERNARD – Moby Dick
2025 (Seacrest Oy/Just For Kicks Music) – Stil: Prog Rock
Wenn man Marco Bernard und seine Arbeit mit den SAMURAI OF PROG kennt, weiß man um seine überbordende Kreativität. Seit 2009 baut der römische Bassist, der heute zwischen Finnland und Italien pendelt, sein eigenes Universum aus Klanglandschaften, Konzeptalben und Geschichten auf. Virtuosität und Storytelling verschmelzen bei ihm zu einer einzigen Sprache. Mit ´Moby Dick´ legt er jetzt ein Soloalbum vor, das den weißen Wal von Herman Melville neu aufleben lässt – und gleichzeitig von Besessenheit, Sehnsüchten und zwischenmenschlichen Beziehungen erzählt.
Die große Reise beginnt mit ´Loomings´. Alessandro Di Benedetti lässt die Keyboards wie Wellen fließen, Steve Unruh streicht die Violine wie Wind über die Segel. Carmine Capassos Gitarre setzt punktuelle Akzente, Marco Bernards Bass trägt alles wie ein unsichtbares Rückgrat. Man kann die Pequod auslaufen sehen, die salzige Luft riechen, das Knarren des Holzes hören – und mittendrin Ishmaels neugierige Stimme.
´The Quarter Deck´ rückt Kapitän Ahab ins Zentrum. Octavio Stampalias Keyboards wirbeln wie Wolken am Horizont, Marcelo Ezcurras Gesang zeigt die obsessive Entschlossenheit des Kapitäns. Geige, Gitarre und Bass lassen das Deck unter den Füßen schwanken. Man spürt den Sturm, die Spannung, die brennende Fixierung eines Mannes, der alles für seine Jagd gibt.
Mit ´Fastfish, Loosefish´ öffnet sich der Blick. Linus Kåse bringt Melodie und Rhythmus in ein spielerisches Gleichgewicht. Die Bewegungen der beiden Wale jenseits des Horizonts spiegeln sich in den Harmonien. Marco Bernard erzählt die Geschichte nicht nur – er lässt sie lebendig werden.
´The Quadrant´ entfaltet sich in drei Kapiteln. Mimmo Ferris Keyboards treiben die Pequod über imaginäre Breitengrade, Gitarren spannen dramatische Routen, Giovanni Mazzottis Flöte öffnet den Horizont. Angst und Hoffnung, Ahabs Besessenheit und Ishmaels stille Reflexion treffen hier aufeinander. Man spürt bereits den heraufziehenden Sturm in mancher Stille.
Dann kommt ´The Chase´. Der Sturm, in dem alles zusammenläuft. Marco Grieco lässt Gitarren, Schlagzeug und Keyboards wie Wellen aufeinanderprallen. Man spürt die Gischt auf der Haut, das Zittern der Takelage, die Panik und das Adrenalin, wenn die Jagd ihren Höhepunkt erreicht. Michael Trews Gesang trägt Ahabs Wut, die Instrumente die rohe Kraft des Sturms. Man ist nicht länger Zuhörer, man ist Teil der Crew, Teil der Jagd.
Im ´Epilogue´ zieht sich das Wasser langsam zurück. David Myers’ Piano legt sanfte Wellen an den Strand, Marco Bernards Bass trägt die Geschichte in die Stille. Alles verlangsamt sich. Marco Bernard und seine Mitmusiker verwandeln die komplexe Geschichte bis zum Schluss in eine lebendige Story.
Mit dem Bonus-Silberling, ´Undercover Deux´, öffnet sich ein anderes musikalisches Fenster. Marco Bernard greift Klassiker des Rock – von RUSH über LED ZEPPELIN bis Al Di Meola – auf und interpretiert sie neu, ohne sie nur zu kopieren. Jeder Song erzählt von Freude, Leidenschaft und Inspiration, und doch wirkt alles wie aus einem Guss mit dem eigentlichen Hauptalbum. Marco Griecos ´Stories Of The Sea´ bildet den Abschluss: Zwei Basslegenden, Marco Bernard und Michael Manring, bringen das Meer noch einmal in Wallung.
´Moby Dick´ entfaltet sich wie ein endloser Horizont. Unter der Leitung von Marco Bernard wird Musik zu einem intensiven Erlebnis. Er und seine Mitmusiker ziehen die Zuhörer tief in die Weiten des Ozeans und in die Abgründe der Seele. Zwischen virtuosen Momenten, atmosphärischen Zwischenspielen und emotionalen Höhepunkten entsteht eine Reise, die die Jagd nach dem Unfassbaren, den Kampf gegen Einsamkeit und die Auseinandersetzung mit Besessenheit erfahrbar macht. Wenn das letzte Echo des Wals verklingt, bleibt reines Staunen zurück. ´Moby Dick´ ist ein aufrichtiges, monumentales Werk, das Progressive Rock als Leben, Leidenschaft und Gemeinschaft sinnlich erfahrbar werden lässt.
(9 Punkte)
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