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MISS VELVET AND THE BLUE WOLF feat. GEORGE CLINTON – Feed The Wolf

~ 2019 (Isotopia/Indigo) – Stil: R&B, Funk, Soul, Rock ~


Ende 2017 veröffentlichten MISS VELVET AND THE BLUE WOLF ihr Debüt `Bad Get Some`. Ein Album, das sich zwischen den Genregrenzen bewegte, Funk, Soul, R&B und Rock zu einem einzigartigen Gebräu vermischte. Außerdem haben sie mit der Namensgeberin, Miss Velvet, eine Sängerin in der Band, die mit einer irren, eigenständigen Stimme und massivem Volumen Dreh- und Angelpunkt des Geschehens darstellt. Allein bei der Erinnerung an z.B. `Dare` läuft es mir warm und kalt den Rücken runter. Diese Stimme. Was für eine Gewalt!

Eineinhalb Jahre später steht der Nachfolger an, doch die ersten Durchgänge sind etwas enttäuschend. Man hat den hart rockenden Anteil vernachlässigt, dafür Funk, Soul und R&B mehr Raum gegeben. Man braucht Zeit, vor allem, wenn man das Debüt im Ohr hat, bis man sich mit den neuen Songs arrangiert hat.

Die Stücke sind alles andere als simpel. Manchmal wird man auch überfordert. Da passiert so viel in den einzelnen Stücken, dass man sich manchmal wünscht, die Truppe würde nicht zu oft Tempo, Rhythmus etc. wechseln, sondern eher kleingeistiger aufspielen.

Die Tracks haben oft einen experimentellen Touch, zeigen, hier sind Musiker am Werk, deren Limit noch lange nicht erreicht ist. `Feed The Wolf` ist wiederum eine Zeitreise in die Siebziger. Discokugel, Plateau-Schuhe, Joints, Groove, eine abgeratzte Stadt wie New York in den Siebzigern taucht vorm inneren Auge bei einem Song wie `Sweet Intoxication` auf. Der Titeltrack ist mit Abstand der rockigste Song des Albums. Eine zündende, innovative Nummer mit einem Feuerwerk an Ideen.

Dass dieses Album so klingt wie es klingt, liegt sicher an dem Umstand, dass kein geringerer als George Clinton (PARLIAMENT FUNKADELIC) seine Finger mit ihm Spiel hat. Hatte er doch die talentierte Band mit auf seine Welttournee genommen und sah das große Potential der Truppe. `Feed The Wolf` ist anspruchsvoller Tobak, kein Album für nebenbei. Und vor allem kein Album für Kleingeister. Man muss schon einen Nerv für Funk, Groove, Soul etc. haben, um sich mit diesem Album positiv auseinandersetzen zu können/wollen. Müsste ich zwischen dem Vorgänger und dem neuen Album wählen, würde ich das Debüt vorziehen, weil hier ganz klar die rockigen Attribute mehr greifen und insgesamt auch die besseren Songs geliefert wurden.

(7,5 Punkte)