Livehaftig

NAVARONE

~ 2.03.2019, Rotown, Rotterdam ~


Eine Band in ihrem Heimatland zu erleben ist sicher immer ein Erlebnis. Dieses soll mir nun mit NAVARONE auch zuteilwerden. Also gibt es ein Wochenende im benachbarten Königreich. Der Tag wird für einen Stadtrundgang genutzt, der Samstagabend steht dann im Zeichen der Rockmusik.

Der Konzertbeginn ist für halb zehn angesetzt, aber da der frühe Vogel bekanntlich den Wurm fängt, treffen wir schon gegen halb acht am Rotown ein, einem kleinen, City nahen Club, kaum größer als der Mannheimer 7er Club und mit 250 Karten total ausverkauft. Ganz ehrlich, ich hatte etwas Größeres erwartet, aber umso besser.

Keine zwei Minuten im Raum, der Kneipenbetrieb noch im Gange, werden wir vom Vater des Sängers Merijn van Haren begrüßt, der uns in einen zweiten Raum hinter der Bühne führt, genannt das Backstage Café. Dort werden wir mit großem „Hallo“ vom Fanclub in Empfang genommen. Gegen neun gehen alle nach draußen, um vor der Tür den offiziellen Einlass zu erwarten. Hier hat sich inzwischen eine ansehnliche Schlange gebildet.

Das Publikum, das sich vor der Bühne einfindet, ist bunt gemischt. Der Altrocker im Stones-Shirt steht neben Teengirls, die die Band aus der Show „The Voice Of Holland“ kennen, Metaller reden mit Indies. Es wird eng und kuschelig vor der Bühne. Das Licht geht dann recht zügig aus und NAVARONE betreten die Bühne.

 

 

Mit ´The Strong Survive´ gehen sie auch gleich in die Vollen. Und das Publikum ist ebenfalls sofort auf Hundert. Jeder Ton wird mitgesungen, es wird getanzt und gebangt, jeder so wie er kann (und Platz hat). It’s „Showtime“. Merijn van Haren ist gut bei Stimme. Ihm ist anzumerken, mit wie viel Spaß er auf der Bühne steht. Zu seinen Seiten stehen die Gitarristen Roman Huijsbreghs, der ein wenig wie ein Musketier aussieht, und Kees Lewiszong. Er könnte auch in einer neunziger Grungeband spielen. Im Hintergrund am Bass, immer in Bewegung, dennoch ein Ruhepol, Bram Versteeg. Robin Assen, wie immer in seiner Hippie-Pelzweste, verprügelt Felle und Becken.

Alle vier Alben sind in der Setlist vertreten. Und jeder Song wird abgefeiert, als wäre es der größte Hit aller Zeiten. ´Waste´ von ´Salvo´, das schwere ´Snake´, der Non-Album-Track ´Loud & Clear´. Und ´Leave´ erinnert an Musik aus den Sümpfen Louisianas.

Staring out the window
It’s rainig outside
Leaves are falling down
Into a darker shade of white…

´December´ ist einer der vielen Songs, die hier wirklich jeder mitsingen kann, spätestens, wenn der Himmel grau wird, ist die erste Gänsehaut des Abends sicher. Und die Jungs lassen nicht locker. Mit ´Free Together´ wird noch ein Gänsehautgarant nachgeschoben. Um danach mit ´Red Queen Effect´, ´Surrender´ und ´Another Way´ fett weiterzurocken.

Dann folgt der erste ihrer Longtracks. ´Sage´ war schon ein Höhepunkt ihres Debütalbums und einer der Songs, die mich damals zum Fan machten. Laut und Leise, Melancholie und Hoffnung, ein Vorbild waren sicherlich die Zeppeline. Ein langer, fast schon psychedelischer Instrumentalteil versteckt seit kurzem die Anfangsmelodie von BON JOVIS ´Wanted Dead Or Alive´. Dieses Zitat war fast unausweichlich, schließlich dürfen sie im Sommer ein Open Air mit eben diesen eröffnen.

 

 

Mit ´Perfect Design´ folgt die aktuelle Single, die im Zuge von TVOH veröffentlicht wurde. Mit der Teilnahme an dieser Show haben sie marketingtechnisch sicher einiges richtig gemacht. Dieser Abend jedoch beweist, die Bodenhaftung haben sie nicht verloren. Im Gegenteil, sie heizen ein, als gäbe es kein Morgen. Der neue Song wirkt recht kommerziell, paßt aber trotzdem gut ins Programm. Alles richtig gemacht!

´Wander´,
I feel that I’m beginning to wander
and I wander straight into the dark

wirklich jeder hier kennt diese Zeilen, ´Lonely Nights´, die Reihe der Highlights reißt nicht ab. Und danach folgt das zweite Epic. ´Days Of Yore´ ist vielleicht das heutige Pendant zu ´Suite Sister Mary´. 13 Minuten Gänsehaut: My head is kind of dizzy now… So viel Gefühl, zu viel Gefühl. Es geschieht nicht oft, aber hier steht bei mir das Augenwasser.

Nach diesem Song geht eigentlich nichts mehr, zum Abgewöhnen gibt es aber noch das harte ´Cerberus´. Und dann ist Schluß, das Licht geht an. Die Fans feiern sich und die Band, die sich etwas später auch noch blicken ließ.

Und ja, sie haben mir Konzerte in Deutschland zugesagt. Die dürft Ihr Euch nicht entgehen lassen!

 


Navarone-S-W-Photo-Credit: Elisabeth van Aalderen