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SANHEDRIN – The Poisoner

~ 2019 (Cruz Del Sur Music) – Stil: US Metal ~


Eines, sogleich mit der Stahltür ins Blockhaus fallend, gleich vorweg: Wer sich in langen Winternächten die Augen wund heult, aufgrund der gesanglichen Brillanz ehemaliger Göttercombos wie STEEL PROPHET und JACOBS DREAM, muss sich dringend mit SANHEDRIN befassen. Das Trio – Erica Stoltz (Bass, Gesang, ex-LOST GOAT, ex-AMBER ASYLUM), Jeremy Sosville (Gitarre, u.a. BLACK ANVIL) und Nathan Honor (Drums, ex-VERMEFUG) – spielt auf seinem Zweitwerk nämlich abermals klassischen, früh zu datierenden US Metal, dem die NWoBHM und der Hardrock noch im Nacken sitzen. Der derzeit im klassischen Heavy Metal moderne, düstere Faktor ist aus dem Sound der Combo aus Brooklyn nahezu entfleucht. Die Ursprünge des US Metal scheinen weit mehr hervor. Zudem zeigen SANHEDRIN den besten US Metal-Gesang dieser Dekade auf, sofern der Nietenträger für die genannten Combos und deren Gesinnungsgenossen in jeder Grundsatzdebatte die Seite ergreift und bei Gesang ebenso Garstigkeit enthaltene Emotionen erwartet. Doch derart wahnsinnig singt Erica Stoltz gar nicht, sie wird nur jeden Liebhaber von Rick Mythiasin (STEEL PROPHET) und David Taylor (JACOBS DREAM) zu Freudentränen rühren.

 

 

Aufgenommen mit Produzent Colin Marston im The Thousand Caves-Studio Menegroth, enthält ´The Poisoner´ acht frische Kompositionen auf gut über vierzig Minuten. Ein langer Song eröffnet und einer beendet das Spektakel. Ebenso gesellt sich der Titelsong in der Mitte des Werkes zu den Siebenminütern. Geleit geben unter anderem die schnell rockende NWoBHM-Nummer ´Wind On The Storm´, mit SAXON auf der Brust tätowiert. Der Power Metal wird in ´The Gateway´ mit quietschender Gitarre als hardrockender Metal-Feger präsentiert. ´Blood From Stone´ spielt öfters mit der ausgekosteten Melodie und der Wiederholung des Songtitels. Dagegen rührt ´For The Wicked´ im siedend-heißen Metall und zeigt doch etwas Birmingham on Speed, wobei ein Fitzelchen Dreck und Schmutz unter den Fingernägeln im Gesamtsound weiterhin gegeben ist.

Die Eröffnung ´Meditation (All My Gods Are Gone)´ beginnt pumpend in DIO-Tradition und steigert sich in STEEL PROPHET-Manier zum Höhepunkt. Dieser wird aber klassisch nur zweimal ausgekostet. Öfters ist nicht notwendig. Denn dazwischen spielen SANHEDRIN zum Fire-Dance auf. In Trance pendelt Erica Stoltz wahlweise in psychotic´schen Walzern oder für das bluesige Pillen-Revival, ehe die instrumentale Schlachteplatte dem Song ein Ende setzt. Dies sind die spektakulären Glücksmomente des musikalischen Daseins. Dazugehörend auch der Titelsong ´The Poisoner´, der als brodelnder US Metal in Slow-Motion ins Rennen geht. Die Geige zur Lamentation setzt den ersten Fixpunkt. Doch die epische Muße erlebt ebenso Ausbrüche. Schließlich strebt, nach einem kurzen Break, die ganze Maschinerie in heutiger Postrock-Gepflogenheit böllernd aufwärts. Welch eine aufgeladene Atmosphäre. Welch eine Band.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/sanhedrinband

https://thesanhedrin.bandcamp.com/album/the-poisoner


(VÖ: 22.2.2019)