Bands der StundeMeilensteine

PAYNE´S GRAY (Part III – Majestic Sunset City)

Interview mit Hagen Schmidt


Kennt Ihr ´Kadath Decoded`? Ist Euch PAYNE´S GRAY noch ein Begriff?

Hier folgt Part III unseres History-Interviews mit Hagen Schmidt (Part II siehe hier):


Nach ihrem gefeierten ´Infinity´-Werk lag die Band nunmehr vorübergehend wie ein Trümmerhaufen in der Einöde brach. Geschockt über die neuerlichen Verluste in der Besetzung saßen sie nur noch zu dritt im Proberaum. Aber der Frust hielt nicht lange an.

Mein Vater meinte schon kurz darauf zu mir, warum ich denn nicht mehr im Proberaum wohne und auffällig oft zuhause bin? Ich erklärte ihm alles und schon ein paar Tage später kam er zu mir und sagte, er hätte da eine Idee und schon daran gearbeitet, wir könnten ja schon mal damit anfangen, bis wir neue Mitstreiter gefunden hätten … und legte das komplette Konzept für die Vertonung von Lovecrafts ´Dream-Quest of unknown Kadath´ vor. Fertige Texte, Anleitung für die Stimmung der einzelnen Parts, etc. Sogar eine Karte von Carters Reise durch das Traumland.

 

Majestic Sunset City

Damit hat er uns gerettet, wir hätten wahrscheinlich an der Stelle aufgehört. Aber mir gefiel das Konzept sehr gut, wir mussten uns damit beschäftigen, schon alleine erstmal das Buch lesen, und dann haben wir kurzerhand den Drummer und Gitarristen von der Band im Proberaum nebenan rekrutiert, Marco Müller und Christoph Zahnleitner, die ja mit unserer Musik vertraut waren, weil sie ständig ehrfürchtig als wir probten an unserer Tür gelauscht hatten. Und weiter ging’s, wieder zwei Gitarren und kein Keyboard.

Jan

Martin

Marco

Um uns einzuspielen, bis wir mit der Lovecraft-Sache vertraut waren, schrieben wir noch einen Song, ´Sands In The Abyss´, der dann aber unterging als wir mit dem Konzeptalbum anfingen. Jan ging mittlerweile in München auf das Gitarreninstitut, wo er bei dem Gitarristen von SIEGES EVEN studierte, Wolfgang Zenk heißt der, und hatte immer weniger Zeit, schließlich gar keine mehr, und stieg aus. Der andere Gitarrist daraufhin auch, wanderte aus in die USA, wo er aufs GIT ging und nimmer wiedergesehen wurde. Ich kannte aber einen Gitarristen, der bei einer nichtssagenden Hardrock-Band spielte, dennoch eigentlich ein begnadeter Gitarrist an der klassischen Gitarre ist, Radivoj Petrovic. Such den mal auf Youtube, du wirst sehen. Dann ging ich bei Tomek hausieren, und siehe da, als ich ihm das Konzept vorlegte, fängt er sofort an zu ticken, überfliegt das Buch, nimmt intuitiv die Stimmungen auf und liefert Ideen en Masse.

Alldieweil bringt Radivoj einen 16jährigen Jungspund mit, der auch bei der Hardrock-Band gesungen hatte, Haluk Balikci, ein neugieriger, offener Türke, mit einer sehr schönen Stimme. Ich unterhalte mich mit ihm über unser Vorhaben und irgendwann keimt die Idee, mit zwei Stimmen zu arbeiten. Wir singen ein wenig zusammen, Tomeks Augen leuchten, und plötzlich sind wir zwei Sänger bei PAYNE´S GRAY.

Radivoj

Marco

Martin

Hagen

Also, alles wieder klar, ich verbringe mit Tomek Stunden um Stunden in seiner Dachkammer, an seinem Flügel. Ich singe, er spielt, und die Sache nimmt Form an. Tomek programmiert die Stücke, druckt Partituren aus, wir geben das Ganze an die anderen, die üben das, wir treffen uns im Proberaum und stellen fest, Marco kommt nicht hinterher, und Radivoj spielt alles vom Blatt, aber es kommt nichts eigenes, keine Magie.

Nun ja, es ist ja auch wieder etwas Zeit vergangen, Jan dürfte mit seinem Studium in München fertig sein, und es bedarf zwar ein gewisses Maß an Überzeugung, Jan wieder mit Tomek zu versöhnen, weil ja Tomek seinerzeit uns hat sitzen lassen, aber gut, er steigt wieder ein. Einen Schlagzeuger habe ich schon eine Weile ins Auge gefasst, habe ihn mit seiner Band SUBZERO öfters spielen sehen und mich in seine Art, Schlagzeug zu spielen, verliebt.

Nur wusste ich nicht, ob die anderen das auch so sehen. Daniel ist nämlich überhaupt kein Metal-Schlagzeuger: Double-Bass braucht man nicht, ich spiele lieber Melodien auf den Becken, sehr aufmerksam und ungewöhnlich leise und feinfühlig für einen Drummer… Wir versuchen es, und auch wenn Tomek hier und da gerne ein paar Blastbeats gehabt hätte, bringt Daniel sehr viel Eleganz in die Rhythmik, wir sind also wieder komplett. Dann geht es ans Üben, Üben, Üben, und schließlich, endlich, geht’s wieder ins Studio.

Eine gewaltige Aufgabe. Letztlich fast zu groß oder wie siehst Du das Album im Rückblick?

Nein, nicht zu groß, allerdings ging es ja wie gesagt nicht wirklich reibungslos von statten. Auch der Studio-Aufenthalt war dann recht aufreibend. Das Studio wurde uns von unseren Freunden von DESTINY DREAMING empfohlen, bei denen mittlerweile auch Marco Schlagzeug spielte, und das war auch eine gute Wahl, weil der Tontechniker, Kai Döring, nach anfänglicher Ratlosigkeit, was zum Geier wir denn für eine Band sind, sich doch recht schnell in die Materie eingelebt hat, das Buch gelesen, und als ihm dann das Licht aufging, er zum gesamtheitlichen Gelingen des Projektes seinen Teil beigetragen hat. Es gab zwar schon Probleme, Tomek war sehr pedantisch, fühlte sich offensichtlich in der Rolle des Produzenten sehr wohl, aber das war er ja nun mal nicht, und so kamen einige Unzufriedenheiten auf, bezüglich Daniels Drumming, Martins Bassspiel, etc, und kulminierten schlussendlich darin, dass ein Klavierpart, quasi das Solomittelstück von ´Within The Vault´, welches ja die Toccata von Khachaturian ist, außerhalb des Studios mit größerem Aufwand am Konzertflügel aufgenommen wurde und sich nicht in den Rest des Stückes einfügen ließ. Da war Tomek eingeschnappt und ward nicht mehr gesehen. Also haben wir die noch fehlenden Keyboardparts selbst eingespielt bzw. programmiert und die Sache notgedrungen ohne Tomek fertiggestellt.

Haluk

Tomek & Radivoj

Marco & Martin

Es gab weitere Probleme: Als Daniel und Haluk gerade nicht dran waren, entschieden sie sich für eine Woche in die Türkei zu fliegen, und kamen nicht zurück. Wir hatten keine Ahnung wo sie waren, die Studiouhr tickte (=Deutschmark), und als sie dann endlich eine Woche zu spät auftauchten, erklärten sie, sie hingen ohne Ausweis und Geld am Flughafen fest und mussten warten, bis jemand ihnen Kohle zukommen ließ, um nach Hause zu fliegen. Oder, plötzlich meint Kai, die Aufnahmen seien irgendwie gelöscht, es müsse nochmal von vorn losgehen…solches Zeug.

ABER, wir haben es geschafft, und als ich es zum ersten Mal komplett gehört habe, wusste ich, das war es alles Wert, das Album ist was ganz außergewöhnliches und ich liebe es. Mit allen Makeln.

Das allein schon macht es für mich erfolgreich. Dass dann noch alle Welt einverstanden war und sowohl Rezensenten wie auch einfach die Hörer das Werk anerkannten war natürlich super.

 Rock Hard 

vermutlich Waltz Times 

Feedback 

Das Risiko einer Eigenproduktion auf CD war damals noch weit größer als heutzutage, oder?

Keine Ahnung, wie groß das Risiko einer Eigenproduktion heute ist. Wir hatten ja keine Wahl. Nach ´Infinity´ gab es ja interessierte Plattenfirmen, nur konnten wir entweder nicht liefern, mit nur einer halben Band, oder die Typen haben das Lovecraft-Projekt nicht machen wollen. Wir haben für ’Noise‘ ein Demo mit ´Kadath´-Songs gemacht, aber die haben gar nichts kapiert und dachten wohl wir spinnen.

Was waren die größten musikalischen Unterschiede im Vergleich zu den Demos?

Na ja, ein zweiter Sänger, ein nicht-metallischer Schlagzeuger, mehr balladeskes und mehr Avantgarde, würde ich sagen.

Und dadurch eine andere Herangehensweise.

Nun, mit ´The Duellists´ war das ähnlich: wir hatten den Film als Vorlage und haben den Text und die Musik an dessen Atmosphäre angelehnt. Das ist uns auch sehr gut gelungen, fand ich. Die Story und der Score von dem Film sind sehr creepy, und das haben wir gut eingefangen.

Bei ´Kadath:decoded´ hat mein Vater ja quasi das ganze Konzept vorgelegt. Dann hatten wir das Buch gelesen und uns an beides gehalten. Trotzdem gab es große Unterschiede zwischen den ersten Versionen und denen auf der CD. ´Sunset City´ hat sich enorm entwickelt, auch ´The Cavern Of Flame´ oder ´Riding The Shantak´, wo die ersten Versionen eigentlich völlig andere Stücke waren. ´A Hymn To The Cats´ andererseits hat Tomek im Alleingang durchkomponiert und es hat sich dann nicht mehr viel verändert.


Erzähl uns doch bitte ausführlich über das Konzept und die textliche als auch musikalische Umsetzung von „Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath“.

H.P. Lovecrafts Traumwelt-Geschichten waren immer meine Favoriten aus seinem Werk, und diese Begeisterung teile ich mit meinem Vater. Es gab ja immer wieder musikalische Umsetzungen seiner Geschichten, und manche fand ich ja auch gelungen, METALLICAs ´Thing That Should Not Be´ und ´Call Of Ktulu´ beispielsweise, aber in der ‚Dreamquest…‘ oder ‚The Silver Key‘ schien mir immer mehr Bedeutung oder Philosophie hinter dem Gewand der Fantasy-Story zu liegen, als vergleichsweise in seinen Horrorstories.

Wenn du dir den Leitfaden anschaust, den uns mein Vater vorgelegt hat, ist da auf einem Blatt beschrieben, wie die Reise musikalisch umgesetzt werden sollte. Daran haben wir uns auch im Großen und Ganzen gehalten. Laut/leise, schnell/langsam, Tonartwechsel, Instrumentierung, da war einiges vorgegeben. Auch Lovecrafts Text an sich ist stark inspirierend, musikalisch.

Die Lyrics hat ja auch mein Vater geschrieben, und wurden nahezu unverändert benutzt. Ergänzt habe ich noch ganze Strophen und Refrains, wo es angebracht war, um Songstrukturen zu schaffen.


Allein das als Poster aufklappbare Booklet, das fast zu dick für eine gewöhnliche CD-Hülle ist, war von seinem Artwork ein Augenschmaus. Ist Dein Booklet denn noch heil?

Dass die Jewelbox nicht dafür ausgelegt war, haben wir erst bei Lieferung festgestellt. Doch irgendjemand musste die dann alle verpacken…Ich hätte gerne deren Repertoire an Schimpfwörtern gehört, bei dem Job. Aber es war einfach notwendig, das Bild in diesem Format zu gestalten. Es ist auch absichtlich kein Band-Logo oder Titel drauf, um das Kunstwerk nicht zu verdecken.

Aber gut, die Anleitung für das Cover: Beim ersten Herausnehmen ausfalten, glattstreichen, die Texte auf der Rückseite auswendig lernen, dann an die Wand pinnen und fertig. Voilà.

Ich persönlich habe das Original noch weitaus größer zur Ansicht und die Texte kann ich nach wie vor auswendig. Das originale Gemälde hängt zwar nicht an der Wand, ich hole es aber gelegentlich aus der Kammer mit dem Rest der Kunstsammlung raus und betrachte es.

Wenn Du lieber nackte Wände magst … Aber welchem Künstler dürfen wie im Nachhinein dafür auf die Schulter klopfen?

Michael Bähre heißt der Gute, aus Buxtehude. Mittlerweile lebt er in Klein Offenseth-Sparrieshoop, das ist auch da oben im Norden. Er war ein Bekannter von Stefan Glas, hatte ein Titelbild für das ‘Underground Empire‘ gemalt. Er hat ´Infinity´ bestellt und es entwickelte sich eine Brieffreundschaft, in der wir uns über alle möglichen Dinge ausgetauscht haben. Unter anderem über Lovecraft. Michael hat sich über die tieferen Bedeutungen in Lovecrafts Werk mehr Gedanken und Meinungen gebildet als ich, und so war es für mich eindeutig, dass er der einzige Künstler war, der in Frage kam, um ein Cover für das Projekt zu malen. Gepasst hat auch das Tempo, wir brauchten Jahre für die Musik, und er ebenso für das Bild…er kam uns auch besuchen, in Karlsruhe, mit seiner damaligen Freundin Verena, die übrigens die Kalligraphie und den Schriftzug von MAYFAIR damals gemacht hatte. Wir begegneten uns auf einem legendären Konzert von TITAN FORCE hier in Durmersheim bei Karlsruhe. Im Lamm, eine Straße weiter vom Haus, in dem wir unser erstes Demo aufgenommen hatten.

Michael hat später noch weitere Cover gemalt, für SACRED STEEL und ich glaube MANILLA ROAD.

Ich hatte Michael schon ein paar Jahre aus den Augen verloren, aber für dieses Interview habe ich ihn angerufen und gefragt, ob er etwas zur Entstehungsgeschichte des Bildes und seiner Sicht über das Ganze beitragen wolle, weil ich doch finde, sein Cover hat die CD mehr als nur gut „illustriert“. Ich meine, sein Bild gibt dem ganzen Werk eine andere Dimension, da so viel Mühe und Gedanken hineingeflossen sind.

 

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