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PAYNE´S GRAY (Part I – Life’s not easy at the bottom)

Interview mit Hagen Schmidt


Kennt Ihr ´Kadath Decoded`? Ist Euch PAYNE´S GRAY noch ein Begriff?

Die Karlsruher Formation gehörte in der ersten Hälfte der 90s zeitweise zum Nonplusultra im progressiven Metier und brauchte sich zum Zeitpunkt ihres Meisterwerkes keinesfalls hinter den Alben anderer Künstler wie IN THE NAME, CONCEPTION, ELEGY, KAMELOT, SIEGES EVEN, OPETH, MARILLION, ILUVATAR, SPOCK´S BEARD, ECHOLYN oder PORCUPINE TREE aus dem selben Jahr verstecken. Um uns allen Werken der Band sowie ihrer gesamten Geschichte zu widmen, haben wir ein Interview mit ihrem Sänger Hagen Schmidt geführt und können Euch obendrein umfangreiches Bild- und Informationsmaterial präsentieren.


Life’s not easy at the bottom

Hagen, wie kam es dazu, dass sich 1988 ein Haufen junger Männer zusammenfand, um eine Band zu gründen?

Martin und ich machten schon gemeinsam Musik, als so ziemlich alle anderen Musiker abhandengekommen waren, so dass wir uns andere Leute suchten. Ich fragte Jan, mit dem ich schon früher in zwei Bands gespielt hatte, dann kamen noch Andi Nolte, den ich aus der Schule kannte, und noch ein Keyboarder dazu. Als wir dann anfingen Songs zu schreiben, ging es in eine ganz andere Richtung als bisher, und so änderten wir unseren Namen zu PAYNE´S GRAY.

Wie schnell stand dann die erste Besetzung der Band?

Der Keyboarder hielt es nicht lange aus, und so blieben wir erst einmal zu viert:

Jan Schröder – Gitarre
Martin Mannhardt – Bass
Andi Nolte – Schlagzeug
Hagen Schmidt – Gesang

Und dann habt Ihr Euch täglich im Keller der Schule zum Proben getroffen?

Genau. Der erste Proberaum war tatsächlich im Keller der Gutenbergschule in Karlsruhe, allerdings nicht allzu lange…zu laut und so…also zogen wir um in den Luftschutzbunker, in dem wir dann bis zuletzt unser Zuhause fanden.

 

Die Suche nach diesem Proberaum wurde auch dokumentiert in einem frühen Song: ´No Place To Stay, For Payne’s Gray‘ … ein begnadeter Reim. Das ging musikalisch eher in die Fun-Punk-Richtung, stell dir mal vor… Zu der Zeit haben wir auch den einzigen Coversong unserer Karriere gespielt. Das war der ´Banana Rock‘ von den WOMBLES :).

Ansonsten war das eine recht produktive Zeit, wir haben geprobt bis zum Umfallen, und hatten dann ziemlich schnell eine Menge Songs.

Weil Du als einziger im Schulchor warst, wurdest Du schließlich Sänger?

Quatsch, im Schulchor war ich nie…meine Vorbilder waren immer die Sänger in den Bands die ich liebte, also habe ich eben gesungen.

Hast Du keine instrumentalen Fähigkeiten?

Mjo geht so. Die anderen sind besser. Momentan spiele ich Bass-Ukulele, begleite damit meinen fünfjährigen Sohn Merlin wenn er Schlagzeug spielt. Das Repertoire besteht aus KISS-Gassenhauern, exklusiv.

Gab es damals eigentlich im badischen Raum bereits Combos ganz nach Eurem Geschmack?

In Karlsruhe gab es eine Hardrock-Szene, aus der prominentest PINK CREAM 69 hervorgegangen sind, dann ein paar Bands, die sich nicht allzu sehr aus der heimischen Gemütlichkeit getraut haben. Wir standen lange Zeit ziemlich allein mit unserer Art zu musizieren da, bis DESTINY DREAMING erschienen, mit denen wir dann auch gut befreundet waren und einige Gigs gespielt haben. Ihr Drummer Marco war auch vorher bei uns, und die Gitarristen hatten bei Jan Unterricht.

Und wer zeichnete sich für den Bandnamen verantwortlich?

Wir wollten einen Namen, der keine Klischees bedient, und mein Vater hatte die Idee mit PAYNE´S GRAY, welches einfach nur ein ‚Shade of Gray‘ ist, also eine Farbe.

Gibt es eine nähere Bedeutung oder Beziehung zu Eurem Bandnamen?

Ja, der Name stammt vom ersten Absatz in Henry Millers Buch ‘Quiet Days in Clichy‘, in dem er beschreibt, wie sich bestimmte Grautöne auf sein Gemüt und seine Kreativität auswirken.

„It’s been a gray day, such as one often sees in Paris….It is the same hour, the same sort of day, and yet even the word gray, which brought about the association, has little in common with that gris which, to the ears of a Frenchman, is capable of evoking a world of thought and feeling.“

„…..I was aware of the singular absence of what is known as Payne’s gray. I mention it because Paris, as everyone knows, is pre-eminently a gray city. I mention it because, in the realm of watercolor, American painters use this made-to-order gray excessively and obsessively. In France the range of grays is seemingly infinite; here the very effect of gray is lost.“

Somit hatten wir einen klischeefreien Namen gefunden, der uns quasi stilistisch nicht eingrenzt. Ich finde den Namen immer noch super. Außerdem hat er zwei Ypsilons.

Wieso sind zwei Ypsilons bedeutsam?

Zwei Ypsilon sind eindeutig besser als nur einer. QUEENSRYCHE hatten nur eines, PSYCHOTIC WALTZ auch.

LYNYRD SKYNYRD?

Vier sind klar zu viele. Das fordert schon die Schwerkraft heraus.

Aber den 50 Nuancen des Grau ward Ihr dennoch voraus?

Den 50 Nuancen waren wir selbst vielleicht nicht voraus, den ‘Pleasant Shades‘ aber schon. Und Henry Miller war E.L. James sicherlich voraus, was das Schreiben erotischer Literatur angeht.

Welche Bands und Gruppen inspirierten Dich dazu, selber Musik zu machen?

BLACK SABBATH mit ´Mob Rules´/´Born Again´
PINK FLOYD
DIO allgemein
QUEENSRYCHE mit ´The Warning´ bzw. Geoff Tate

Ging mir wahrscheinlich wie jedem anderen auch: als Kind Musik gehört, die meinen Nerv getroffen hat, dann mir vorgestellt, selbst der Sänger auf der Bühne zu sein, Gänsehaut bekommen, du weißt schon. Geht mir heute noch so.

 

Firstborn

Wie verlief die Zeit bis zum ersten Demo?

Gut, wie gesagt anfangs lief alles recht flüssig, wir haben viele Songs geschrieben, die wir dann auch in einem ziemlich dilettantischen ‚Studio‘ aufgenommen haben, im Juli 1989. Der Sound ist nicht so toll und mein Gesang ist ein ziemliches Gejaule, aber zum Großteil sind es gute Songs, Jans Gitarren sind wirklich grandios und auch Noltes Drumming super. Das war das erste Demo, hieß ´Firstborn‘.

Aufgenommen hatten wir zehn Songs:

Sever & Splice
Dragon Lair
Tears Of Destiny
Face Reality
Calm Before The Storm
The Storm
Time For Tea
This War You Will Win
Siren’s Spell
The Pharaoh’s Call

´Sever & Splice´ war textlich inspiriert von einem Horrorfilm, der glaube ich ‘Dream Demon‘ heißt, weiß der Geier, es ist fast 30 Jahre her. Da ging es um eine amnestische Frau, die in einem Spiegel ihre vergessene Vergangenheit und traumatische Kindheit nach und nach wiedersieht oder so ähnlich…

Ein ziemlich guter Song, man hört wie Jan schon da der beste Gitarrist weit und breit war. Stilistisch vielleicht mit LEATHERWOLF vergleichbar?

´Dragon Lair´ ist eine völlig klischeehafte Drachentöter-Story. Du weißt schon, Ritter reitet durch die qualmende Einöde an brodelnden Bleipfützen vorbei um den Drachen zu metzeln, der die begehrenswerte Jungfrau fressen will…das Schwert hackt, schleimiges Blut spritzt, dem True-Metal-Fan geht einer ab…Ansonsten wieder gutes Riff, spitzen Gitarrensolo, eingängig, TITAN FORCE war da möglicherweise inspirierend.

´Tears Of Destiny´ ist eigentlich ein Stück, das Jan und ich mit einer früheren Band gespielt hatten, zumindest so ähnlich. Die Band hieß PHARAOH und da spielte auch Michael Klein, der heutzutage sporadisch Alben mit seiner Band WICKED SENSATION veröffentlicht. Das ging bei PHARAOH auch musikalisch in Michaels Richtung, weswegen man bei ´Tears Of Destiny´ eher an George Lynch oder DOKKEN denkt, also für PAYNE`S GRAY doch recht untypisch. Trotzdem ein guter Song, gute Melodien, denen meine gesanglichen Fähigkeiten nicht wirklich gewachsen waren…

PAYNE´S GRAY-Logo ´Firstborn´

´Face Reality´ war auch ein älterer Song, noch von meiner allerersten Band MIDAS TOUCH, hat es über PHARAOH bis PAYNE`S GRAY überlebt. Das Riff hat gewisse Ähnlichkeiten zu STRYPERs ´Soldiers Under Command´, …weiß der Teufel. Den Refrain hasse ich, war aber immer bei allen Anderen sehr beliebt und hat sich später mit anderem Text bei ´Crystal Palace´ auf ´Infinity´ wiedergefunden.

´The Calm Before The Storm´ ist ein akustisches Gitarrenstück à la J.S.Bach, eigentlich das Prequel zu (sinnigerweise) ´The Storm´. Lange Zeit mein Lieblings-Payne’s Gray-Song. Man stelle sich vor, Marc Boals singt anstelle von mir, und dann wäre es eines der besten Malmsteen-Stücke seiner Frühphase. Finde ich.

´Time For Tea´ entstand aus Andis Besessenheit, Triolen zu üben. Hat was von KING DIAMOND auf ´Fatal Portait´ mit einem unsäglichen HELLOWEEN-Tralala-Refrain. Schrecklich. Frag bitte nicht nach dem Text.

Logo ´Firstborn´-Skizze

´This War You Will Win´ ist wieder eher eingängig. DOKKEN grüßt wieder, der Refrain bzw. die Zeile „This war you will win so let it begin“ habe ich von RIOTs ´Bloodstreets´ geklaut. ´Thundersteel´ lief bei mir ununterbrochen damals.

´Siren’s Spell´ erzählt von Odysseus‘ Problemen mit den Meerjungfrauen. Melodisch beeinflusst von Michael Schenkers ´Desert Song´, stelle ich jetzt fest. Wieder super Gitarrenarbeit von Jan.

Und zuletzt ´Pharaoh’s Call´, welches wir auf dem zweiten Demo nochmal aufgenommen haben. Hier trifft LOUDNESS auf RIOT.

Habt Ihr jemals mit dem Gedanken gespielt, der Welt ´Firstborn‘ zugänglich zu machen?

Auf gar keinen Fall.

Logo ´Firstborn´-Skizze rot

Wann fiel überhaupt die Entscheidung, endlich Songs auf ein Tape zu bannen?

Schnell, etwa ein halbes Jahr nach der Gründung. Wir wollten alles aufnehmen, um eine Kassette zu haben, mit der wir uns für Gigs bewerben konnten.

Und wo wurde dann, wie lange aufgenommen?

Ich weiß nicht mehr, wie wir dazu kamen, aber das ‚Studio‘ war im Wohnhaus der Hildebrandt-Zwillinge, die als Tontechniker beim SWR arbeiteten. Totales Chaos. Die beiden waren ein bisschen wahnsinnig, haben nebenher illegal einen Piratenradiosender betrieben, das ganze Haus war kreuz und quer verkabelt und aufgenommen haben wir in der Küche, im Bad, im Keller…das Ganze ging schnell, keine Ahnung, eine Woche.

Hatte irgendein Bandmitglied beim ersten Demo eigentlich bereits Erfahrungen mit Studio-Aufnahmen?

Nicht wirklich.

Logo ´Firstborn´-Shirt

Ist während dessen denn kein erwähnenswertes Malheur passiert?

Abgesehen vom ständigen Chaos nicht.

Als Du das fertige Tape in der Hand gehalten hast, was waren damals Deine Gedanken?

Ich war total unzufrieden mit meinem Gesang, konnte es aber nicht besser. Ansonsten war es schon ein tolles Gefühl, die Songs anhören zu können, ohne gleichzeitig mitsingen zu müssen.

Wie umfangreich war dann Eure Promotion, habt Ihr das Tape an viele Fanzines/Magazine verschickt?

Überhaupt nicht. Dafür war es auch nicht gedacht, weder wollten wir das Ding besprochen haben noch verkaufen. Es war nur zur Beschaffung für Gigs gedacht und für uns selbst. Um festzustellen, wo es noch klemmt, sozusagen. Auch haben wir von den zehn Songs nur vier auf Billig-Kassetten überspielt, für die Veranstalter. Erst mit dem zweiten Demo haben wir mehr Promo gemacht.

Wieso nur vier Songs auf billigen Tapes, es gab doch das Cover der Kassette mit seinen Songs?

Von ´Firstborn´, komplett mit allen zehn Songs, mögen ein paar wenige Exemplare im engeren Kreis im Umlauf gewesen sein…mit Cover…aber so toll war das Tape wirklich nicht, und wir haben einfach die vier besten Stücke genutzt, um uns für Gigs zu bewerben. Kopiert auf den billigsten Tapes, die man kaufen konnte. War ja nicht für die Ewigkeit gedacht. Sollten wir uns mal wieder begegnen, kann ich es dir vorspielen.

Bandinfo 1990

Aber der Reihe nach: Nach ein paar Gigs dachten wir, wir brauchen eine zweite Gitarre. Also ich bin nicht mehr sicher, ob Jan das auch dachte, aber letztendlich hat sich ergeben, dass wir Pascal Heberling ins Boot holten. Er hat im Bunker mit seiner Band eine Etage tiefer geprobt und ich kannte ihn von der Schule. Pascal ist wie ich halber Franzose. Er saß oft bei uns im Proberaum und fand uns cool. Wir kamen auch gut mit ihm klar, und so hatten wir dann zwei Gitarren. Pascal war bei weitem nicht so virtuos wie Jan, aber hat sich gut eingefügt.

 

Of Tyrants And Reflections

Also schrieben wir mit ihm noch ein paar Stücke, dachten dann bereit für ein ‚offizielles‘ Demo zu sein und nahmen vier Stücke auf – für das ´of Tyrants and Reflections‘-Tape. Diesmal haben wir das mit einem mobilen Aufnahmegerät gemacht, zum Teil im Bunker, zum Teil in einer Studentenwohnung. Jürgen Mohrhardt hieß der ‚Engineer‘, er war mitten im Tontechnik-Studium. Nie wieder von ihm gehört, aber er hat seine Sache ganz gut gemacht, denke ich.

Child Of Light And Glory
Mirror Of Fear
Heaven Calling
Und nochmal The Pharaoh’s Call

´Child Of Light And Glory´ war an den Film ´Willow´ angelehnt, tatsächlich ist der Text im Intro eins zu eins der Text aus dem Vorspann des Films. Ich wollte bei dem Song einen ähnlichen Vibe wie QUEENSRYCHEs ´Take Hold Of The Flame´, wahrscheinlich höre aber nur ich das heraus. Episches Stück, kam live sehr gut an.

Bei ´Mirror Of Fear´ haben wir erstmalig mit orientalischen Einflüssen gespielt, was wir ja später dauernd gemacht haben. Auch waren die Strophen deutlich vertrackter, rhythmisch gesehen. Man kann bestimmt sagen, vorher waren wir nicht wirklich ‚progressiv‘, ehrlich gesagt war das niemand in dem Sinne wie man das Wort jetzt anwendet. Vielleicht gab es etwas komplexeren Metal, aber progressiv waren ja eher Bands wie YES oder ELP. Jedenfalls ging ´Mirror Of Fear´ schon in die Richtung. Textlich wieder ein Spiegel, der einem Seiten des Selbst zeigt, die man nicht kennen will.

Warum wir nochmal ´Pharaoh’s Call´ aufgenommen haben, weiß ich nicht mehr, war bestimmt eine demokratische Entscheidung.

Doch dieses Mal wollten wir das Demo auch verkaufen, also haben wir das Inlay drucken lassen und das Tape professionell kopieren lassen. Dann haben wir die Dinger auf Kommission in die Karlsruher Plattenläden gestellt. Das erste Review mitsamt Interview kam dann im ‘Giant’s Lore‘-Fanzine. Das gilt jetzt wohl als ein Kult-Fanzine und war auch ziemlich cool. Die hatten soweit ich mich erinnern kann auch das erste PSYCHOTIC WALTZ-Interview, noch vor ´A Social Grace´. Praktischerweise kommen Edi und Biggi, die das Fanzine gemacht haben, auch aus Karlsruhe, wie wir, und sind bis heute Freunde.

Dann hat sich ein gewisser Stefan Glas bei uns gemeldet. Der war aus irgendeinem Grund in Karlsruhe gewesen und hat sich das Demo im Plattenladen gekauft, fand es gut, und hat es dann sowohl im ‘Underground Empire‘ und im ‘Metal Hammer‘ positiv besprochen, nicht total euphorisch, sondern ehrlich und wohlwollend.

Reviews-Magazine

Als wir in Pforzheim einen Gig gespielt haben, mit einer Band namens METOWER glaube ich, haben wir dann Frank Albrecht kennengelernt, er hat diese Band gemanaged. Nach unserem Gig haben wir uns unterhalten, und er meinte, wir sollen ihm doch mal ein paar Tapes mitgeben. Taten wir, und danach hat er einiges für uns getan, er war sehr hilfreich. So spielten wir beispielsweise mal mit DESPAIR, was von ihm organisiert wurde, und hatten dann auch unser erstes Live Review im ‘Rock Hard‘.

Gab es auch Mags, die keine Reaktionen auf Euer Tape zeigten?

Ja klar. Wir haben das Tape auch nicht systematisch an alle Magazine und Fanzines verschickt.

Wie konnte es ´Firstborn´ eigentlich zwischenzeitlich auf Platz 7 der ‚Rock Hard‘-Lesercharts schaffen, wenn es nicht offiziell veröffentlicht wurde?

Sehr gute Frage, das hat mich auch gewundert: entweder hatte das ‚Rock Hard‘ seinerzeit nur eine Handvoll Leser, die auf wundersame Weise ‚Firstborn‘ allesamt gehört haben, oder es hatte eine höhere Macht seine Finger im Spiel. Frag mal Frank Albrecht …

Wäre das Tape im Jahr 2010 herausgekommen, hättest Du Euer Demo auf allen Netz-Plattformen wie YouTube, SoundCloud, Bandcamp platziert, so dass es für alle frei zugänglich ist?

Ja, sicherlich. Bestimmt hätten wir auch kein Tape gemacht, wenn doch so gut wie niemand mehr ein Abspielgerät dafür hat (außer Dir versteht sich, haha).

Aber auf dem Kalenderblatt steht noch das Jahr 1990. Dennoch, auf CD wolltet Ihr zu diesem Zeitpunkt das Tape nicht pressen lassen, Neuland oder zu teuer?

Vier Songs auf CD? Ich glaube, wir haben nie darüber nachgedacht. Demos machte man damals eben in Kassettenform.

Wer hat das Coverartwork entworfen, vor allem das Wappen/Schild auf diesem?

Das war ich. Das Schild habe ich frei Hand gemalt, noch mit uralten Wachsmalstiften aus der Schule, und das Banner habe ich von BON JOVIs ´New Jersey´ abgepaust und die Schrift eingefügt. Frei Hand. Photoshop gab‘s da schon? Keine Ahnung, ich hatte noch nicht mal einen PC oder wie das damals hieß. Das Infoblatt zum Demo war auch noch mit einer Schreibmaschine geschrieben…

Interview ‚Giant´s Lore‘

Allein von der Aufmachung war dies doch fast true metallisch, oder?

Ja, wie gesagt, so kategorisch war das alles ja noch nicht. Ich meine der Terminus True Metal kam auch erst etwa fünf Jahre später auf, oder? Zu der Zeit stand auf unseren Plakaten ‘Power Metal‘.

Musikalisch aber natürlich nicht!

Also sonderlich ‚progressive‘ waren wir da ja nicht. In den Demo-Kritiken stand meist so was wie origineller Heavy Metal.

Aber textlich war hier schon der Bezug zu H.P. Lovecraft hergestellt, denn ´The Pharaoh’s Call´ wurde doch von „Imprisoned with the Pharaohs“ inspiriert, oder?

Nein, nein, überhaupt nicht. Bei ´Pharaoh’s Call´ geht es um den Möchtegern, gottgleichen König als Tyrann, der trotz aller Bemühungen seiner eigenen Sterblichkeit nicht entgehen kann.

Es kam seinerzeit oft die Frage auf, was denn der Demo-Titel zu bedeuten habe. Es waren lyrisch eben zwei Themen vertreten. Zum einen die Tyrannei und zum anderen das Individuum, die Persönlichkeit, die sich im Spiegelbild zeigt oder eben nicht.

Ist H.P. Lovecraft eigentlich Dein Lieblingsautor gewesen und immer noch?

Sicherlich einer meiner meistgelesenen Autoren. Ich mag seine Art, die Fantasie anzuregen. Er ist für mich der Meister des Unausgesprochenen. Ich weiß, der Vergleich ist klischeehaft, aber Tolkien ist für mich das Gegenteil: er beschreibt alles minutiös, es bleibt kein Freiraum, sich selbst etwas auszumalen. Darum sind auch die Filme der ‘Herr der Ringe‘ genauso wie man es erwartet, meiner Meinung nach. Oder BLIND GUARDIAN… Von Lovecraft kann es keine zufriedenstellende Verfilmung geben. Die beste ‚Verfilmung‘, die ich kenne, ist unsere Musik auf ´Kadath:decoded´. Lovecrafts Schreibstil ist sehr anregend, auch musikalisch. Es gibt ganze Bücher über Musik, die von Lovecraft inspiriert wurde, und ich bin sehr stolz, dass PAYNE´S GRAY in einem davon ein ganzes Kapitel gewidmet wurde (siehe hier).

Wenn man sich da anhört, wie verschieden die Musik ausfällt, je nachdem wer sie gemacht hat, sieht man wie sich die Fantasie individuell ein anderes ‚Bild‘ macht. Zum Beispiel: NILE versus Joe Satriani versus SULPHUR AEON versus PAYNE`S GRAY um nur im Metal-Umfeld zu bleiben.

Aber ich lese auch gerne andere Autoren, klassisch zum Beispiel Victor Hugo, zeitlos Umberto Eco, zeitgenössisch T.C. Boyle…

Andere Autoren hatten aber nicht solch einen großen Einfluss auf Deine Texte gehabt?

Als wir nach ´Kadath:decoded´ ans Songwriting fürs nächste Album gingen, war ein längerer Text an J.P. Farmers ‘Riders of the Purple Wage‘ angelehnt, ein anderer von den ‚Solitudes‘ inspiriert, von Sully Prudhomme, einem französischen Dichter. Macht einen sehr intellektuellen Eindruck, was? Andererseits hieß auch ein Song ´Newtons Apples‘; da ging es um die Einwirkung der Schwerkraft auf weibliche Brüste.

Schon wieder die Schwerkraft und noch weibliche Brüste? Also doch eher Fun Metal?

Wieso Fun Metal? Das Einwirken der Schwerkraft auf weibliche Brüste ist nicht immer lustig.

 

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