PlattenkritikenPressfrisch

GAZPACHO – Molok

~ 2015 (Kscope/Edel) – Stil: Art Rock ~


GAZPACHO wollen das Universum zerstören. Mit ihrem neuen Album und dem sich dahinter verbergenden Konzept, da ´Molok´ abermals ein Konzeptalbum geworden ist. Ein Software-Code, der am Ende des Albums ertönt, soll angeblich eine Korrektur-Software auslösen, die in allen CD-Playern läuft, und bei jedem Lauf eine zufällige Nummer errechnen. Sofern diese errechnete Nummer mit der gegenwärtigen Position aller Elektronen im Universum korrespondiert, dann, ja, dann könnte angeblich sogar das gesamte Universum vernichtet werden. Wer sich daher dieser laufenden Gefahr entziehen will, muss wohl zum Vinyl im Klappcover greifen.

Folglich werden im Album reichlich wissenschaftliche Theorien und religiöse Themen behandelt. Keyboarder Thomas Andersen erläutert das Grundgerüst folgendermaßen: „Das Album selber handelt von einem Mann, der um das Jahr 1920 herum feststellt, dass egal wo irgendjemand einen Gott anbetet, er dieses in steinerner Form tut. Sei es eine Kathedrale, die Steine von Mekka oder Stonehenge. Gott scheint von seinen Anbetern förmlich in Stein getrieben worden zu sein, um niemals zurückzukehren. Dies geht zurück auf den norwegischen Volksmythos in dem es heißt, wenn ein Troll dem Sonnenlicht ausgesetzt ist, wird er zu Stein. Dies erklärt, warum Gott schon seit langer Zeit incommunicado ist.“ Also beten die Menschen weiterhin einen Gott an, denn ohne einen Gott scheint sich die Menschheit unsicher, scheint sich einsam in diesem großen Universum zu fühlen. Der erwähnte Mann baut sich deshalb voller Wissensdurst eine Maschine, nennt sie ´Molok´ und rast mit dieser durch die Entwicklung der Menschheit.

Die Maschine läuft an, kleine Trommelwirbel und der Hörer befindet sich sofort mitten im Geschehen. Die Atmosphäre des Albums ist dabei durchgehend ziemlich ruhig gehalten. Gefühlt sogar besonnener als ´Tick Tock´ vor sechs Jahren. Doch selbstverständlich reißt Sänger Jan-Henrik Ohme immer wieder alle verschlossenen und wartenden Seelen auf, wenn die Emotionen förmlich hochkochen und der Wolkenhimmel aufgerissen wird. Zu Beginn in ´Park Bench´ und zum Abschluss in ´Molok Rising´ noch nicht allzu überschwänglich, warten jedoch zwischen diesen beiden Polen wieder Lieder, die das Herz mit Wärme erfüllen. `The Master´s Voice´ und sogar ´Bela Kiss´, mit Unterstützung des weltbekannten norwegischen Akkordeon-Spielers Stian Carstensen, lassen die Sonne umgehend in voller Pracht erstrahlen. Nach dem verschwörerischen ´Know Your Time´ darf der Hörer dem göttlichen Trio ´Choir Of Ancestors´, ´ABC´ und ´Alarm´ lauschen. Mehr Gefühle werden dieses Jahr wohl weder im melancholischen Alternative Rock noch im New Artrock, sei es von ANATHEMA, MARILLION oder RIVERSIDE, geboten. In den letzten Sekunden nutzt dann der norwegische Musik-Archäologe Gjermund Kolltveit seine Steinzeit-Instrumente, u. a. Skåra Stein, einen in der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren genutzten, singenden Stein, bevor die Glöckchen schlagen und Software-Geräusche das Album unheilvoll beenden.

GAZPACHO legen mit ´Molok´ eine weitere Sternstunde vor, die nicht allzu weit vom Götterfunken ´Tick Tock´ am Himmel glänzt und flimmert.

(8,5 Punkte)