
PEPPER ADAMS – Pepper Adams Quintet
1957/2025 (Gammaut Recordings) - Stil: Jazz
Los Angeles, Sommer 1957 – die Stadt glitzert in der Sonne, der Pazifik reflektiert ein Licht, das die kühle Eleganz des Westcoast-Jazz einhüllt. Inmitten dieser vibrierenden Szenerie steht ein junger Baritonsaxophonist namens Park Frederick „Pepper“ Adams III, dessen Leben und Musik bereits von frühen Entbehrungen, harter Arbeit und unbändigem Ehrgeiz geprägt sind. Geboren 1930 in Highland Park, Michigan, lernte Pepper Adams von klein auf, dass Musik mehr ist als bloßer Ausdruck; sie ist Bestimmung. Vom Klavier über Tenorsax und Klarinette bis hin zum Baritonsax, das er zu seinem Instrument machte, entwickelte sich in seinen ersten Auftritten bereits eine Mischung aus technischer Präzision und melodischer Intuition, die ihn später unverwechselbar machen sollte. Mit sechzehn Jahren spielte er in den Clubs von Detroit, tauschte Ideen mit Wardell Gray, Tommy Flanagan und Donald Byrd aus und legte so die Grundlagen für ein Debüt, das in Los Angeles seine erste große Bühne fand.
Die ´Pepper Adams Quintet´-Session, aufgenommen am 10. Juli 1957 in den „Radio Recorders Studios“, ist ein Zeitzeugnis dieser frühen Schaffenskraft. Pepper Adams wird dabei von einer Auswahl herausragender Westcoast-Musiker begleitet: Stu Williamson auf der Trompete, Carl Perkins am Klavier, Leroy Vinnegar am Bass und Mel Lewis am Schlagzeug. Die Band spielt mit einer Selbstverständlichkeit, die aus Erfahrung und tiefem gegenseitigem Verständnis erwächst. Hier gibt es keine Konkurrenz, hier entsteht vielmehr eine gemeinsame Sprache, aus der die Musik organisch auflebt. Pepper Adams’ Baritonsaxophon durchdringt die Arrangements mit klarer Kraft, seinem unverwechselbaren Timbre und einer Mischung aus Virtuosität und Emotionalität. Stu Williamson antwortet mit hell leuchtendem Trompetenklang, der Pepper Adams’ dunkle Wärme kontrastiert, während Carl Perkins, Leroy Vinnegar und Mel Lewis die rhythmische Basis mit einer Selbstverständlichkeit tragen, die dem Quintett erlaubt, mühelos zwischen Hard Bop-Energie und Westcoast-Cool zu schweben.

´Unforgettable´ öffnet die Aufnahme mit einem leichten Swing, der sofort den Raum mit Glanz erfüllt. Pepper Adams und Stu Williamson beginnen in präzisem Unisono, und sobald Pepper Adams’ Solo einsetzt, entfaltet sich eine melodische Erzählung, kraftvoll und zugleich zart, geprägt von jener Mischung aus muskulöser Intensität und subtiler Feinfühligkeit, die sein Spiel auszeichnet. Carl Perkins’ Klavier ergänzt mit bluesdurchzogener Phrasierung, Leroy Vinnegar und Mel Lewis legen ein rhythmisches Fundament, das dem Stück Luft und Bewegung gibt.
´Baubles, Bangles And Beads´ steigert das Tempo und die Spannung, eine fast atemlose, bebop-getriebene Darbietung über acht Minuten. Pepper Adams’ Soli fließen virtuos, jede Phrase ist melodisch nachvollziehbar, jede Wendung überraschend und doch stimmig. Carl Perkins verblüfft dagegen mit seinem eingehenden Solo, während Stu Williamson und Mel Lewis die Energie mit unwahrscheinlich präzisen Akzenten vorantreiben und das Ensemble eine fast physische Dynamik entwickelt, die den Zuhörer unmittelbar packt.
Mit ´Freddie Froo´ betritt Pepper Adams’ erste eigene Komposition die Bühne, ein rasantes, bop-orientiertes Stück, das die spielerische Präzision des Quintetts beleuchtet. Leroy Vinnegars „walking bass“ pulsiert wie ein Herzschlag, Mel Lewis setzt perkussive Impulse, während Pepper Adams an Baritonsaxophon und Stu Williamson an der Trompete ihre Soli in einem Wechselspiel von Eleganz und Schärfe entfalten, das die Spannung konstant hoch hält.
Die Aufnahme erreicht ihren emotionalen Höhepunkt in ´My One And Only Love´. Hier offenbart Pepper Adams seine sanfte, verletzliche Seite. Jede Note lebt, jede Phrasierung erzählt, und trotz der Intimität bleibt die charakteristische Tiefe seines Baritonsaxophons jederzeit spürbar.
Den Abschluss bildet ´Muezzin´, ein Latin-angehauchtes Stück aus der Feder von Pepper Adams, das rhythmisch freier gestaltet ist und das Quintett noch einmal in voller Spielfreude zeigt, mit einer Balance zwischen Strenge und Improvisation an Trompete, Baritonsaxophon sowie Klavier, zwischen komponiertem Arrangement und spontaner Momentaufnahme.

Die Wiederentdeckung dieser Aufnahme durch “Gammaut Recordings” im Jahr 2025 eröffnet eine neue Dimension des Hörens. Die 45 RPM-Neuauflage auf 180g Vinyl – präsentiert in einer “Stoughton-Gatefold”-Hülle und begleitet von einem eingeklebten, spektakulären 40-seitigen, reich illustrierten Booklet – bewahrt nicht nur den musikalischen Kern, sondern erhebt ihn in audiophile Sphären.
Bernie Grundmans Mastering, basierend auf den originalen Dolby-A-Stereo-Tapes, fängt jede Nuance, jede Schattierung und die subtile Räumlichkeit der Studioaufnahme ein. Pepper Adams’ Bariton, Stu Williamsons Trompete, Carl Perkins’ Klavier, LeRoy Vinnegars Bass und Mel Lewis’ Schlagzeug treten klar und plastisch hervor, ohne die Balance des Ensembles zu stören. Das Ergebnis ist eine überragende Klanglandschaft, die den Geist der späten 1950er-Jahre lebendig werden lässt – warm, unmittelbar sowie vielschichtig – und sogar die Original-Pressung übertrifft.
´Pepper Adams Quintet´ ist nicht nur ein Debüt; es ist das Meisterwerk eines Künstlers, der sein Instrument versteht, die Grenzen des Baritonsaxophons verschiebt und sich in der Jazzlandschaft unverwechselbar positioniert. Intellektuelle Strenge, emotionale Tiefe und die Klarheit eines erstklassigen Ensembles verschmelzen hier zu einem Hörerlebnis, das Hard Bop und Westcoast-Jazz zugleich neu definiert. Die Aufnahme wirkt außerordentlich spontan, durchdacht und lebendig, sodass sie völlig zeitlos bleibt.
Die 2025er Edition durch “Gammaut Recordings” ist eine Hommage an die Musik selbst, an ihre Künstler, an die Geschichte von „Mode Records“ und an die sorgfältige Wiederentdeckung durch ein Label, das historische Klangkunst mit moderner audiophiler Sorgfalt verbindet. Hier wird Musik nicht nur gehört, sie wird erlebt, durch jede Nuance, jeden Atemzug Pepper Adams’ Baritonsaxophons und durch die Präsenz eines Ensembles, das Jazzgeschichte in konzentrierter Form lebendig werden lässt, als hätte man den Raum der Aufnahmesession direkt vor Augen. Sensationell.
Klassiker.



