
Mit ´Komara II´ kehren KOMARA nach zehnjähriger Pause zurück und bugsieren ihre Musik auf eine neue Ebene. Was 2015 noch wie ein dunkler, dicht gepackter Improvisationsblock wirkte, öffnet sich nun zu einer weiträumigen, klar gezeichneten Klanglandschaft. Das Trio aus David Kollar, Pat Mastelotto und Paolo Raineri klingt fokussierter, reifer und zugleich mutiger, weil es nicht mehr alles gleichzeitig sagen will.
Von Beginn an entfaltet sich eine Atmosphäre, die stark von filmischer Dramaturgie geprägt ist. ´Gerund´ eröffnet das Album mit zurückhaltender Eleganz. Trompetenlinien ziehen weite Bögen, David Kollars Gitarrenarbeit bleibt kontrolliert und bildhaft, während Pat Mastelotto mit feinen rhythmischen Akzenten den Raum strukturiert. Die Musik wächst organisch und steigert sich kurzzeitig zu spürbarer Intensität. ´Allina Day´ legt rhythmisch nach und bringt jene Spannung ins Spiel, die unweigerlich an Pat Mastelottos Vergangenheit bei KING CRIMSON erinnert. Der Groove ist geschmeidig, fast funkartig, zugleich aber klar im progressiven Denken verankert. Hier beginnt das Album erstmals deutlich zu rocken.
Das kurze Zwischenspiel ´Not Our Way´ fungiert als Bruchstelle. Gesprochene Worte, fragmentierte Klänge und digitale Störungen erzeugen eine irritierende Zwischenwelt, die direkt in ´Relocating Children´ überführt. Dort entfaltet sich eine dunkle, beinahe beklemmende Stimmung, getragen von Deborah Carter Mastelottos Stimme, die weniger erzählt als kommentiert. Die Musik bewegt sich zwischen Trip-Hop-Anmutung, Raumklang und unterschwelliger Bedrohung und zählt zu den eindringlichsten Momenten des Albums. Dieses bleibt mit ´Gray Apples Fall´ weiterhin spannend, einem langsam wachsenden Stück. Ambientflächen, vorsichtige rhythmische Impulse und weit gespannte Trompetenlinien verdichten sich zu einer schwebenden Dramaturgie.
Mit ´Judgement Day´ folgt ein kurzes, aber markantes Stück, in dem Paolo Raineris Trompete expressiv auftritt, flankiert von klanglichen Verwerfungen, die an experimentellen Jazz erinnern. ´Utorok Cowboy´ schlägt anschließend eine unerwartet spielerische Richtung ein. Der Titel trägt eine filmische Note, irgendwo zwischen Western-Motiv, progressivem Rock und ironischer Brechung, bevor sich das Stück in rauere, freiere Passagen öffnet und schließlich wieder Boden unter den Füßen gewinnt.
Das Kurze ´Swallowing Tokyo´ wirkt wie ein atmosphärischer Atemzug, bevor ´Burning Man´ erneut Tiefe entwickelt. Getragene Rhythmen, dezente Elektronik und gesprochene Passagen verschränken sich zu einem pulsierenden Spannungsfeld, das nachwirkt. ´Komarantino´ zieht das Tempo an, zeigt die Band direkter, ohne ihre Vorliebe für schiefe Perspektiven aufzugeben. Arve Henriksens Trompete fügt sich hier nahtlos ein und erweitert das Klangbild, ohne die Balance zu stören. ´Squirm´ setzt hingegen auf einen hypnotischen Fluss, rhythmisch klar, melodisch offen, bevor ´The Returning (Reprise)´ das Album in ruhiger Konzentration beschließt. Akustische Gitarren, gedämpfte Elektronik und eine zurückgenommene Gesangsspur schließen den Kreis.
KOMARA präsentieren sich als Ensemble mit klarer Vision, das improvisatorische Freiheit und kompositorische Kontrolle in ein ausgewogenes Verhältnis bringt.
´Komara II´ entfaltet seine Kraft im genauen Hinhören, in der Aufmerksamkeit für Details und Übergänge. Die Musik erscheint dabei wie ein dunkler Kunstfilm und eine progressive Klangforschung zugleich.
(8 Punkte)



