SUPERTHOUSAND – Four

´Four´, das vierte Werk der Gummersbacher Formation SUPERTHOUSAND, wirkt genau so wie eine echte Schönheit, die sich Schicht für Schicht öffnet, während die Musik intim bleibt und dennoch kosmische Weite entfaltet. Marcus Missbrandt, Dominik Mertens und Lars Dreier entwerfen hier eine Form von Progressive Rock, die frei von Pathos bleibt und gerade dadurch so tief unter die Haut geht.

Schon die ersten Minuten von ´Seven´ zeigen, wohin die Reise führt. Die Stimme von Dominik Mertens steigt tastend, beinahe suchend auf, getragen von Gitarren und Keyboards, die wie ferne Nebelstrukturen glimmen. Der Song wirkt wie ein inneres Wandern durch Landschaften aus Erinnerungen, Fragen und Sternenstaub. Seine mehr als zehn Minuten verfliegen unmerklich, weil sich der Track stetig wandelt – mal schwebend, mal mit überraschender Schwerkraft – und am Ende das Gefühl hinterlässt, eine ganze Welt umrundet zu haben.

´Gift´ beginnt mit der Zartheit einer akustischen Gitarre, bevor die Musik allmählich wie ein Herzschlag anwächst und in ein hypnotisches Finale treibt, das elektronisch glitzert und äußerst tanzbar wirkt. Die Lyrics, die den Menschen als Wesen zwischen Überfluss, Angst und Hoffnung spiegeln, wirken in dieser Kombination fast prophetisch. SUPERTHOUSAND schreiben über die Fragilität unserer Gegenwart, ohne den mahnenden Zeigefinger zu erheben.

Mit ´Stellar Dust´ folgt ein kurzer, funkelnder Moment, der wie ein Blick durchs Teleskop wirkt. Art Rock in konzentrierter Form, fein verwoben und gleichzeitig unmittelbar. Der Song beschreibt das Menschsein als Staub, der sich zu Bewusstsein verdichtet.

Der Titelsong ´Four´ schlägt einen anderen Ton an. Er beginnt mit schimmernden, sphärischen Klangflächen und wächst zu einem dichten, rockenden Kern, der den Wechsel zwischen kosmischer Weite und menschlicher Verletzlichkeit spürbar macht. Es ist einer dieser Songs, der mit jedem Durchlauf neue Wege offenbart, kleine melodische Wendungen, die sich erst spät erschließen. Dass der Text den Blick zurück in eine frühe Kindheit richtet, zu einem verletzlichen Ursprung, verleiht dem Stück eine unerwartete Intimität.

Mit ´Kipppunkt´ erreicht das Album seinen thematischen Höhepunkt. Der Song entfaltet in neun Minuten eine düstere Eleganz, die dem Gefühl unserer Zeit erschreckend nahekommt. Es geht um Verlust, um Versäumnis, um die Spirale, die wir selbst in Bewegung setzen und kaum noch anhalten können. Die Musik bleibt dennoch weit, schimmernd und nie belehrend.

´End´ schließlich beschließt ´Four´ mit ruhiger, fast meditativer Kraft. Der Song begleitet einen Abschied ohne Verzweiflung, eher als bewusste Annäherung an das Unbekannte. Die Zeilen über Vergänglichkeit und Transformation fügen sich nahtlos in den Gedankenbogen des Albums ein und setzen einen stillen Schlusspunkt.

Was SUPERTHOUSAND hier geschaffen haben, ist ein Werk, das Atmosphären baut und Emotionen freilegt. Mit ´Four´ sind SUPERTHOUSAND auf einem künstlerischen Höhepunkt angekommen. Ein warmes, tief empfundenes Prog Rock-Album, das sich nicht unbedingt in eine Schublade zwängen lässt und gerade deshalb so kraftvoll ist. Es fesselt sofort und wächst danach bei jedem Hören weiter. Ein schlicht großartiges Stück Gegenwarts-Prog.

(8,5 Punkte)

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