PlattenkritikenPressfrisch

MARCO MATTEI – Age Of Fragility

2025 (M.P.Records/Just For Kicks Music) - Stil: Art Rock, Progressive Rock

Es gibt Alben, die sich langsam in das Bewusstsein schleichen und dort nachklingen. Marco Mattei gelingt genau dies auf seinem zweiten Soloalbum ´Age Of Fragility´. Die Musik wirkt wie das Ergebnis einer langen Selbstreflexion eines Musikers. Die Erfahrungen aus jahrelanger Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Klangwelten, die geografischen Umwege seines Lebens und die rastlose Suche nach einer eigenen Stimme scheinen hier an einem Punkt zusammenzufinden.

Dass Marco Mattei dieses Album in den „Dreamland Studios“ in Woodstock, vieles sogar live aufgenommen hat, ist kein bloßes Detail. Man spürt in jedem Ton, wie die ruhige, fast meditative Atmosphäre des Ortes in die Klanggestaltung eingeflossen ist. Zusammen mit Duilio Galioto am Klavier und den Tasteninstrumenten, Jerry Marotta am Schlagzeug und Tony Levin am Bass entstand ein nicht nach Effekten strebendes Ensemble.

´Age Of Fragility´ ist auch mehr als ein Studiodokument; es ist eine Sammlung von Momenten, die von der Zerbrechlichkeit der modernen Existenz erzählen, ohne belehrend zu wirken. Bereits das eröffnende ´Just Tired´ vermittelt diese Stimmung. Dave Bond singt mit einer Stimme, die zugleich vertraut und distanziert wirkt, während Galiotos Klavier und Matteis Gitarre einen zurückhaltenden Rahmen spannen und Marotta und Levin den Puls eher andeuten, als ihn auszubreiten.

Mit ´You Don’t Deserve It´ tritt eine andere Schattierung hinzu, ein innerer Monolog zwischen Resignation und klarem Blick, in dem die Instrumentierung leicht schwebend bleibt und die Gesangslinie genügend Raum erhält. ´Human Again´ öffnet sich weiter, Malena Ramonets Stimme lässt die Melodie fast flirren, während die Begleitung eine Wärme entfaltet, die den Wunsch nach Neubeginn spürbar macht.

´Wrong´ taucht in ein dunkleres Licht. Tino Boley besingt schlicht die Verletzlichkeit des Textes, während Matteis Gitarre wie eine weitere Stimme wirkt. In ´Insomnia´ verändert sich die Atmosphäre erneut. Jennifer Maidmans Stimme wird von leichten elektronischen Schwingungen umgeben, bis Trey Gunns Warr-Gitarre die Struktur behutsam öffnet. Das Stück bleibt im Kern still und begleitet die Unruhe der Nacht.

´A Trick Of The Mind´ weitet den Horizont, Peter Voronovs Violine bildet den Fokuspunkt, um den sich das Stück in einen schwebenden, fast kammermusikalischen Fluss löst. ´Watermark in My Heart´ wirkt wie ein Stück persönlicher Erinnerung, getragen von Joe Edelmann und von den zarten Streichern María Betania Hernández’ akzentuiert. In ´So Fragile´ erreicht Mattei die Essenz seines Titels. Die Musik erscheint vorsichtig, die Melodie wie ein zarter Schimmer, und Hernández’ Streicher verleihen dem Stück eine berührende Zerbrechlichkeit.

Mit ´End Of The Line´ findet das Album seinen Abschlusspunkt, der zugleich vieles offen lässt. Wrongonyous Stimme richtet sich nun an das Leben selbst, während Katrin Romanovas Harfe einzelne Momente verbindet. Das Stück drängt nicht auf Antworten, sondern schafft neuen Raum, um weiterzugehen.

´Age Of Fragility´ ist ein Album, das seine Kraft aus der Entschlossenheit bezieht, die Welt mit ruhigem Blick zu betrachten. Marco Mattei denkt in tragenden Melodien und vertraut den Stimmen seiner Gäste, ohne die eigene Handschrift zu verwischen. Die Stücke entfalten sich, wie Gedanken, die man endlich nicht mehr unterdrückt.

In der Rückschau wirkt das Album wie ein behutsamer Gegenentwurf zu einer Zeit, die vieles beschleunigt, aber selten vertieft. Es erzählt von Einsamkeit, Entfremdung und der Suche nach Halt, ohne pessimistisch zu sein. So gelingt Marco Mattei eine Arbeit, die über Genregrenzen hinausweist und sich als eines der persönlichsten und nachhaltigsten Alben seiner bisherigen Laufbahn zeigt.

(8 Punkte)

https://www.facebook.com/MarcoMatteiMusic#

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"