
SKORTS – Incompletement
2025 (InKind / The Orchard) - Stil: Post Alternative Rock, New Wave
Es gibt Debütalben, die vorsichtig tasten, als müssten sie sich erst an das Licht gewöhnen. ´Incompletement´ von SKORTS gehört zu jener seltenen Sorte, die sofort losrennt, als hätte sie jahrelang darauf gewartet, freigelassen zu werden. Von der ersten Sekunde an pulsiert diese Musik, roh und aufgeladen, getragen von einer Intensität, die sich nicht erklären will, sondern sich einfach entfaltet. Man hört, dass diese Songs in engen Proberäumen geboren wurden, dort, wo Schweiß, Nähe und Lautstärke den Klang formen. Diese Herkunft steckt noch immer in den Aufnahmen, nur dass die Band inzwischen groß klingt, größer als die Räume, in denen sie entstanden ist, und bereit, jede Bühne zum Beben zu bringen.
Die Energie dieses Albums lebt von jener seltenen Mischung aus Unruhe und Hingabe. SKORTS spielen mit einer Dringlichkeit, die sich anfühlt, als würden sie sich im Moment des Aufnehmens gegenseitig über die Klippe ziehen. Alli Walls Stimme schneidet durch die Luft, verletzlich und resolut zugleich, und trägt die Konflikte und Träume einer Generation, die zwischen Überforderung und Sehnsucht schwankt. Es sind Lieder über Nähe, über das Verlorengehen im eigenen Kopf, über das Bedürfnis nach klaren Antworten, wo eigentlich nur Chaos herrscht. In ´Bodies´ flackert diese Unsicherheit besonders hell auf, ein Song, der sich wie ein offener Nerv anfühlt, während ´I Won’t Be The One´ die große, aufrechte Gebärde einer Band zeigt, die den Mut zum Pathos besitzt, ohne sich darin zu verlieren.
Zwischen den kraftvollen Live-Kolossen, wie etwa ´Burden´, ´R4DR4M´ und ´Eat Your Heart Out´, schieben sich zwei Stücke, die nie auf der Bühne standen: ´Lace´ und ´Anyone´. Sie öffnen eine neue Seite dieser Band, eine leise, durchscheinende, die nicht mit Druck arbeitet. Hier wird die Zerbrechlichkeit greifbar, die im Hintergrund aller lauten Momente lauert. Gerade diese beiden Songs verleihen dem Album jene Tiefe, die aus guter Musik etwas Echtes macht, einen Ozean aus Emotion, der mal stürmt, mal ruht, aber immer in Bewegung bleibt.
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Was ´Incompletement´ so besonders macht, ist seine Weigerung, sich glattziehen zu lassen. Die Übergänge sind wild, die Dynamik ungehobelt, die Form manchmal unberechenbar, und doch ergibt am Ende alles ein organisches, pulsierendes Ganzes. Es ist ein Album, das seine Unvollkommenheit nicht versteckt, sondern sie feiert, weil genau darin seine Wahrheit liegt. Jeder Bruch, jeder abrupte Schluss, jeder unerwartete Ausbruch trägt zu diesem Gefühl bei, dass SKORTS einen Moment eingefangen haben, der nicht reproduzierbar ist.
´Incompletement´ ist ein Debüt, das nicht nach Erlaubnis fragt. Es brennt, es fordert, es zieht hinein und lässt nicht los. SKORTS zeigen hier, dass sie das Zeug haben, weit über die Grenzen Brooklyns hinaus zu leuchten. Und gerade weil dieses Album sich unvollständig nennt, wirkt es so lebendig. Es klingt wie der Anfang einer Geschichte, die sich weiterdrehen will, mit all ihren Schrammen, all ihrer Größe und all ihrer glühenden Offenheit.
(8,5 Punkte)
https://www.instagram.com/skorts_/
Pic: Jackilyn Cooper



