
RAY CHARLES – What’d I Say
1959/2025 (Atlantic/Analogue Productions) - Stil: Rhythm & Blues
Ray Charles Robinson wurde 1930 im Süden der Vereinigten Staaten geboren, ein Land, in dem Musik, Schmerz und Widersprüche tief verwoben waren. In Albany begann sein Leben, in Greenville, Florida, wuchs er auf, und schon als Kind verlor er sein Augenlicht, ohne dass sein Blick für das Wesentliche je getrübt wurde. Was andere sahen, hörte er, und aus diesem Hören formte sich eine eigene Wahrnehmung der Welt. In den Gospelchören der Kirchen lernte er die Kraft der Erhebung, in den Juke Joints der langen Nächte den Rausch des Lebens. Das Heilige und das Sinnliche verschmolzen in ihm zu einer Energie, die sein gesamtes Schaffen durchdringen sollte.
Bis Ende der Fünfzigerjahre hatte Ray Charles bereits gezeigt, dass er mehr war als ein gewöhnlicher Rhythm-&-Blues-Sänger. Mit Songs wie ´I’ve Got A Woman´ und ´Hallelujah I Love Her So´ hatte Ray Charles die Grenzen zwischen Gospel, Blues und Pop längst hinter sich gelassen. ´What’d I Say´ markierte 1959 den Moment, in dem all diese Einflüsse zu einer eigenen, unverwechselbaren Sprache verschmolzen, zu einer Musik, die direkt aus der Seele sprang und jeden Ton mit Leben füllte.
Die Entstehung des Albums und seines Titelsongs war ebenso zufällig wie legendär. Nach einem langen Konzert, das Repertoire erschöpft, begann Ray Charles einfach zu improvisieren. Er schlug ein paar Takte auf dem Wurlitzer an, rief die Band, ließ die Raelettes antworten, und plötzlich entstand etwas völlig Ungeplantes. Aus diesem spontanen Moment heraus fand die Energie ihren Weg ins Studio, um den Titelsong ´What’d I Say´ in all seiner Wucht zu formen.

Der Titelsong entfaltet sich daher auch gleich zu Beginn des Werkes wie ein elektrischer Stromstoß. Treibender Rhythmus, flirrendes Wurlitzer-Piano, und dann diese Stimme – rau, direkt, wie ein Gebet, das sich in Geständnisse verwandelt. Die Raelettes antworten, und zwischen den Rufen entsteht ein Dialog aus Begehren und Befreiung, ein Spiel von Ruf und Echo, so alt wie die Menschheit selbst. Die Musik zuckt, sie schreit, sie lacht, sie lebt. Jede Silbe, jedes „Ooh“ und „Ah“ trägt Sehnsucht, Übermut und Lust, während der Song pulsiert, vibriert und den Körper zwingt, sich zu bewegen. Hier wird der Soul geboren. Die heilige Ekstase der Kirche trifft auf das körperliche Verlangen des Menschen.
´Jumpin’ In The Morning´ trägt hernach den alten Geist des Rhythm & Blues in sich. Die Stimme schwingt zwischen Freude und Trotz, der Groove rollt wie ein pulsierender Herzschlag, und jede Note erzählt von Lebenslust, Überlebenswillen und einem bittersüßen Lachen, das Tränen verbirgt. ´You Be My Baby´ trägt hingegen den Charme einer verspielten Koketterie, leicht schwebend in der Melodie, doch darunter schimmert die Einsamkeit des Sängers, seine Sehnsucht nach Nähe und Berührung, eine Liebe, die brennt, fordert und oft verletzt.
In ´Tell Me How Do You Feel´ verdichtet sich die Intensität. Orgelklang und Stimme entfalten eine gewisse Tiefe. Die Musik wird introspektiv, fragend und suchend, ein Selbstgespräch, in dem die Klänge fordern, stocken und sich wieder erheben, als wolle die Wahrheit selbst durch den Ton sprechen. ´That’s Enough´ schließt daran an und entfaltet eine Soul-Ballade von klarer, ergreifender Schönheit, in der Müdigkeit, Stolz und der Wille, nichts mehr zu verbergen, in jeder Note spürbar werden.
´Rockhouse´ öffnet einen Moment der Leichtigkeit, als flaniere Ray Charles durch eine sonnendurchflutete Straße, die Hände in den Taschen, jeder Ton ein Lächeln, jeder Akkord ein Ausdruck von Freiheit und Kontrolle, während die Musik unaufhaltsam pulsiert und das Leben im Piano aufleuchtet. Bei ´What Kind Of Man Are You?´ übernehmen die Raelettes das Wort. Mary Ann Fisher zieht die Führung an sich, stellt die Frage zurück und verwandelt die Perspektive in eine kleine Revolte gegen den großen Chef, zugleich eine Demonstration lebendiger, gleichberechtigter Musik, in der jede Stimme ihre eigene Wahrheit trägt.
´Roll With Me Baby´ schließlich entfacht ein letztes Feuerwerk aus Blues, Swing und Soul, roh, direkt, ungeschliffen und dennoch voller Präzision. Ray Charles steht mitten im Raum, das Piano glüht unter seinen Fingern, der Rhythmus treibt, die Stimme durchdringt jeden Winkel, präsent und unverstellt, und hinterlässt das Gefühl, dass Musik hier nicht nur gespielt, sondern gelebt wird.

´What’d I Say´ ist weit mehr als eine bloße Sammlung unveröffentlichter Songs sowie auf einem Longplayer noch nicht aufgelegter Hit-Singles. Es ist ein Wendepunkt in der Geschichte der populären Musik, in dem Heiligkeit und Sinnlichkeit miteinander verschmelzen. Der Blues gewinnt an Körperlichkeit, die Lust entfaltet eine fast heilige Tiefe, und aus dem Spiel dieser Gegensätze entsteht eine Wahrheit, die unmittelbar und ungeschönt in den Raum tritt. Als das Album 1959 erschien, wirkte es zugleich befreiend und provokant, und obwohl manche Radiosender die unverblümte Direktheit ablehnten, lag gerade darin seine Kraft. Ray Charles sprach die Sprache der Straße, der Kirche und des Schlafzimmers in einem Atemzug, und das Publikum verstand ihn sofort.
Dieses Werk hallt bis heute nach. Die Musik von Ray Charles war immer ehrlich, fühlbar und menschlich. Sie erzählt von Sehnsucht, Schuld, Trost und Erlösung – nicht in Worten, sondern in jedem Klang. ´What’d I Say´ bleibt ein Zeugnis jener seltenen Momente, in denen Musik nicht nur gehört, sondern erlebt wird, in denen jeder Ton, jede Pause, jede Stimme die Seele berührt und den Körper bewegt.
(Klassiker)
Zum 75. Jubiläum von “Atlantic Records” feiert „Analogue Productions“ Ray Charles’ wegweisendes Album ´What’d I Say´ mit einer audiophilen Neuauflage innerhalb der renommierten „Atlantic 75 Series“. Das Album erscheint als 180g Doppel-Vinyl auf 12 Zoll mit 45 RPM, vom originalen Masterband gemastert, gepresst bei „Quality Record Pressings“ und verpackt in einem aufklappbaren Tip-On Gatefold Double Pocket Jacket von „Stoughton Printing“. Die ersten 2.000 Exemplare sind nummeriert; unnummerierte Pressungen können wahlweise ebenfalls bei „Quality Record Pressings“ oder RTI hergestellt worden sein, erkennbar an einem Sticker auf der äußeren Kunststoffhülle.
Die wiederentdeckte Klangwelt von ´What’d I Say´ präsentiert das mehrfach mit Platin ausgezeichnete und Grammy-nominierte Album in bislang unerreichter Qualität. Mastering und Pressung vereinen sich zu einem Sound, der das Album mit bemerkenswerter Klarheit, Detailtreue und Balance erklingen lässt, als höre man Ray Charles erstmals live am Wurlitzer-Piano. Diese Ausgabe ist nicht nur ein audiophiles Highlight für Sammler, sondern auch ein Stück Musikgeschichte in bestechender Aufbereitung.
Die Kombination aus „Acoustic Sounds“, „Analogue Productions“ und „Quality Record Pressings“ garantiert ein klangliches Erlebnis, das sowohl die Intensität der historischen Mono-Aufnahme bewahrt als auch die Feinheiten seiner Musik erstmals in solch detailreicher Transparenz erlebbar macht. Für Fans und Kenner ist diese Pressung ein Muss und eine Hommage an einen der größten Musiker des 20. Jahrhunderts.
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