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JAN GARBAREK – Madar

1994/2025 (ECM) - Stil: Contemporary Jazz

Schon in den Siebzigerjahren entwickelte Jan Garbarek eine Sprache, die den europäischen Jazz auf eine neue Ebene hob. Auf Soprano- und Tenorsaxophon fließen seine Tonfolgen weit und zart zugleich, tragen die Stille der skandinavischen Landschaft in sich, aber auch die Lust am Entdecken und den offenen Dialog zwischen den Instrumenten.

´Madar´, aufgenommen im August 1992 und 1994 veröffentlicht, zeigt Jan Garbarek in einem Zusammenspiel mit zwei weiteren Meistern: Anouar Brahem an der Oud und Ustad Shaukat Hussain an der Tabla. Ihre Klänge verschmelzen zu einer organischen, unmittelbaren Musik, die trotz der kulturellen Unterschiede der drei Musiker wie aus einem Guss klingt. Man spürt sofort, dass hier ein echtes musikalisches Gespräch stattfindet, in dem jede Geste, jeder Ton auf den anderen reagiert, sich fügt und gleichzeitig eigene Wege geht.

Der Einstieg mit ´Sull Lull´ führt direkt in ein Netz aus feinen Melodien, sanften Rhythmen und geheimnisvollen Klangfarben, in dem Anouar Brahems Oud den Boden bereitet, Jan Garbareks Saxophon darüber schwebt und Ustad Shaukat Hussains Tabla die Bewegung vorantreibt, ohne sie zu dominieren. Jeder Moment fühlt sich improvisiert an, und doch ist alles bis ins Detail durchdacht, als würden die drei Musiker einer inneren Logik folgen, die nur sie verstehen.

Auf ´Madar´ selbst und den kürzeren Stücken wie ´Sebika´ oder ´Ramy´ wechseln sich lichte und dunkle Farben ab, die Musik streckt sich in weiten Bögen, zieht Spannungen auf, löst sie wieder, immer getragen von der gemeinsamen Sensibilität des Trios. Anouar Brahems Solo auf ´Bahia´ entfaltet sich über stille Hügel und durch Dämmerungslandschaften, Ustad Shaukat Hussains Tabla erzählt auf ´Jaw´ ganze Lebensgeschichten in wenigen Schlägen, und auf ´Qaws´ treffen alle wieder zusammen, steigern die Intensität, bauen die klangliche Architektur zu einem dichten, lebendigen Ganzen auf, bevor das zarte ´Epilogue´ den Bogen leise schließt.

´Madar´ wirkt episch, aber zugleich intim. Norwegen, der Nahe Osten und Südostasien verschmelzen hier zu einer einzigen Welt, ohne dass eine Kultur die andere übertönt. Alles entsteht aus Respekt, Zuhören und gegenseitiger Offenheit, und genau darin liegt die Magie des Albums. Man kann die Musik als Ganzes erleben, eintauchen in ihre Details, in ihre Zwischentöne und ihre kraftvollen Momente.

2025 erscheint ´Madar´ nun erstmals auf Vinyl im Rahmen der audiophilen “Luminessence-Serie” des Münchner Labels “ECM”.

Geschnitten direkt von den Original-Masterbändern und verpackt in einer eleganten 2-LP-Tip-On-Gatefold-Ausgabe, vermittelt diese Edition den vollen Zauber der Aufnahme. Das Artwork wurde behutsam neu konzipiert, die Musik selbst aber blieb unverändert, jede Nuance bleibt erhalten und wird zugleich klarer und unmittelbarer erfahrbar.

´Madar´ ist eine Einladung in ein musikalisches Universum, das von drei Meistern erschaffen wurde, die einander zuhören, einander herausfordern und gemeinsam eine Kunstform kultivieren, die weit über Jazz, Weltmusik oder Improvisation hinausgeht.

Jeder Moment entfaltet sich wie von selbst, jedes Stück erzählt eine Geschichte, und selbst Jahrzehnte nach seiner Entstehung fesselt dieses Album noch immer und öffnet den Blick für eine Musik, die Grenzen überschreitet und dabei die Zeit überdauert.

Zeitloses Meisterwerk.

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Jan Garbarek – Sopransaxophon, Tenorsaxophon
Anouar Brahem – Oud
Ustad Shaukat Hussain – Tabla

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