
Der schlafende Drache ist erwacht. Und zwar ganz ohne einen Beutlin, der durch seinen sakralen Berg stolpert. Der Drache erhebt sich wie der Phoenix aus der Asche, die durch dramatischen Verlust als auch Weggang von Stimme und Fundament seines Wesens entstanden sind. Doch nach dem vermeintlichen Ende kommt die Wiedergeburt durch Drachenfeuer, welches nicht zerstört, sondern erschafft und euch gehörig den Allerwertesten erhitzt.
Da dachte ich just Anfang des Jahres auf dem unterhaltsamen Epic Fest in Roskilde, dass diese Art von Metal live mein Herz zwar immer noch erfreut, ich mir aber weitere Tonträger des Genres stecken kann. So kann man sich täuschen, denn es kommen immer wieder mal Scheiben aus dem Nichts, die durch ihre frische Art mit Altbekanntem durchaus fesseln können.
DRAGONSFIRE waren nach dem viel zu frühen Tod von Frontmann Torsten Thassilo Herbert nie wirklich weg – es hat nur etwas gedauert, bis man auch nach Weggang des zweiten Urgesteines Drummer Jan Müller mit den absoluten Glücksgriffen an Mikro, Bass und Schlagzeug den geliebten traditionellen Power Metal als eingespieltes Team auf den nächsten Level erhoben hat und endlich die ´Rebirth Of The Beast´ feiern kann.
Frontmann Dennis Ohler hat sich bisher live durch sein Mitwirken bei DARK SUN, DISPYRIA und zuletzt als Verstärkung bei den aus den Katakomben auferstandenen RA’S DAWN bereits einen Namen gemacht und setzt durch sein fantastisches Organ den unverkennbar eigenen Stempel für dieses neue Kapitel. Und wenn neben Viersaiterfundament Peter „Scheter“ Schäfer der Vater Matthias Bludau (Gitarre – ebenfalls Urgestein) mit dem Sohne Elias einen Drummer aufgezogen hat, der hier ein donnerndes Kraftfeuerwerk vom Feinsten abfackelt, dann hört man zu jeder Sekunde, wie dadurch das Feuer bei dem zweiten Gitarristen Timo Rauscher (bereits seit 2007 an Bord) bzw. der gesamten Band musikalisch neu entfacht wird. Es entstanden Songs, die mit klasse Refrains auch ohne progressive Spielereien packen.

Schon der Opener ´We Ride´ brennt lichterloh als die kraftvolle Hymne, die man statt der drögen PINK CREAM 69 Nummer ´Tokyo´ vom alten Flaggschiff HELLOWEEN als Opener erwartet hätte, doch mittlerweile wissen wir ja glücklicherweise, dass die Kürbis-Bigband prinzipiell noch ein geiles Album abgeliefert hat. Dennoch handelt es sich bei dieser Nummer um einen der geilsten Melodic Power Metal Opener dieses Jahres mit Suchtpotential. Was für ein Einstieg!
Wie bei jedem Song der Platte verschwinden die Reminiszenzen an die Besten im Westen spätestens bei den grandiosen DRAGONSFIRE-Refrains, welche durch Dennis‘ kraftvolle klare statt der rauen Stimme des unvergessenen Vorgängers den neuen Feinschliff erhalten und Fans von späteren ANGEL DUST über BRAINSTORM bis zu den legendären HEAVENS GATE erfreuen und allen alten als auch neuen Fans gehörig die Eier/Stöcke massieren dürften.
Wie heutzutage leider unumgänglich ist es direkt danach an der Zeit, über Krieg bzw. die vielen Kriege und die dahinterstehenden Kriegstreiber zu sprechen. ´Speak Of War´ erweist sich dabei als gnadenloser Smasher fast schon im Marschbeat und Riffing von RAMMSTEN – selbstverständlich in einer ultramelodischen Powermetaluniform. Selbst der einstige ´Preacher´ von RUNNING WILD wird freudig erregt beim gleichnamigen Titel mitwippen, auch wenn die gebrandmarkten Piraten im Exil kaum ein solch‘ melodisches Stücklein im Programm hatten, zumindest nicht so gut gesungen. Damit bewegt man sich schon eher in der Liga von SCANNER bis BLIND GUARDIAN und das führt zu… überirdischer Mittelerdenfreude!
´A Portal To Escape´ wünscht sich in diesen Zeiten wohl jeder. Mit einem Anfang, bei dem die holde IRON MAIDen sanft akustisch den Seventh Son Of A Seventh Son streichelt, gelingt die Flucht umso besser. Dazu sind Songs mit einem „RUN!“ Gangshout schon immer gut angekommen, jetzt habt ihr auch einen von DRAGONSFIRE – inklusive feiner Speedriffs und hohem Endscream.
Der feurige Drache war über die Jahre des Brütens in seinem Schatzberg nicht faul gewesen, somit sind mit dem Uptempo-Knaller ´Hungry Beast´, dem eisernen Jungfrauen-Galopper ´Why Is The Grass Always Greener On The Other Side´ und der kultigen Trinkhymne über vergorene Früchte als Äppler oder Äppelwoi namens ´Cider Victims´ drei bereits als Singles in Stadt und Land bekannte Hits enthalten, die schon nicht mehr aus einen DRAGONSFIRE Liveset wegzudenken sind.
Die ´80’s Boys´ erzählen von unvergesslichen Zeiten als galt ´Metal Is A Life´, den Anfängen und den Klassikern des Genres mit zahlreichen Songzitaten und sollten in Zukunft als Reminiszenz an das Golden Age des Metal auf jeder Party laufen. ´Charge Ahead´ macht umso erschreckender deutlich, daß die truemetallischen Übersee-Schwertträger MANOWAR tragisch verwimpt sind und nur noch Gähnschlager der Marke „Leise und schwach, weich und langsam“ hinbekommen. Geht in Rente – you just play, DRAGONSFIRE kill!
Gerade in diesen Zeiten tut ein Titel ´Don’t Live In Fear´ gut, denn man muss den ganzen Wahnsinn um uns rum manchmal ausblenden, um nicht komplett paranoid zu werden. Und genau das ist das Motto des letzten „offiziellen“ Tracks ´Dragons Never Surrender´, der mit ungestümem ICED EARTH-Riffing über dich hinwegrollt, einen weiteren Refrain von der Qualitätsstufe BLIND GUARDIAN herausspeit und dich mit hochgereckter Faust vor den Boxen zurücklässt.
Jawoll, Freunde – wir stoßen viel zu wenig an auf die Tradition deutscher Metalkunst. Besser kann man flotten, griffigen Power Metal für junge Wilde, junggebliebene Golden Ager und alles dazwischen nicht machen. Ihr wisst jetzt, was zu tun ist, ich lege die neue DRAGONSFIRE zum x-ten Mal auf und lasse mich weiterhin begeistert grillen und rösten. Pommesgabeling is back!
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