
Eine mutige Bandzusammenstellung für eine Tour. Aus extrem unterschiedlichen musikalischen Strömungen touren drei Bands, die eigentlich so gar nicht zusammenpassen wollen. Da hätten wir die Hamburger VELVET RUSH, die gerade ihr Debüt ´Trail Of Gold´ mit eher klassischem Hard-/Heavy Rock an den Start gebracht haben, dann FINAL STAIR, die im Trio Line Up sich dem Alternative Rock verschrieben haben und zu guter Letzt der Headliner aus Island, THE VINTAGE CARAVAN, deren Stil sich aus Hard Rock, Classic Rock sowie Proto Metal speist. Sinnigerweise nennt sich die Tour „Portals Tour 2025“, abgeleitet vom neuen Album der Isländer ´Portals´.
Den Abend eröffneten VELVET RUSH mit vertraut klassischen Hard Rock-Klängen. Kann das Album schon ziemlich gut überzeugen, legte man live noch einmal ein paar Brickets drauf. Die Riffs kamen feurig, der Bass pumpte, zudem hat man mit Basser Tim Black einen geborenen Poser in der Band. Blickfang, wie könnte es anders auch sein, war Sängerin Sandra Lian, die mit ordentlich gesanglicher Power die Stücke sauber abrundete. Leider lieferte man nur sechs Songs, vier vom erwähnten Debüt und zwei Tracks von der im Frühjahr veröffentlichten EP ´Euphonia´. Davon den Titeltrack und ´Fire Spirit´.
Das Material drückte, vieles wirkte bekannt, aber Spaß hatte man dennoch, gerade weil die Truppe unverkrampft und authentisch rüberkam. Als Opener bekamen die sympathischen Vier deutlich mehr als Höflichkeitsapplaus, den man anstandshalber einem Opener zukommen lässt. Nicht unerwähnt will ich aber den überzogenen Preis für das Album am Merchstand lassen. 18 Euro für die CD und 30 Tacken für die LP ist auf Clubbasis eher unakzeptabel.
Die folgenden FINAL STAIR waren für mich unbekannt. Das Trio wirkte mit seinem alternativen Indie Sound, manchmal dezent mit noisigen Akzenten versetzt, wie ein Fremdkörper zwischen den beiden eher klassischen ausgerichteten Bands. Aber man musste dem Trio Respekt zollen, mit ihrem energischen, intensiven Spiel hatten sie die Leute schnell auf ihrer Seite. Immer wenn die Band mit druckvollen Riffs und auch melodischen Passagen zur Sache kam, konnte man nicht wirklich ruhig stehen bleiben. Nicht dass ich jetzt Fanboy bin, aber einige der Stücke waren schon nachhaltig und nicht wenige Leute schienen mit dem Material vertraut zu sein.
Nach einer etwas längeren Umbaupause, aber exzellenter Pausenmusik, kam das isländische Power Trio unspektakulär auf die Bühne. Aber das, was dann geliefert wurde, konnte einem schon den Atem nehmen. Mit unbegrenzter Wucht fetzten die Herren los. Es ist ja nicht so, dass das Material der Jungs 08/15 ist, nein, es ist schon anspruchsvoller und dennoch ballerten die Isländer die Tracks locker und spielsicher aus der Hüfte raus. Die Energie, die von der Bühne runterfegte, war enorm, der Spielwitz beachtlich. Klar lag der Schwerpunkt des Auftritts auf dem Material des neuen Albums. Schon mit dem Einstand des Doppels ´Philosopher´ und ´Here You Come Again´ zeigte das Trio deutlich, wohin die Reise Härte-mäßig die nächsten 80 Minuten gehen würde.
Das coolste Outfit des Abends trug Sänger/Gitarist Óskar Logi Ágústsson, der mit seiner lässigen Art cool rüberkam. Dass seine Freundin extra für den Gig eingeflogen war und auch noch an diesem Tag Geburtstag hatte, ließ er nicht unerwähnt und forderte die Anwesenden zu einem Geburtstagsständchen auf. Was auch prompt kam.
Aus meiner bescheiden Sicht sollte man auf jeden Fall ´Whispers´ und ´On The Run´ hervorheben, die massiv geliefert wurden. Über Liveset-Songlisten kann man vortrefflich streiten, aber je mehr Alben eine Band hat, umso schwieriger wird die Auswahl. Im Falle THE VINTAGE CARAVAN wurden dabei die frühen Alben eher benachteiligt, was aber in Anbetracht der hochwertigen Stücke der jüngeren Zeit locker zu verkraften war.
Kurzum, THE VINTAGE CARAVAN live ist eine komplett andere Baustelle wie die Songs auf den Studioalben. Druck, Wucht, Energie ist markant intensiver und das macht die Magie eines Auftritts der Isländer aus. Starker, kritikloser, knapp 85 Minuten langer Auftritt. Danke.
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Fotos: Jürgen Tschamler