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THE JEREMY DAYS – Live At Rockpalast 2022

2025 (MiG Music) - Stil: Pop/Rock

Die JEREMY DAYS haben ihre Anhängerschaft lange mit einem Comeback warten lassen – daher ist es auch umso echter und ehrlicher. Die Hamburger Indiepop-Institution, die Ende der Achtziger mit ´Brand New Toy´ einen zeitlosen Evergreen landete und über die Neunziger hinweg fünf Alben zwischen britischem Pop und amerikanischem Rock veröffentlichte, war nach 1996 Geschichte. Zwischendurch sporadische Wiedervereinigungen, doch eigentlich herrschte Stille. Erst 2019 entfachte die Band das Feuer neu, das 2022 mit dem Studioalbum ´Beauty In Broken´ lichterloh brannte. Genau dort setzt das nun veröffentlichte Live-Dokument ´Live At Rockpalast 2022´ an.

Aufgenommen wurde der Auftritt beim Crossroads-Festival in der Bonner Harmonie am 29. Oktober 2022. Rund 500 Glückliche erlebten eine Band, die sich nach fast drei Jahrzehnten Abwesenheit so frisch und hungrig präsentierte, als hätten sie die Pause schlicht erfunden. Dirk Darmstaedter, charismatischer Sänger und Gitarrist, führt mit einer Mischung aus Leichtigkeit und Tiefgang durch den Abend. Neben ihm glänzen Keyboarder Louis Oberlander, Gitarrenzauberer Jörn Heilbut, Schlagzeug-Urgestein Stefan Rager und Bassist Stefan „Eddy“ Endrigkeit – eine Formation, die Spielfreude in geballte Melodien gießt.

Die Setlist ist ein mitreißender Querschnitt durch die Bandgeschichte: neun Songs vom Comeback-Album ´Beauty In Broken´ (2022), darunter ´It Is The Time´, ´Starting To Pretend´, ´Breathe´, ´For The Lovers´, ´Beauty In Broken´, ´Blue New Year´, ´The Deep Dark Night´ und ´Stupid November´ – plus die unplugged-Version von ´Starting To Pretend´ als Bonus; sechs Songs vom Debüt ´The Jeremy Days´ (1988), darunter ´Julie Thru The Blinds´, ´Are You Inventive?´, ´Brand New Toy´, ´This World´, ´Rome Wasn’t Built In A Day´ und die Zugabe ´Food And Coffee´; sowie ein Song von ´Speakeasy´ (1992) mit dem Titel ´Loved´. Gleich zu Beginn wird klar: Die alten Hymnen tragen, doch die neuen Songs stehen ihnen in nichts nach. ´Starting To Pretend´ zeigt die gefühlvolle Seite, ´The Deep Dark Night´ treibt mit pulsierender Intensität, während die Zugabe ´Food And Coffee´ den perfekten Ausklang liefert. Und dieser Coup: ´Brand New Toy´ schon vor der Halbzeit – ein Hit, den sie nicht schonen müssen, weil danach kein einziger Song abfällt. Spätestens bei ´Loved´ oder ´Rome Wasn’t Built In A Day´ kocht der Saal.

Klanglich ist das Ganze ein Geschenk. Der Mitschnitt des WDR klingt so intim, dass man meint, die Band spiele im eigenen Wohnzimmer. Das Mastering von Willi Dammeier setzt den letzten Glanz. Auch visuell liefert die Produktion brillante Bilder, geschmeidig geschnitten, nah dran am Schweiß, an der Euphorie, an diesen unverfälschten Momenten, die nur eine echte Rockpalast-Nacht erzeugen kann. Ungekürzt bleiben alle Ansagen und kleinen Geschichten drin, was dem Ganzen diese Unmittelbarkeit gibt, die so oft bei Live-Alben fehlt. Das Package atmet obendrein echte Rockpalast-Tradition: schwarz-weißes Artwork, limitierte Doppel-LP in zufälliger Farbe, CD/DVD-Kombiversion, digitaler Release.

´Live At Rockpalast 2022´ zeigt, dass die JEREMY DAYS ihre Leichtigkeit, melodische Größe und Wärme bewahrt haben – reifer, energischer und kompromissloser denn je. Wer nach dem Hören nicht sofort Lust auf die kommenden Live-Shows bekommt, hat schlicht kein Herz für Gitarrenpop. Für alle anderen gilt: Platte ins Regal, Nadel drauf – und ab geht die Saiten-Party.

https://www.facebook.com/thejeremydays

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