
Stevie Nicks – Bella Donna:
Ein Solo-Aufbruch mit Zauberkraft
Als ´Bella Donna´ im Sommer 1981 erschien, stand Stevie Nicks an einem Wendepunkt. Seit 1975 hatte sie mit FLEETWOOD MAC Weltruhm erreicht, mit ´Rumours´ die Popgeschichte geprägt und nebenbei eine der kompliziertesten Liebesgeschichten der Rockwelt mit Lindsey Buckingham hinter sich gebracht. Während der turbulenten ´Tusk´-Phase begann sie, an einem eigenen Traum zu feilen, an Songs, die keinen Platz im Mac-Kosmos fanden, aber tief aus ihrer eigenen Welt kamen. In Jimmy Iovines Haus in den Pacific Palisades, zwischen Meeresrauschen, Perserteppichen und dem Lachen ihrer Freundinnen Sharon Celani und Lori Perry, nahm diese neue Welt Gestalt an.
Magie, Schmerz und der Drang nach Freiheit
´Bella Donna´ ist kein Befreiungsschlag mit lautem Knall, sondern eher ein Zauberspruch, der sich in die Luft schleicht. Der Titelsong zieht einen gleich in diese Welt voller schwebender Harmonien, leichtem Countryflirren und Texten über Liebe, Verlust und das bittersüße Gift des Rock’n’Roll-Lebens. Inspiriert von einer tragischen Liebesgeschichte in Chile, spürt man umgehend, wie Stevie Nicks an dieser Stelle beginnt, ihr eigenes Universum zu bauen.
Danach folgt ´Kind Of Woman´, leichtfüßig und sehnsüchtig, bevor Tom Petty bei ´Stop Draggin’ My Heart Around´ die Gitarren schärft. Dieser Song, nicht von ihr geschrieben, wirkt wie ein kleiner Bruch im Album – kantiger und härter – doch gerade dieser Kontrast macht ihn packend. Stevie Nicks stemmt ihre samtige Stimme gegen Tom Pettys raues Timbre, ohne je an Magie zu verlieren.
´Think About It´ klingt, als würde sie eine alte Freundin wieder aufrichten, ein einst für Christine McVie angedachter Song. Und ´After The Glitter Fades´, ihr ältestes Stück auf der Platte, blickt mit einem melancholischen Lächeln auf Ruhm und Showbiz, besonders auf die Glitzerfalle Hollywood, in der trotzdem Träume wachsen.
Die weiße Taube erhebt sich
Auf Seite zwei hebt Stevie Nicks richtig ab. ´Edge Of Seventeen´ besitzt ein hypnotisches 16tel-Gitarrenriff, pochend wie Adrenalin, darüber ihre Stimme, rau, kraftvoll, voller Trauer. Sie schrieb ihn in einer Woche, in der sowohl ihr Onkel als auch John Lennon starben und verwandelte den Schmerz in einen Rockklassiker über Tod, Unschuld und Unsterblichkeit.
´How Still My Love´ entschleunigt danach alles wieder, sinnlich und schwer atmend. ´Leather And Lace´, ihr Duett mit Don Henley, ist pure Magie. So klingen zwei Stimmen, die wie Sonne und Mond einander vorsichtig umkreisen. ´Outside The Rain´ klingt wie eine Sommernacht in L.A., wenn der Regen auf heißem Asphalt zischt, und ´The Highwayman´ schließt das Album mit Western-Romantik und bittersüßer Wehmut.
Ein Solo, das alles veränderte
Mit ´Bella Donna´ bewies Stevie Nicks, dass sie mehr als nur ein Teil von FLEETWOOD MAC war. Das Album stieg auf Platz 1 der Billboard-Charts, brachte vier Top-40-Hits hervor und erhielt mehrfach Platin. Doch hinter dem Glanz lag auch Schmerz, denn genau an dem Tag, als das Album die Spitze erreichte, erfuhr Stevie Nicks, dass ihre beste Freundin Robin Anderson an Leukämie erkrankt war. Dieses Drama überschattete jahrelang die Freude über den Erfolg. Sie wurde später Taufpatin von Robins Sohn und heiratete für kurze Zeit dessen Vater, Kim Anderson.
´Bella Donna´ ist Stevie Nicks erstes richtiges eigenes Statement. Es ist ein Werk, das Mythos und Musik im Leben untrennbar miteinander verbindet. Zudem lebt es von dem unverwechselbaren Zauber einer Frau, die selbst inmitten von Tragik zur Königin des Rock’n’Roll wurde.
Hintergründe und Anekdoten
Vor über 40 Jahren nahm Stevie Nicks zwischen Chaos und Magie ihr erstes Soloalbum auf – und kaum jemand ahnt, wie viele Geschichten darin verborgen sind. Die Songs waren teilweise Jahre alt: ´After The Glitter Fades´ schrieb sie bereits 1972, andere wie ´Think About It´ oder ´Leather And Lace´ entstanden zwischen 1975 und 1980, lange bevor sie in perfekter Form auf ´Bella Donna´ landeten. Viele Stücke lagen bereits als Demos vor, während Stevie Nicks zwischen ´Tusk´-Sessions und Tourneen an ihrem Solo-Traum feilte.
Manche Hits hätten ohne kleine Zufälle nie existiert: Für ´Stop Draggin’ My Heart Around´ rief Stevie Tom Petty an, der das Stück bereits mit den Heartbreakers fertig hatte – dieser Anruf katapultierte den Song auf das Album und machte ihn zu einem ihrer größten Solo-Erfolge. Ähnlich verhielt es sich bei ´Edge Of Seventeen´. Der Titel entstand aus einem Missverständnis. Tom Pettys Frau erzählte Stevie, dass sie Tom mit siebzehn Jahren kennengelernt hatte. Stevie verstand Edge of Seventeen und formte daraus ein episches Lied über Trauer und Verlust, inspiriert von John Lennons Ermordung und dem Tod ihres Onkels in derselben Woche.
Der Titeltrack selbst trägt eine doppelte Bedeutung: ´Bella Donna´ bezeichnet nicht nur die „schöne Frau“, sondern auch die giftige Pflanze Belladonna – ein Symbol für Schönheit, Verführung und Gefahr, das perfekt zu Stevie Nicks Leben in dieser Zeit passte.
´Leather And Lace´ schrieb Stevie ursprünglich für Waylon Jennings, der sie um einen Song mit genau diesem Titel gebeten hatte – erst später entstand das berühmte Duett mit Don Henley. Die Backing-Sängerinnen Sharon Celani und Lori Perry begleiten Stevie Nicks seit diesem Album auf allen Solo-Platten und Tourneen.
Die Platte entstand mit einem kleinen, handverlesenen All-Star-Team: Waddy Wachtel an den Gitarren, Roy Bittan (E-Street Band) am Piano, Russ Kunkel am Schlagzeug, dazu Tom Petty, Don Henley und die beiden Sängerinnen Sharon Celani und Lori Perry. Viele Musiker stammten aus ihrem Freundes- und Sessionkreis, darunter Benmont Tench, Mike Campbell und Donald „Duck“ Dunn – ein echter Rockstar-Pool. Stevie ließ ihnen viel kreativen Freiraum, wodurch die Songs den lebendigen, organischen Sound erhielten, der ´Bella Donna´ bis heute atmen lässt.
Nicht alle Songs schafften es auf die Platte: Stücke wie ´Blue Lamp´ oder ´Sleeping Angel´ landeten zunächst auf Soundtracks oder in späteren Boxsets. Insgesamt nahm Stevie 16 Songs auf, 10 wurden Teil von ´Bella Donna´.
Rhino High-Fidelity-Vinyl
Aktuell hat “Rhino” eine besondere, limitierte Ausgabe von ´Bella Donna´ auf hochwertigem, 180g-Vinyl veröffentlicht.
Die Platte wurde von Kevin Gray direkt von den originalen Stereo-Masterbändern in AAA-Qualität geschnitten und bei “Optimal” gepresst. Das schwere, glänzende Gatefold-Cover birgt einen exklusiven Einleger mit Liner Notes von Bob Mehr. Nur 5.000 nummerierte Exemplare wurden weltweit hergestellt.
Das Ergebnis ist ein Hörerlebnis, das den Zauber des Albums neu aufleben lässt, fast als wäre man mitten in den Aufnahmesessions der frühen Achtzigerjahre. Das Mastering ist ausgewogen, mit genau der richtigen Mischung aus Bass und Höhen – detailreich, transparent, ohne aufdringlich zu sein. Für Vinyl-Liebhaber ist dies eine Edition, die Klangqualität, Handwerkskunst und Sammelwert auf einmal vereint – ein greifbarer Tribut an ein Album, das seit über vier Jahrzehnten Herzen bewegt.
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