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DEEP PURPLE – Rapture Of The Deep (20th Anniversary Remix)

2005/2025 (earMUSIC / Kontor New Media / Edel Germany) - Stil: Hardrock

Vor zwanzig Jahren, Frühjahr 2005, DEEP PURPLE stehen wie ein alter Tanker ohne Kompass in weiter Ebene. Kein Label im Rücken, das Vorgänger-Album ´Bananas´ ohne großen Zuspruch, und mit Don Airey ein neuer Keyboard-Zauberer, der noch nicht ganz in der DNA der Band angekommen ist. Anstatt die Segel zu streichen, schließen sich Ian Gillan, Roger Glover, Ian Paice, Steve Morse und Don Airey in Michael Bradfords kleinem Homestudio fünf Wochen lang ein, ohne Plan B, ohne Sicherheitsnetz. Heraus kommt ´Rapture Of The Deep´, das 18. Studioalbum einer Legende, die keiner mehr auf der Rechnung hat. Doch die Platte fällt durch. Zu ungestüm, zu roh, zu wenig Mythos. Ein echter Geheimtipp bleibt sie, während DEEP PURPLE in den Folgejahren plötzlich zu einer neuen Siegesserie ansetzen, die ihnen vier Nummer-1-Alben einbringen.

Und genau an dieser Stelle setzt die neue Jubiläumsausgabe von ´Rapture Of The Deep´ an — mit einem Mix, der die Songs endlich in jenes Licht rückt, das sie schon damals verdient hätten. Roger Glover höchstpersönlich hat sich mit Produzent Eike Freese in den Hamburger “Chameleon Studios” an jeden einzelnen Track gesetzt. Kein schnelles Aufpolieren, sondern echtes Handwerk, analog gemastert, detailverliebt entkernt und neu zusammengesetzt. Das Ergebnis ist verblüffend. Dieses Album klingt nicht mehr wie ein Relikt aus unsicheren Tagen, sondern wie ein frischer Schlag Hardrock mitten ins Jahr 2025.

Der Opener ´Money Talks´ dröhnt jetzt mit mächtigem Bassfundament und Ian Gillans bissigem Zynismus aus den Boxen. Danach schnürt ´Things I Never Said´, vor zwanzig Jahren nur ein Japan-Bonus, einen schnellen, straffen Rock-Brecher, der Steve Morse’ Gitarren wie Stahlseile reißen lässt. Der Titelsong ´Rapture Of The Deep´ selbst, einst ein wenig dumpf, schillert nun in voller Tiefe – orientalische Harmonien, zischende Becken, Ian Gillans Gesang wie ein echter Mann auf Sturmfahrt. ´Clearly Quite Absurd´ bleibt die fragile Ballade des Albums, doch jetzt umhüllt von Don Aireys feinen Mellotron-Schleiern.

´MTV´ bringt bissigen Spott auf den Musikzirkus mit bissigem Uptempo und einem Refrain, der direkt aus der Mark-II-Ära stammen könnte. ´Back To Back´ hämmert danach wie eine stampfende Maschine, während ´Wrong Man´ mit bluesigem Groove und Steve Morse’ zersägter Strat für ein staubiges Wüstenfeeling sorgt. ´Girls Like That´ ist purer Rock’n’Roll-Spaß, ´Kiss Tomorrow Goodbye´ eine funkige Riffsalve, und ´Don’t Let Go´ schaltet dann einen Gang runter, mit breiten Gitarrenflächen und Ian Gillan in seltener Wärme. Den regulären Schlusspunkt setzen ´Junkyard Blues´, ein brodelnder Slowburner mit einem elektrisierenden Steve Morse-Solo, und ´Before Time Again´ als leiser Epilog, der die Platte wie einen Sonnenuntergang ausklingen lässt.

All diese Songs tönen nun, als hätten sie nie etwas anderes sein wollen als pures Hardrock-Gold. Die “20th Anniversary Edition” von ´Rapture Of The Deep´ ist keine bloße Restaurierung, sie ist eine Wiedergeburt. Was einst wie ein heillos unterschätztes Kapitel wirkte, zeigt sich nun als kraftvoller Brückenschlag in die Moderne der Band. Glasklar, druckvoll und voller Herzblut. Wer die alte Veröffentlichung kennt, wird sich verwundert Augen und Ohren reiben. Dieses Album klingt jetzt, als hätten DEEP PURPLE nie aufgehört, hungrig zu sein.

 

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Pic: Bruce Payne

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