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PARADOX – Mysterium

2025 (High Roller Records/Soulfood) - Stil: Thrash Metal

PARADOX waren nie nur eine Thrash-Band unter vielen. Seit 44 Jahren trägt Charly Steinhauer die Fackel durch Höhen und Tiefen, Line-up-Chaos und lange Pausen. Mit ´Mysterium´ zeigt er, dass er allein die ganze Maschinerie antreiben kann – Gitarren, Bass, Vocals, selbst das programmierte Schlagzeug stammen komplett von ihm. Nur das Mastering hat er Patrick W. Engel überlassen. Das Ergebnis ist ein Sound, der so präzise wie ein Skalpell schneidet und gleichzeitig diese rohe Energie der Achtziger atmet.

Der Einstieg mit ´Kholat´ entfacht nach einer kurzen Einführung sofort einen gnadenlosen Sturm aus Riffs, Tempo und Aggression, der keine Sekunde zum Durchatmen lässt. Danach rollt ´Abyss Of Pain And Fear´ heran, ein epischer Koloss von über sieben Minuten, der inspiriert vom Film “Midnight Express” zwischen thrashigen Attacken und kraftvollen Power Metal-Hooks pendelt. Der Refrain bohrt sich in den Schädel, während der dunkle Mittelteil eine überraschende, fast schon rhythmische Schwere entfaltet, bevor Soli wie Flammen emporpeitschen.

Mit ´Grief´ zieht plötzlich Stille und Wehmut ein. Dieses Instrumental ist nicht nur eine Atempause, sondern eine ehrliche Hommage an Axel Blaha, den 2023 verstorbenen Mitgründer der Band. Danach schaltet ´Those Who Resist´ sofort wieder in den Angriffsmodus, technisch ausgefeilt, voller Bay-Area-Feeling, aber immer mit dieser melodischen Kante, die PARADOX unverwechselbar macht. Dagegen ist ´One Way Ticket To Die´ pure deutsche Thrash-Schule, schnell, direkt und hart. Wo andere Bands kompliziert denken, schlägt Charly Steinhauer hier einfach unbarmherzig zu.

´Pile Of Shame´ nimmt ein wenig Tempo raus und lässt die Riffs massiver walzen. Hier schimmert tatsächlich ein Hauch von früher US-Schule durch, mit diesen bissigen Midtempo-Attacken, die sich wie ein Schraubstock festziehen. Mit ´Tunguska´ öffnet sich die Platte für ein kurzes Zwischenstück ins Atmosphärische. Dann kommt ´Fragrance Of Violence´, schnell, brutal und kompromisslos, wie es der Titel vorgibt. Der Titeltrack ´Mysterium´ zeigt die ganze Spannweite von Charly Steinhauers Songwriting. Traumdeutung als Thema, getragen von einem Wechselspiel aus Melodie, Dynamik und scharfkantigen Riffs, wird das Stück zum Mittelpunkt des Albums.

´The Demon God´ dagegen ist wieder pures Thrash-Gewitter, ohne Rücksicht auf Verluste, ein Song, der über sieben Minuten lang den Nacken endgültig zerstört. Als Bonus (leider nur) auf der CD schließt ´Within The Realms Of Gray´ den Kreis. Melodischer, hymnischer im Klangbild, passt er aber erstaunlich gut ins Gesamtbild und lässt das Album auf eine epische Note ausklingen.

´Mysterium´ ist nicht nur ein spätes Kapitel in der Geschichte von PARADOX, es ist ein Triumph. Jeder Song hat ein eigenes Gesicht, jedes Riff trägt Gewicht, und die Mischung aus Thrash-Wucht und Power Metal-Melodien ist so stark wie selten zuvor. Charly Steinhauer liefert hier sein persönlichstes, fokussiertestes Werk seit ´Heresy´ – und man spürt, dass er mit jeder Faser hinter diesen Songs steht. Ein Album, das gleichermaßen zum Headbangen, zum Mitfühlen und zum Wiederhören zwingt.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/paradoxthrash


(VÖ: 26.09.2025)

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