
MASTODON – Blood Mountain
2006 (Reprise) - Stil: Sludge Metal/Progressive Metal/Alternative Metal
Es fühlt sich immer noch unwirklich an, über den tragischen Tod von Brent Hinds zu schreiben. Seit Jahrzehnten hat er mit seinem unverwechselbaren Gitarrenspiel und seiner rauen Stimme nicht nur seine Hauptband MASTODON geprägt, sondern auch mein eigenes Verständnis von Rock- und Metal-Musik verändert.
Für mich war Hinds nie „nur“ Musiker – er war ein furchtloser Klangabenteurer, der sich nie mit einfachen Lösungen zufriedengab. Als langjähriger Fan tröste ich mich in dieser schweren Zeit mit dem, was bleibt: der Musik. Und es gibt kein Werk, das für mich seine Genialität und die Energie der Band so eindrucksvoll festhält wie ´Blood Mountain´.
Dieses Album ist bis heute mein unangefochtenes Lieblingswerk der vier Klangalchemisten aus Atlanta, Georgia – ein wilder, komplexer und zugleich zutiefst menschlicher Trip, der Hinds’ Kunst für immer unsterblich macht.
´Blood Mountain´ ist jedenfalls ein wahrer Koloss voller Riff-Magie und geradezu überirdischem Schlagzeugspiel, und beginnt mit einem Brückenschlag zum Vorgänger ´Leviathan´ mit ´The Wolf Is Loose´. Stilistisch ist es das am archaisch klingendste Stück auf diesem Album, und der Opener plündert erneut jene versunkenen Schatztruhen funkelnder Riffs, die schon die Erstlingswerke so erfolgreich machten.
´Blood Mountain´ führt auch die elementaren Themen fort, die bereits im bisherigen Werk des Quartetts präsent waren, und während der Erstling ´Remission´ das „Feuer“- und ´Leviathan´ das „Wasser“-Album waren, gilt dieses hier als das „Erde“-Album.
´Crystal Skull´ rückt erneut Brann Dailors atemberaubendes Schlagzeugspiel in den Vordergrund, und die Beats umzingeln einen wie in einem Zangenangriff und lassen die sich windenden, drehenden, überschlagenden Riffs eine Frontalattacke starten. Auch live ist der Song nach wie vor ein absolutes Highlight.
´Capillarian Crest´ ist ein facettenreiches, unaufhörlich brodelndes Monster, das seine Wildheit trotz ständiger Stilwechsel nie aufgibt, und das Instrumentalstück ´Bladecatcher´ bricht mit atemberaubenden Passagen an polyrhythmischen Riffings voran und wird ergänzt durch chaotische Ausbrüche furchteinflößender Geräuschkaskaden.
´Colony Of Birchmen´ ist ungemein heavy, wirkt aber zugleich zugänglicher, eher hart groovend und schneidend, während ´Hunters Of The Sky´ einen ähnlich eingängigen, aber nicht minder brutalen Weg der Schwere beschreitet.
Die größte Überraschung dürfte jedoch in der THIN LIZZY-artigen Harmonisierung und den akustischen Klangräumen von ´This Mortal Soil´ liegen.
Dailors gewohnt beeindruckendes Schlagzeugspiel wird in Sachen Unterhaltungswert von Brent Hinds` urtümlichen Growls und seinen wunderbar mystischen und symbolischen Texten ergänzt.
´Blood Mountain´ ist in seiner Gesamtheit genial komplex und zugleich befriedigend direkt – es ist unmittelbar, akribisch ausgearbeitet und dennoch vollkommen organisch in Gefühl und Fluss.
Dieses triumphale dritte Album einer Band, die sich erfolgreich jeder präzisen Schubladisierung entzieht, verdient ohne Zweifel die Höchstwertung.
Favorites: ´Crystal Skull´, ´Sleeping Giant´, ´Capillarian Crest´, ´Colony Of Birchmen´, ´Siberian Divide´
(Klassiker)
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Pics: Reprise Records (Band Photo + Illustrations),
Live Photo Brent Hinds: Alfred Nitsch,
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