PlattenkritikenPressfrisch

JOHN ZORN & DAVE LOMBARDO – Memories, Dreams, And Reflections

2025 (Tzadik) - Stil: Avantgarde

Zack. Keine Gnade. Keine Vorwarnung. Nur Saxofon und Schlagzeug. Keine Kompromisse, keine Zügel. Zorn und Lombardo, zwei Namen wie Peitschenhiebe, wie Schriftsätze im brennenden Notenpapier. Ihr Album ´Memories, Dreams, And Reflections´ ist kein Album, ist kein Schutzraum, hat acht Tracks – und ist ein fieser Trip. Dieser geht zurück bis in die verstrahlten Spätsiebziger, in die Free-Jazz-Explosionen New Yorks, als Zorn im CBGB’s genauso zuhause war wie in der Welt der braven Saxophonisten, wo jedoch schnellstens Strukturen sterben mussten. Und Lombardo? SLAYER hin oder her, der Mann war schon immer mehr. Sogar in ´Postmortem´ lauerte längst das Freie, das Wahnsinnige. Wer dachte, FANTOMAS war der Zenit, erlebt hier den Abriss. ´Sacred Beasts´ schneidet wie Rasierklingen. Kein Beat. Kein Groove. Eine Beschwörung. Zorn quietscht, blubbert, heult. Lombardo prügelt. ´Brethren´ klingt wie ein Free-Jazz-Rausch auf Acid. Das Schlagzeug brodelt, während Dämonen über den Asphalt schreiten. ´A Dangerous Requiem´ ist ein Gebet, ein Angriff oder ein Trauermarsch durch Industrial-Noise-Gelände. Und dann ´Scimitar´. Lombardo wirft Blastbeats wie Dolche. Zorn keucht, beißt, röchelt, bis das Sax kreischt wie eine Kreissäge. Atemlos. Du schreist, aber deine Stimme geht in der Musik verloren. In ´Hail And Thunder´ spricht Zorn zum Schlagzeug, derweil Lombardo zwischen Jazzride und Doppelfußpedal tanzt. In ´Timestead´ summt Zorn flirrende Mikroklänge ins Nirwana, während Lombardo flüstert, grollt und brodelt. Kurz Luft. Die Zeit steht still. Oder auch nicht. Denn ´Santeria´ macht Voodoo mit Becken. Trance mit Snare. Der Groove ist schräg, der Takt verliert und Ornette trifft King Crimson in einem Albtraum auf Speed. Der letzte Schuss. Das Manifest. Die Meditation. Die Explosion. Der Saxofonist als Prediger. Der Drummer als Schamane. In ´Tractatus´ reißen sie die Welt auf, schauen rein. Und lachen. Und summen. Doch keine Melodie zum Mitsummen. Kein Refrain. Kein Sicherheitsnetz. Dafür ein Schrei in der Beklemmung. Das hier ist Zorn, der Zornigste. Und das hier ist Lombardo, ist lombardisch, ist frei. Ohne Riff. Ohne Solo. Nur Atmung und Instinkt. Die Musik ist kein Jazz, kein Metal, aber Kunst ganz sicher. Es ist freie Improvisation, aber keine Sinnlosigkeit. Es ist Struktur im Chaos. Emotion in Trümmern. Zorn & Lombardo? Das ist eine Naturgewalt. Ein verdammter Vulkanausbruch auf Tzadik. Zack.

https://www.facebook.com/nroznhoj
https://www.facebook.com/thedavelombardo

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"