
NOVALIS – Vielleicht Bist Du Ein Clown
1978/2025 (MiG Music) - Stil: Prog Rock
Im Nebel der späten Siebzigerjahre, als sich der Progressive Rock seiner monumentalen Epen entledigte, erheben sich NOVALIS, jene Hamburger Formation, die seit 1971 mit deutschen Texten und einer unverkennbar romantischen Aura die progressive Rocklandschaft prägte. ´Vielleicht Bist Du Ein Clown´ markiert ihr fünftes Studioalbum, erschienen 1978 auf dem kultigen “Brain”-Label und produziert von Achim Reichel. Die ikonische Hülle entstammt den Händen der legendären Design-Schmiede “Hipgnosis”, deren surreal-poetische Kunstwerke auch PINK FLOYD zierten.
Das Album entfaltet sich in sechs Kapiteln, in denen jeder Ton in einem Gleichgewicht neben dem anderen schwebt. NOVALIS pflegen ein harmonisches und partnerschaftliches Miteinander, das weit entfernt von krautrockigen Egotrips die Musik atmen lässt. Hier tanzen alle im gleichen Takt, um ein luftiges Klanggemälde zwischen Romantik und Rock zu erschaffen.
Der Opener ´Der Geigenspieler´ entwirft ein träumerisches Porträt eines Straßenmusikers, getragen von sanften Mellotron-Wolken, akustischer Gitarrenromantik, dem theatralisch eindringlichen Gesang Fred Mühlböcks und natürlich einem Gastauftritt von Walter Quintus (Ex-PARZIVAL) an der Violine.
Die beiden Instrumentalstücke in der jeweiligen Vinyl-Seiten-Mitte, ´Zingaresca´ und ´City Nord´, öffnen unterschiedliche musikalische Fenster. Das eine ist ein lebendiger, fast tänzerischer Dialog zwischen Saiten, das andere ein elektronisches Stadtbild mit rhythmischen Zuggeräuschen, das sich fließend in einen rockigen Sound hüllt. Besonders letzteres erzählt von urbaner Bewegung, von Nächten, die pulsieren.
´Manchmal fällt der Regen eben lang´ schwingt zwischen eingängigem Pop und subtiler Komplexität, ein Stück mit Hit-Qualitäten, dessen vertrackte Melodie und Drumpattern unter die Haut gehen, ohne je ins Oberflächliche abzudriften. Der seltsam herausstechende Titelsong ´Vielleicht bin ich ein Clown?´ ist eine dramatische, vielschichtige Komposition, der nicht nur die Flöte einen gewissen Glanz verleiht. Das Finale ´Die Welt wird alt und wieder jung´ ist ein schlichtes, aber bewegendes Arrangement, das Friedrich Schillers ´Hoffnung´ neu vertont.
Musikalisch steht ´Vielleicht Bist Du Ein Clown´ für einen stilistischen Wandel, der sich vom symphonischen Prog der Frühphase löst und sich einer klareren, songorientierten Ästhetik zuwendet. NOVALIS spielen keine langen Epen mehr und adaptieren keine Gedichte romantischer Schriftsteller mehr. Die magischen Jahre der Bandgeschichte gehören somit endgültig der Vergangenheit an.
Doch trotz der kurzen Spielzeit von nur 34 Minuten vermag das Album, eine andere, eine zeitlose Atmosphäre zu erzeugen, die heute noch genauso faszinierend wirkt wie damals. Die Bandmitglieder – Detlef Job (Gitarre, Gesang), Heino Schünzel (Bass, Gesang), Fred Mühlböck (Gesang, Gitarre, Flöte), Lutz Rahn (Keyboards) und Hartwig Biereichel (Schlagzeug) – kreieren hier die perfekte Symbiose aus Romantik, Rock und subtiler Progressivität.
Und das Jahr 2025 beschenkt uns mit diesem feinen Juwel aus der Vergangenheit in Form einer auf 500 Stück streng limitierten Vinyl-Wiederveröffentlichung – ´Vielleicht Bist Du Ein Clown´, auf farbigem, zufällig ausgewähltem Vinyl – nur für echte Liebhaber und Sammler der feinen Klangsphären deutscher Rockgeschichte.