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WE CONTAIN MULTITUDES – Minako

2025 (Expert Work Records) - Stil: Math / Psychedelic Rock

Dreiköpfig, instrumental, und die Zeit war längst reif dafür. Das, was da aus den staubigen Ecken des Post Hardcore, Math Rock und einem eher freien Geist hervorströmt, ist das Debüt von WE CONTAIN MULTITUDES. ´Minako´ enthält sieben ausgereifte Stücke, die aus vielen Jahren des Stillstands, geografischen Distanzen und anderen Herausforderungen hervorgegangen sind. Das Trio fand sich nämlich bereits 2017 zusammen, aber mit den Distanzen zwischen New York, Tucson und London war es nicht einfach, einen gemeinsamen Proberaum zu finden. Und dennoch ist das Album ein lebendiges, atmendes Ganzes und scheint direkt aus dem Inneren eines glühenden Planeten herauszusprühen.

WE CONTAIN MULTITUDES sind auch keine Neulinge. Sie sind erfahrene Musiker. Jon Fine, bekannt von Bands wie BITCH MAGNET oder DON CABALLERO, spielt Gitarre mit viel Gespür. Orestes Morfin, dessen Schlagzeugkünste bei BITCH MAGNET oder WALT MINK gewürdigt wurden, bringt den Rhythmus mit einer spürbaren Energie. Und dann ist da Simon Kobayashi, der von SMALLGANG oder HURTLING bekannte Mann am Bass. Obwohl er eigentlich Gitarre spielt, bringt er so viel Melodie in seine Basslinien, dass sie oft die schönsten Teile des Songs sind.

Der Titelsong ´Minako´ ist gleich zu Beginn ein 16-Minuten-Epos. Die Gitarren flirren über den Sand hinweg, öffnen eine psychedelische Spirale, der Bass presst Luftlöcher in den Sand, öffnet das Tor zum Doom, und das Schlagzeug bricht aus dem Boden wie ein Vulkan. Dagegen ist ´Can We Just Not?´ schärfer im Ton und führt mit ständigen Rhythmuswechseln eine Achterbahnfahrt zwischen den Hügeln durch, samt OXES und STEELY DAN im Tapedeck, während ´D9´ kurz und knackig zwischen Punk und Mathrock rollt, mit einprägsamen Gitarrenriffs und dem Einfluss von Bands wie DON CABALLERO und SONIC YOUTH.

Bei einem Titel wie ´We Are All Fucked´ ist bereits vorab alles klar. Der Song ist düster, aber nie hoffnungslos, und unterdessen wird ein Bassriff zur treibenden Kraft. ´Bathroom Drugs´ ist schräg und auf eine Art und Weise verwirrend, die allerdings fast bedrohlich wirkt. ´Jeitinho´ explodiert in Zeitlupe, hypnotisch, jazzig, und kombiniert NEUROSIS mit CAN bei einem starken Espresso. Der finale Track ´Atkins´ ist nochmals ein 9-Minuten-Epos, bei dem Produzent Abe Seiferth mitgeschrieben hat. Der Sound ist klarer und explosiver, repetitiver Minimalismus trifft auf maximale Wirkung. Das ist Postrock mit der Energie eines Tsunamis, nur kontrollierter.

Stilistisch zelebrieren WE CONTAIN MULTITUDES Post Rock, aber nicht mit einer übertriebenen Dramaturgie. Ihr Sound enthält sicherlich ebenso mathrockige sowie frische psychedelische Elemente, aber die Lieder wirken niemals kalt und sparen den alten Kitsch aus.

´Minako´ ist das Ergebnis von jahrelanger musikalischer Weiterentwicklung. Es ist ein Erlebnis. Es ist vielleicht spät dran, aber brennt hell und klar. Diese Band hat sich die Zeit genommen. Es gibt keine Kompromisse.

WE CONTAIN MULTITUDES sind einfach drei Musiker, die in ihrem kreativen und musikalischen Eifer so richtig aufgehen und daraus etwas Großes schaffen.

(8,5 Punkte)

https://expertworkrecords.bandcamp.com/album/minako

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