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TIGER MOTH TALES – A Song Of Spring

~ 2022 (White Knight Records/Just For Kicks Music) – Stil: Prog Rock ~


Da hinten schleicht er sich an. Ich rieche ihn schon. Das Wetter bricht auf. Die Natur erwacht. Mensch wie Tier frohlocken. Die Blüten fangen an, sich bald in einem Meer zu zeigen. Die Sonne schiebt all die grauen Wolken zur Seite. Der Frühling ist da. Und Pete Jones singt ihn förmlich herbei.

Nachdem das Multitalent 2017 mit seinem Projekt TIGER MOTH TALES noch die Schönheit des Winters im Studioalbum ´The Depths Of Winter´ besang, ist es passenderweise aktuell an der Zeit, den Frühling zu preisen. ´A Song Of Spring´ heißt sein neuestes Werk, das die Jahreszeit für die Magnolienblüte, die Mandelblüte oder auch die Osterglocken einläutet.

Pete Jones hält allerdings ganz andere Erzählungen bereit. Im Anschluss an das allein mit Gesang und Grand Piano eher introvertierte Studioalbum ´The Whispering Of The World´ lebt er sich wieder ganz im Progressive Rock und seinen Facetten aus und erzählt eigene Geschichten, welche von Elizabeth Holden (´The Goddess And The Green Man´), John Holden (´Holi´, ´Rapa Nui´) sowie eine gemeinsam mit den Holdens (´Light´).

Die Ausgelassenheit des Progressive Rock steht ´Spring Fever´ förmlich ins Gesicht geschrieben. Einige Bläsereinsätze runden dabei das Bild ab. Neugeboren, musikalisch aufblühend, lebt sich TIGER MOTH TALES in der Theatralik von GENESIS aus, nutzt allerdings im Gesangsvortrag die Leichtigkeit aus der Richtung von YES, so dass auch FLOWER KINGS-Liebhaber zufrieden gestellt werden. Das Solo aus der Blasinstrumentenecke bereitet den Hörer bereits auf den Hidden-Track ´May Time´ vor, der eine alte Hymne im Fusion-Jazz-Format vorträgt. Doch bis dahin steht noch eine Dreiviertelstunde lang der niemals alt werdende Prog Rock im Vordergrund.

Dabei könnten die Flöten zu Beginn von ´Forester´ ebenso auf einen Folk-Song hindeuten, doch die Musik schlendert schlichtweg federleicht auf der Promenade des 70s Prog Rock und erzählt dabei cineastisch eine Fantasy-Geschichte, die auf dem Werk „Tree of Seasons“ des verstorbenen Sängers Stephen Gately (BOYZONE) beruht, das dieser in Anlehnung an C. S. Lewis  und J. R. R. Tolkien geschrieben hatte, es aber vor seinem Tod nicht ganz vollenden konnte.

Noch interessanter gestaltet sich die Konzeption des Chorgesangs im zehnminütigen ´Dance `til Death´, anfangs mit Akustikgitarre, dann mit Saxofon und natürlich ausgiebigen Synthesizer-Landschaften, als Auslegung von Igor Strawinskys Orchestermusik für Ballett, weltbekannt unter dem Titel „Die Frühlingsweihe“/ „Rite Of Spring“, aber umstritten.

Im ethnischen und orientalischen ´Holi´ machen sich sodann über eine kurze Distanz die Gesänge á la Jon Anderson ebenfalls prächtig. Bevor allerdings in ´Mad March Hare´ nochmals die Fröhlichkeit vom Gesang direkt ins ganze Gesicht getragen wird und eine epische Seereise zu den Osterinseln namens ´Rapa Nui´ weitere liebliche Gesänge offenbart, erzählt Pete Jones am Klavier im kleinen ´The Goddess And The Green Man´ samt Flöte die Geschichte vom Waldkönig und der Erdgöttin.

Die letzten acht Minuten vor der sechsminütigen Hidden-Zugabe gehören der größten Kostbarkeit des Frühlings, dem Licht. ´Light´ hält ein Gitarrensolo von CAMELs Andy Latimer bereit, schließlich gehört Pete Jones seit einigen Jahren zur Besetzung der englischen Rock-Legende, und gibt sich optimistisch dem Heilungs- und Reinigungsprozess hin, um den überwundenen Schmerz aus der Vergangenheit und den verstrichenen Jahreszeiten in Freude und im Lichte strahlen zu lassen. Sei willkommen, Frühling.

(Big 8 Points)

https://www.facebook.com/TigerMothTales/