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LETCHEN GREY – Party Politics

~ 1986/2021 (Lost Realm Records) – Stil: Hardrock/Melodic Metal ~


Auch wenn viele heutzutage die Nase rümpfen, der Hollywood-Hair-Metal bestimmte in den Achtzigerjahren für einige Jahre die Szene. West Hollywood und der Sunset Strip, das Gazzarri’s oder das The Troubadour wurde für viele zum Wohnzimmer. Auch für Bands wie LETCHEN GREY, die allerdings keinen großen Ruhm ernten konnten.

Gegründet 1982 von den Brüdern Doug und Tommy Pittam unter dem Namen SEXIST, die auch mal Gilby Clarke (GUNS N‘ ROSES) und Jake E. Lee (OZZY OSBOURNE) in ihren Reihen hatten, veröffentlichten sie nach dem Weggang von Jake E. Lee zu ROUGH CUTT ein Demo in der Besetzung Doug Pittam (Gitarre, später LOVE/HATE, PAUL SHORTINO, GILBY CLARKE BAND), Mike Zaputil (Bass, später AGENT STEEL), Mark Andersen (Gitarre), Dan Mateik (Gesang) und Robbie Blackmore (Drums). Letztere drei kamen von der Gruppe ENERGY.

Diese Besetzung hielt aber auch nicht lange und SEXIST implodierten spätestens als Sänger Robert Sykes zu Mike Zaputil, Mark Andersen und Robbie Blackmore stieß und sie den Namen in LETCHEN GREY abänderten. In diesem Line-up spielten sie die Sunset-Strip-Clubs rauf und runter, The Troubadour und The Roxy oder The Country Club in Reseda und Dancing Waters Club in San Pedro. L.A.s Radio-Station KNAC wurde auf sie aufmerksam und sie traten mit GREAT WHITE, POISON, HURRICANE und CONEY HATCH auf. Während sie im Sommer 1985 Demo-Aufnahmen anfertigten, wurde auch Alan Niven auf sie aufmerksam gemacht. Der Manager nahm in der Folge LETCHEN GREY ebenso wie GREAT WHITE, GUNS N‘ ROSES und DOKKEN unter seine Fittiche.

Da der Traum nicht lange währte, blieb LETCHEN GREYs EP ´Party Politics´ aus dem Jahre 1986, in der Besetzung Sänger Robert Sykes, Gitarrist Mark Andersen, Bassist Rick Asevo und Schlagzeuger Robbie Blackmore, die einzige Veröffentlichung – ungeachtet des von Alan Niven höchstpersönlich und äußerst zeitgemäß entworfenen Cover-Konzeptes.

All dem zum Trotze wird ´Party Politics´ in diesen Tagen von „Lost Realm Records“ wiederveröffentlicht. Die fünf Songs der EP werden von den vier SEXIST-Demo-Songs aus 1983, plus einem der Demo-Songs nochmal in seiner Version vom ´Metal Massacre´-Sampler III, auf Albumlänge erweitert.

Allein der bedächtig beginnende Opener der EP, ´Bring On The Night´, trägt den Hörer wieder umgehend in die Achtzigerjahre zurück. Wer sie erlebt hat, wird sofort mit einem wohligen Kopfkino belohnt. Obwohl Robert Sykes‘ Stimme nicht unbedingt die voluminöseste ist, passt in diesem Falle alles bestens zusammen, gerade weil der Geist des theatralischen Hardrock/AOR durch diese musikalischen Adern fließt. Vergleiche mit Q5 bieten sich bereitwillig an. Das sich anschließende ´Playing With Fire´ ist der erwartete Metal aus jenen Tagen. Leichtfüßig aufspielend, aber kraftvoll in der Ausdrucksweise der Gitarre und mit der gewissen Mitsing-Garantie im Gesang. ´Can’t Help It´ will sich mit seinem mehrstimmigen Refrain-Gesang förmlich zum Hit emporstilisieren und ´No Way Out´ lässt in ähnlicher Weise die Gitarrensaiten wieder mehr rauchen. Dagegen besitzt ´Sexie Sadie´ den Rock’n’Roll-Appeal für Freitagabend an der Bar.

Geht der Eröffnungssong des SEXIST-Demos, ´Fire & Wind´, eingesungen hatte dieses Demo Dan Mateik, noch als früher Metal in die Annalen ein, und landete daher auch auf dem ´Metal Massacre´-Sampler, kommen in ´Friday Night´ die Rock’n’Roller zum Vorschein. ´The Jet Stream´ und ´Slice Of Life´ bleiben jedoch ebenso wie die einstige Produktion von Don Dokken hinter den Taten zurück, die im Anschluss als LETCHEN GREY aufs Band gebracht wurden. SEXIST waren schlichtweg die Fußnote in der Geschichte von LETCHEN GREY und sind auf der Wiederveröffentlichung als Bonus ein gern gesehener Gast.

Die Quintessenz: In keiner erstklassigen Sammlung mit einer Achtzigerjahre-Affinität sollte LETCHEN GREY fehlen. Und ´Bring On The Night´ wird selbst in weiteren 30 Jahren gehört und gesungen werden.

https://www.facebook.com/LetchenGrey