Livehaftig

HELL OVER HAMMABURG 2018

9. bis 10. März 2018, Markthalle Hamburg


Bereits zum sechsten Mal findet das grandiose HELL OVER HAMMABURG wie gewohnt in der Hamburger Markhalle statt, welches mit über 1.000 Besuchern erneut ausverkauft ist. Nach der legendären letzten Ausgabe war es somit Pflicht, den Norden mal wieder zu besuchen.

Der Mix aus Hard Rock bis Black Metal ist hier einzigartig und unterscheidet das Festival von anderen. Für viele ist das HELL OVER HAMMABURG mittlerweile nicht nur ein Festival, sondern ein Familientreffen geworden und für viele startet mit diesem auch die Festivalsaison.

Wir machen uns wie auch in den letzten Jahren schon am Donnerstag auf den Weg nach Hamburg. Geradeso wie im letzten Jahr gibt es im Bambi Galore eine Warm-up-Party, diesmal mit FVNAREL FVKK und ATTIC. Da wir die Gelegenheit bekommen werden, ATTIC im Laufe der nächsten Monate mehrmals live zusehen, wollen wir es ruhiger angehen lassen und haben der Warm-up-Party nicht beigewohnt. Außer ein paar Ecken der Stadt zu besichtigen und ein paar Bierchen einiger von uns noch nicht besuchter Brauereien zu genießen, ist für uns an diesem Tag nichts mehr geplant.

Wie auch in den letzten Jahren spielen die Bands am Freitag nur auf der großen Bühne der Markhalle, während am Samstag neben der großen Bühne (cap.1100) auch auf der kleinen Bühne im Marx (cap.250) die Post abgehen wird. Somit kommt es am Samstag leider manchmal wie in den Vorjahren zu einigen Überschneidungen, welches den einen oder anderen Besucher vereinzelt vor eine schwierige Entscheidung stellt.

Der Freitag startet überpünktlich um 16:00 Uhr mit GEVURAH, einer Black Metal-Band aus Kanada. Nach einem fast 10-minütigen Intro geht es endlich los und sofort nimmt man wahr, wie unfassbar gut der Sound in der Markthalle ist. Schnell stellt sich aber Ernüchterung ein: Die Band überzeugt uns recht wenig, der Auftritt beinhaltet keinerlei Atmosphäre und veranlasst viele Besucher, schnell die Flucht nach draußen an die Biertheke zu ergreifen.

Deutlich besser erweisen sich die Schweden DEAD KOSMONAUT. Sänger Per „Hellbutcher“ Gustavsson kennt jeder von dessen Hauptband Nifelheim und Gitarrist Fredrik Folkare, ebenfalls bekannt u. a. durch Unleashed. DEAD KOSMONAUT haben aber musikalisch nichts mit deren Hauptbands zu tun, sondern spielen epischen Hard Rock/Doom Metal – gepaart mit klassischem Heavy Metal der Marke Maiden/Priest. Die Halle ist jetzt schon so gut wie komplett voll und man hat schon fast Angst, es könnte noch viel voller werden, jedoch wird einem schnell klar, dass bereits jetzt fast alle Besucher des Festivals in der Halle sind. Sänger „Hellbutcher“, mit seinem British Lion-T-Shirt, zeigt erneut seine Liebe zu Maiden und als Zugabe gibt es obendrauf ´Killers´ was jetzt schon die erste, kleine Überraschung des Festivals ist.

Jedes Festival ist ja auch wie ein kleines Familientreffen und da die Umbaupausen nicht immer ausreichen, um den ein oder anderen lang ersehnten Austausch mit Gleichgesinnten Familienmitgliedern rechtzeitig zu unterbrechen, verpassen wir fast den kompletten Auftritt von ULTHA, was im Nachhinein sehr ärgerlich ist, da sich bei den letzten Songs, die wir doch noch ergattern können, herausstellt, dass der Auftritt wahnsinnig gut gewesen ist. Die erst vor drei Jahren gegründeten Kölner spielen überragenden Black Metal, eine an Wolves In The Throne Room meets Emperor erinnernde Mischung. Und live ist das Ganze extrem beeindruckend. Die beiden Sänger Chris und Ralph wechseln sich gesanglich oft ab, was in der Form auch nicht so oft zu sehen ist. Der großartige Sound, das Licht und die Atmosphäre sorgen für eines der intensivsten Black Metal-Auftritte seit langem und den mit Abstand besten Black Metal-Auftritt des gesamten Festivals.

Danach liefern SAVAGE MASTER, eine Band, die entweder geliebt oder gehasst wird, was vor allem an der Stimme von Sängerin Stacey Peak liegt. Ihre kreischige (ein wenig an Micky Maus erinnernde) Stimme ist schon sehr gewöhnungsbedürftig. Das gewohnte Sado Maso-Outfit sorgt überall im Publikum für grinsende Gesichter, die Musik ist zum Glück deutlich anspruchsvoller, und wer die Band zwei Jahre zuvor auf dem Keep It True-Festival gesehen hat, kann eine deutliche Verbesserung feststellen, vor allem Stacey macht ihren Job sehr souverän. Das Bier geht runter wie Öl, der Kopf nickt, die Faust oft in der Luft… ja, sie haben alles richtig gemacht!

Die legendären DIAMOND HEAD überzeugten uns live leider noch nie so wirklich und auch jetzt wirkt das Ganze nicht viel besser. Songs wie ´Borrowed Time´, ´Lightning To The Nations´ oder ´Am I Evil´ sind Klassiker, die man immer wieder gerne hört. Doch das Ganze klingt eher wie eine gute Coverband, es ist ganz nett, aber auch nicht mehr. In der Halle wird es auch immer leerer.

MASTER´S HAMMER sind die heutigen Headliner, die kultige Legende aus Tschechien hat mit Alben wie ´Ritual´ und ´Jilemnický Okultista´ zwar gute Black Metal-Alben geschrieben, aber den Hype um die Band kann ich nicht wirklich nachzollziehen. Live sieht das Ganze auch nicht viel anders aus, Black Metal, so wie ich es Liebe, ist das definitiv nicht. Einem großen Teil des Publikums, mitunter den langjährigen Fans der Band, scheint das Gebotene jedoch zu gefallen, daher hat der Veranstalter alles richtig gemacht. Danach lassen die Kräfte nach – somit hat sich das mit der Aftershow Metaldisco für uns heute auch erledigt.

Die erste Band am Samstag in der großen Halle sind die Spanier THE WIZARDS. Wir haben überlegt, ob wir sie uns überhaupt anschauen sollen, da die Band für mich eher überbewertet ist, haben uns aber zum Glück dann doch dazu durchgerungen. THE WIZARDS entpuppen sich als überraschendes Highlight, was vor allem an dem am ganzen Körper tätowierten Sänger liegt, der die Halle zum Kochen bringt. Dieser sucht ständig den Kontakt zum Publikum, was ihm auch sehr gut gelingt und musikalisch ist es dann auch ganz in Ordnung. Eine Band, die man im Auge behalten sollte. Die Jungs machen schon ordentlich Spaß.

Die nächste Band kennen wir überhaupt nicht und vor allem die schiefe Gesangleistung veranlasst uns, die Halle nach ca. zehn Minuten wieder zu verlassen. Das Ganze klingt für mich wie eine kauzige, schlechte Version von alten Priest und Blue Öyster Cult. Zusammen mit den Black Metallern GEVURAH sind die Kanadier SPELL in meinen Augen die langweiligste Band des Festivals.

Die mit großem Abstand beste Gesangleistung des Festivals kommt von Tanya von den Griechen UNIVERSE217. Alle Blicke sind wie hypnotisiert nur auf sie gerichtet, da sie mit ihrer dunklen, kraftvollen Stimme alle in ihren Bann zieht und mehrfach für meterdicke Gänsehaut sorgt. Musikalisch sind UNIVERSE217 nicht so einfach einzuordnen, von Ambient/Doom/Blues bis Sludge/Drone ist irgendwie alles vertreten. Leider beendet die Band, aus welchem Grund auch immer, ihren Auftritt zehn Minuten früher, was sehr schade ist, denn man bekommt sie hierzulande nicht so oft zu sehen.

Zum ersten Mal gehen wir in das kleine Marx, um OLD MOTHER HELL zu bewundern. Die Mannheimer haben mit ihrem ersten Epic Heavy Doom-Mini-Album alles richtig gemacht und sind zurecht eine der angesagtesten Bands der letzten Jahre. Obwohl der Sound dort, wo wir stehen, leider nicht ganz optimal ist, macht es trotzdem viel Spaß. Eine Band, die sehr viel Potenzial hat und die man sehr wahrscheinlich in Zukunft oft zu Gesicht bekommen wird.

Nach über 20 Jahren soll ein neues SOLSTICE-Album erscheinen. Ein „neues“ Album, auf welchem die Hälfte der Songs bereits auf der 2016 erschienenen EP ´To Sol A Thane´ erschienen ist, womit sich die Band bei mir nicht sehr beliebt gemacht hat. Der Auftritt ist trotzdem große Klasse und man sieht überall erfreute, enthusiastische und durstige Fans, was für noch mehr Bierumsatz sorgt. Die ganze Zeit sieht man den Mann des Tages, Jake Rogers von Visigoth in der ersten Reihe ausflippen, welcher dann auch noch beim letzten Song ´Cimmerian Codex´ eine Strophe kurz mitsingen darf. Trotz des sehr guten Auftritts, einen faden Beigeschmack habe ich da trotzdem…

Danach müssen wir uns entscheiden, entweder VENENUM, die letztes Jahr mit ihrem Debüt-Album ´Trance Of Death´ eines der besten „progressiven“ Death Metal-Alben der letzten Jahre veröffentlicht haben oder VISIGOTH, die angesagteste Band der Stunde, welche mich persönlich auf Platte bisher nicht so umgehauen hatte. Nach dem überragenden Auftritt von VISIGOTH eine Woche zuvor auf dem „FullMetal Osthessen“ ist die Entscheidung jedoch leicht auf VISIGOTH gefallen. Die Band hat seither auf ihrer dreiwöchigen Europatour u. a. in den vielen Clubkonzerten das Publikum regelrecht umgefegt, was sich dann auch rasch rumgesprochen hat. Dies macht sich nun bei dem letzten Auftritt ihrer Tour auf dem HELL OVER HAMMABURG ebenfalls bemerkbar. Die Besucher warten teilweise schon während des Auftritts von TRAVELIN JACK vor dem Marx, scharren schon mit den Hufen und kaum ist der Auftritt von TRAVELIN JACK beendet, stürmen die Fans ins viel zu kleine Marx, welches schon nach ein paar Minuten komplett überfüllt ist. Sänger Jake Rogers, der die letzten Konzerte kaum mehr sprechen konnte, was jedoch keinerlei Auswirkungen auf dessen gesangliche Leistung hatte, ist in unfassbarer Topform und sorgt mit seiner gesamten Ausstrahlung und seinem Posing für strahlende Gesichter im Publikum. Von der ersten bis zur letzten Reihe rastet das Publikum komplett aus, wie man es sehr selten erlebt, und die Halle wird sehr schnell zu einer Sauna. Von dieser Tour wird man noch in Jahren sprechen, eine unfassbar sympathische Band, die man einfach lieben und unterstützen muss.

Danach war leider keine Pause, total durchnässt geht es umgehend in die große Halle. Dort warten die mächtigen ATLANTEAN KODEX, um das Festival zu beenden. Noch geflasht von eben, dauert es ein bis zwei Songs, ehe wir uns komplett konzentrieren können. Erst bei ´Pilgrim´ sind wir voll dabei und feiern die Band. Eine Band, die ich mir live immer gerne anschaue und die mir live viel mehr gibt als auf Platte. Ein neuer Song, der sehr überzeugen kann, wird auch vorgestellt und macht Lust auf mehr. Als letztes holt die Band Jake Rogers von Visigoth auf die Bühne, welcher sich erst einmal nicht traut, auf die Bühne zu kommen, dann aber zusammen mit Markus Becker die Zugabe ´Atlantean Kodex´ singt. Dieser berührende Auftritt wird für ewig bei allen Anwesenden in Erinnerung bleiben.

Somit geht ein in allen Bereichen überragendes Festival zu Ende, welches dieses Jahr schwer zu toppen sein wird. Jetzt heißt es also wieder ein Jahr zu warten, aber der Countdown hat begonnen.