Livehaftig

DARK EASTER METAL MEETING 2017

~ 15./16.04.2017 München, Backstage ~


 

„Es ist schön, am Ostersonntag für den Herrgott zu spielen!“

Tom G. Warrior (Triptykon, ex-Hellhammer, ex-Celtic Frost) auf dem Dark Easter Metal Meeting 2014


Das Dark Easter Metal Meeting hat sich durch seine exquisite Bandauswahl immer direkt am Puls des metallischen Untergrunds, sowie die urlaubspraktischen Ostertage, an denen es stattfindet, inzwischen zu einem Pflichttermin für die ungläubigen schwarzen Massen aus ganz Europa entwickelt, und ist daher jedes Jahr weiter gewachsen. Die sechste Ausgabe fand nun folgerichtig zum ersten Mal an zwei Tagen statt – und war bereits im Vorfeld komplett ausverkauft.


Samstag, 15. April 2017

Schon auf dem Pilgerweg zum Münchner Backstage hörte man um sich herum einen fast babylonischen Sprachenmix und konnte sich anhand der Kutten der wartenden Death-/Black-/Dark-/Doom-Jünger einen Überblick über das Spektrum der zu erwartenden Bands verschaffen – und das war sehr breit gefächert.

Das Backstage öffnete am Karsamstag für die ersten acht Bands die Halle und den Club, am Ostersonntag kam zusätzlich noch das größere Werk dazu, insgesamt konnte sich der Fan bei sehr fairen Ticketpreisen über 25 Bands an den beiden Tagen freuen. Freundlich und engagiert war auch das gesamte Personal von der Security bis zur Pommes-Verkäuferin, man hatte den Eindruck, auf einem perfekt organisierten metallischen Familienfest zu sein, auch viele Musiker hatten sich unter die Zuhörer gemischt. Das verschachtelte Areal des Backstage bot zudem ausreichend Platz für großzügige Merchandise-Räume, Signing-Sessions sowie diverse Bars, um möglicher Dehydrierung entgegenzuwirken. Für Verpflegung war ebenfalls gesorgt, wobei dies einer der wenigen Kritikpunkte war: das nächste Mal bitte mehr Auswahl und Kapazität, dann muss auch keiner vom Gelände herunter, um den knurrenden Magen zu besänftigen. Denn ein Festivaltag beim DEMM ist lang, er beginnt am frühen Nachmittag und endet erst im Morgengrauen, wenn die Aftershowparty dann irgendwann doch ausklingt…

Ein Festival bietet für mich neben der Musik nicht zuletzt die Gelegenheit, alte und neue Freunde aus allen möglichen Ecken des metallischen Paralleluniversums zu treffen, daher ist dies kein kompletter Überblick zu allen Bands. Vielmehr schildere ich im Folgenden vor allem meine persönlichen DEMM-2017-Highlights – und derer gab es so einige.

Los ging es mit dem hochmelodisch-düsteren Schwarz(wald)metall von IMPERIUM DEKADENZ. Keine Spur von Startschwierigkeiten bei dem (dank VARGSHEIM-Mitgliedern) live zur Band erweiterten Duo – die Fans gingen sofort ab, schwelgten in dunklen Hymnen vom aktuellen Album ‚Dis Manibus‘, schwangen die Matten zum epischen ‚Staub und Erinnerungen‘ oder dem supereingängigen ‚A Million Moons‘. Die Band wusste uns zu verzaubern; ihre Stärke, Atmosphäre, Dynamik und Aggression zu einem größeren Ganzen zu verbinden, wurde voll ausgespielt, man vergaß für eine Weile Zeit und Welt um sich – einfach ein Genuss!

 

Dies wurde vom Publikum auch gebührend gewürdigt, und es war schade, dass Zugaben generell beim DEMM durch den straffen Zeitplan unmöglich waren. Übrigens zeigte sich schon jetzt, dass in der Halle der Sound in besten Händen war – ein großes Kompliment an den Mischer für ungetrübten Klanggenuss an beiden Tagen!

Nun schnell rüber, der kleinere Club füllt sich, als die Lokalmatadoren von GILGAMESH die Bühne entern – um uns direkt wegzublasen. Da stehen souveräne Könner auf der Bühne, die allerfeinsten progressiven, okkult und sehr schwarz angehauchten Death Metal mit altmesopotamischem Konzept zum Besten geben. Was hier geboten wird, nenne ich mal abwechslungsreich – hier donnern die Blastbeats, da duellieren sich die Gitarren (hammergeile Leads!), der Bass legt einen fetten Groove unter alles, und Sänger Emanuel growlt und singt sich mit enormer Bühnenpräsenz und toller Klarstimme durch das mitreißende Programm.

Schade, dass Emanuel die Band demnächst verlassen wird, diesen Frontmann zu ersetzen dürfte nicht ganz einfach werden. Hochgereckte Fäuste, wehende Matten, Luftgitarristen, die jeden Break abfeiern bei Krachern wie ‚Slaying In The Name Of Ishtar‘. Die 40 Minuten sind leider viel zu schnell herum … GILGAMESH`S Debütalbum ‚The Awakening‘ wird dann auch mein erster Kauf am Merch-Stand, der immer wieder in den zwei Tagen Anlaufpunkt zum Informieren oder Quatschen wird.

Aber schnell zurück in die Halle zu einem meiner absoluten Faves: keine Band steht mit breiteren Beinen und noch breiterem Grinsen auf der Bühne als DESERTED FEAR! Die Thüringer Deathler sind nach familienzuwachsbedingter Live-Pause offensichtlich extrem heiß, endlich wieder live aufzutreten und nehmen uns sofort komplett mit auf die Fahrt zu den ‚Dead Shores Rising‘.

Simon an den Drums treibt alle nach vorne, ein Nackenbrecher folgt auf den nächsten, die Spielfreude ist der Band deutlich anzumerken, die Songs kommen arschtight und der klare, druckvolle Sound tut sein Übriges – ab dem Klassiker ‚Kingdom Of Worms‘ singt das Publikum unaufgefordert im Chor und beschert der ungläubigen Band damit fette Gänsehaut.


Wer zuvor noch nicht warm war, zerrt sich beim Propellerheadbangen die Nackenmuskeln, die ganze Meute ist einfach nur noch am Feiern! Ein starker Einstieg in die bevorstehende Tour mit MANTAR und DEATHRITE.

Sänger Mane lädt alle Exilthüringer noch zur anschließenden Signing-Session bei mitgebrachtem Pfeffi ein – hier gibt es nur Gewinner!

Jetzt braucht es erst mal eine ausgiebige Pause, um die Reserven wieder aufzufüllen, so dass ich die Griechen RAVENCULT leider verpasse – soll ein geiler Gig gewesen sein, wie man so hörte. So stehen die Black Thrasher eben weiter auf meiner Liste. Die folgenden SARKOM können mich dann leider genausowenig packen wie OUTRE aus Polen, die ich als (no pun intended…) irgendwie farblos empfand. Schade, dass hier nicht mehr drin war.

So endete der erste Tag für mich wieder in der Halle. Der heutige Headliner ist Karl Willets neue Kapelle MEMORIAM – und für viele war es eine Art Überraschungs-Osterei: wieviel BOLT THROWER steckt denn da drin?

Nun, da gingen die Meinungen anschließend auseinander. Fakt ist, Herr Willets hatte enormen Spaß an der Sache und auch fähige Mitstreiter, doch so recht wollte der Funke (so wie bei der Live-Dampfwalze BOLT THROWER eigentlich immer üblich) nicht überspringen.

Hier wurde solider Death Metal geboten, und viele im Publikum wussten dies auch zu goutieren und eröffneten immer wieder Moshpits, die sich jedoch nicht lange hielten. Vielleicht hatte die Band einfach einen schlechten Tag, oder sie muss erst live zueinander finden – da ist jedenfalls noch viel Luft nach oben.

 


Sonntag, 16. April 2017

Der zweite Festivaltag beginnt für mich kurz nach dem Frühschoppen gleich mit den großen Sinnfragen, verpackt in drastisch-brutale deutsche Texte, und damit mit dem, tja , Post-? Dark-? Prog-?, eigentlich viel mehr und ganz anders als all dies, aber wer unbedingt Kategorisierungen braucht, auf jeden Fall Death-/Doom-Metal-Trio VALBORG aus Bonn.

Ich bin ja generell ein großer Fan der reduzierten Dreierbesetzung, und wie viel da an Druck und Intensität drinstecken kann, wird hier wunderbar vorgeführt. Bassist Jan und Gitarrist Christian teilen sich den Sängerjob demokratisch auf, je nachdem was gerade an Sprechgesang, cleanem oder – jaaa, ich kann’s mir bei ihren Texten einfach nicht verkneifen – gekotztem (‚Blut am Eisen‘!) gebraucht wird. Der Auftritt mit Stücken vor allem aus dem aktuellen Werk ‚Endstrand‘ (unsere Lieblingszeile aus ‚Stossfront‘: „Stein auf Stein, ich mauer mich ein…“) und der Vorgänger-EP ‚Werwolf‘ kommt wesentlich mid-tempolastiger als erwartet daher, stoisch von Schlagzeuger Florian vorangepumpt. VALBORGS Musik ist teilweise nur noch auf Rhythmen reduziert, umso besser kann man den Texten folgen, und so manchen schaudert ganz offensichtlich bei dem, was er da an eiskalt-endzeitlichen Widerwärtigkeiten mit Bezügen zur Dreifaltigkeit Sex, Atomkrieg und Tod zu hören bekommt, trotzdem stampft die Menge begeistert mit den Rheinländern mit. Hier wird in Zukunft noch so einiges auf uns zurollen! Ein ebenso gefühlvoller wie krasser, aber mitreißender Einstieg in die heutige zweite Runde.

Und darauf nun als kompletten Kontrast: Mädchenmusik in der Halle! DÉCEMBRE NOIR … hach, war das schön – einer meiner persönlichen Höhepunkte des DEMM ’17. Und das nicht, weil ich nun mal ein Dezemberkind bin. In Thüringen schreibt es sich offenbar ganz leicht wunderbar düstere, romantische Musik.

Doch dass mich keiner falsch versteht: die Jungs waren im Publikum weiterhin in der Überzahl, schließlich wird hier klassisch melodischer Death Metal mit überdeutlichem Doom-Einschlag zelebriert – und das im Wortsinne, die Band wurde abgefeiert!

 

Faszinierend mitzuerleben, wie sich eigentlich rein individuelle Gefühle wie Einsamkeit, Verzweiflung und Depression durch Musik auf eine Meute, die diese Themen aufsaugt wie ein Schwamm, übertragen, und wie sich die Stimmung im Raum dadurch einfärbt: auf einmal war es eher Winter als Frühling, eher Mitternacht als Kaffeezeit, und trotzdem fühlte man sich wohl und irgendwie geborgen in diesem vieldimensionalen Klangkosmos.

Lars‘ tief gegrowlter Gesang harmoniert wunderbar mit der gigantischen, wieder kristallklar abgemischten Gitarrenarbeit von Martin und Sebastian, darunter pumpert der Doublebass-dominierte Rhythmus den Herzschlag der Lieder, die natürlich vor allem vom aktuellen, zweiten Album der Erfurter ‚Forsaken Earth‘ stammen.

Das Ganze war die berühmte runde Sache, und daher will ich hier gar keine einzelnen Songs herausheben – könnte ich zugegebenermaßen auch gar nicht, denn ich war einfach nur weggebeamt auf Wolke 7, zumal die Erfurter auch was für’s Auge bieten. Ganz große Kunst, hoffentlich gibt es ganz bald neue Lieder aus Deutschlands grünem Herzen!

Jetzt wird es in diverser Hinsicht eng, ab sofort muss man sich den weiteren Tag gut organisieren, denn mit Öffnung des Werks, der größten Backstage-Halle, spielen die Bands parallel – und es sind mittlerweile auch wesentlich mehr Besucher da als gestern. Den Anfang machen hier MOURNING BELOVETH, und wie eigentlich alle folgenden Acts haben sie deutlich mit dem problematischen, oft arg dünnen Sound zu kämpfen.

Auch sie ihres Zeichens Death-Doomer, will der Funke bei mir heute einfach nicht überspringen, aber vermutlich bin ich einfach immer noch emotional tief im Thüringer Wald verloren. Die Iren verstehen es mit ihren elegischen, rauen, meist sehr langsamen Songs (‚The Sickness‘) trotzdem, ihre Fans in ihren Bann zu schlagen. Mich zieht es jedoch zurück in die Halle.

Was haben sich die Veranstalter bei dieser emotionalen Achterbahnfahrt heute bloß gedacht? Hier steht uns nun FÄULNIS bevor … und ich war zugegeben skeptisch, ob mich der (oder die) Hamburger mit ihrer Mischung aus Black Metal, Doom und nicht zuletzt Punk überzeugen würden, bislang hat mir die Band einfach nichts gesagt.

Doch dieser kraftvolle Auftritt eines Getriebenen, ganz nahe am Wahnsinn hat mich gepackt und nicht mehr losgelassen. Seuche treibt seine extrem guten Mitmusiker nach vorne und immer weiter, die Band legt einen dichten, punkig-Schweden-DM-geprägten Soundteppich unter seinen Seelenstriptease und rockt die mitgröhlende Halle, dass der Schweiß nur so trieft. Wie immer in dieser Location ist klanglich alles erste Sahne, die Gitarren schön vorne, Bass und Schlagzeug grooven, einfach geil!

Zum abschließenden „Weiße Wände“ holt Seuche sich diesmal Marrok von ANOMALIE/HARAKIRI FOR THE SKY als Duettpartner. Damit ist alles gesagt, bzw. geschrien, und das Publikum bleibt zurück wie von einem Bulldozer überrollt.

Bei AHAB geht momentan so einiges, und auf dem Weg zum ‚Roadburn Festival‘ und später im Jahr sogar nach ‚Wacken‘ schippern die Mariners of Funeral Doom nochmal die Isar hoch nach München. Mit einem sehr atmosphärischen Gig entführen sie die Seeleute im großen Werk in die Untiefen der Ozeane, es riecht da und dort auf einmal recht würzig im Publikum, die behutsame Lightshow tut das ihre dazu, dass man sich hier hinweg träumen, aber auch immer wieder mitreißen lassen kann.

  

Ich habe die Band noch nie in einer so großen Location gesehen, aber muss feststellen, dass ihre Musik keineswegs nur in kleinen Clubs funktioniert: hätte Fronter Daniel nicht mit heftigen soundtechnischen Problemen zu kämpfen, es wäre eine perfekte Fahrt durch ihre mittlerweile vier Alben geworden.

 

AHAB beenden ihren Set stilecht mit ihrem Lieblingswal ‚Moby Dick‘ und ‚The Hunt‘ von ihrem Debut ‚The Call Of The Wretched Sea“, und wir wünschen der Band weiterhin allzeit eine Handbreit Wasser unter dem Kiel!

HARAKIRI FOR THE SKY rufen zwar nicht zum gemeinschaftlichen Freitod auf, aber zurück in die Halle, doch da war ich wohl etwas zu langsam, und die Türen waren erst einmal zu: überfüllt!

Das ist ein weiteres Problem am Ostersonntag, wer sich nicht sputet, hat in den kleineren Venues oft das Nachsehen. Nach einiger Wartezeit durfte ich zwar doch noch rein, habe aber trotzdem leider einen großen Teil des Sets der Österreicher verpasst. Schade, denn deren moderner, emotionaler, stets melodiegeführter und gleichzeitig aggressiver Post-Black Metal zieht mich normalerweise völlig in den Bann – dass das mit der anwesenden Menge auch funktioniert hat, kann ich bei den letzten Songs noch miterleben, hier wird mitgesungen, der Nacken gelockert und die Fäuste gereckt was das Zeug hält. Ich freue mich dann eben wieder auf einen zukünftigen Club Gig.

Bei ASPHYX wurde es dann auch drüben im Werk so richtig voll, die Niederländer liefern ihren krachenden Death Metal von Beginn der Show an mitten auf die Zwölf ab. Sänger Martin unterhält durch launige Ansagen, und das Publikum nimmt den Ball sofort auf und geht tierisch mit. Zitat eines Kenners: „ASPHYX haben’s wie immer gerockt … solide Show und großer Moshpit!“.

Bei mir macht sich mittlerweile jedoch extremer Kohldampf bemerkbar, und da ich keine Lust auf eine halbe Stunde Warteschlange im Regen für ein paar Pommes habe, muss ich mir außerhalb des Geländes etwas suchen, wodurch ich einige Bands verpasse, unter anderem die beiden Black Metal-Koryphäen, wegen denen sicherlich ein Großteil der Anwesenden heute hier sind. Um meine Chronistenpflicht trotzdem zu erfüllen, habe ich Freunde befragt, und biete Euch ein paar Meinungsbilder zu den beiden schwarzmetallischen Headlinern MARDUK und MAYHEM, die in diesem Jahr Spezialauftritte für das DEMM boten. Als erste traten MARDUK mit einer Show zum 20. Jubiläum des ´Heaven Shall Burn … When We Are Gathered`-Albums auf, performten aber auch andere Klassiker, und die Fans belohnten den brachialen, räudigen Black Metal der Schweden mit einem großen Moshpit. O-Töne: “Bei MARDUK war überraschenderweise mehr los als bei MAYHEM”, “MARDUK waren sehr schnell und MAYHEM überraschend gut“ – damit nehme ich nichts vorweg, auf die Aufführung des kompletten `De Mysteriis Dom Sathanas`-Albums hatten sich viele gefreut, es gilt als eines der, wenn nicht überhaupt DAS stilprägende nordische Black Metal Album, und ist durch die Ereignisse rund um seine Entstehung zusätzlich von Legenden umrankt. Dementsprechend wurde MAYHEMs Klassiker dann auch sehr mystisch und geheimnisvoll dargeboten, „MAYHEM haben alles und jeden im Bühnennebel erstickt“. Sänger Attila, wie alle Bandmitglieder in Kapuzengewänder gekleidet, läutete den Reigen der heute dargebotenen schwarzen Messen ein und machte sich an einem Altar mit vielen Kerzen zu schaffen, gespielt wurde das komplette Album, aber auch nicht mehr als das. Wer die beiden Auftritte erlebt hat, war zufrieden, aber nicht unbedingt befriedigt – da hatte man sich doch mehr von versprochen.

Die US-Blackster PILLORIAN schenke ich mir ebenfalls, da ich weiß, ich werde sie in ein paar Tagen auf Tour sehen. Auch das ein Vorteil dieses Termins: ‚Doom over Leipzig‘, ‚Dudefest Karlsruhe‘, ‚Ragnarök‘ und ‚Roadburn‘ finden in ein paar Tagen statt, und die meisten Bands nutzen die Zeit um durch Europa zu touren, und dabei mehrere dieser Frühjahrsfestivals zu beehren, so dass die Fans viele Perlen für wenig Scheine erleben können.

Frisch gestärkt zurück freue ich mich darauf, CARONTE aus Parma endlich mal live erleben zu können. Aber wie beschreibe ich einen Auftritt mit Worten, der mich ausschließlich emotional, sozusagen im Bauch gepackt hat? Italiener können so was eben, alles auf der Gefühlsebene abhandeln, auch wenn diese wie hier tiefschwarz und satanistisch eingefärbt ist.

Und gerade aus Italien kommt immer wieder Neues zum Thema drogengeschwängerte, verschleppte Akkorde, in diesem Fall als leidenschaftlicher, stampfender, wilder Stoner, uns feierlich dargeboten als eine weitere schwarze Messe (Ostern lässt heute wirklich ständig grüßen…) von einem Schamanen des Doom. Kein Song ist hier kürzer als 8 oder 10 Minuten … beschwörend-abgefahren. Woran denkt man üblicherweise, wenn man Parma hört? Richtig, an exquisiten Schinken. Und woran erinnert der extrem vielseitige Gesang und das unglaubliche Stimmvolumen von Sänger Dorian Bones (what a name!)? Genau, an Schinkengott Glenn Danzig himself. So schließt sich der Kreis! Dorian ist der Dreh- und Angelpunkt auf der Bühne, eine charismatisch-würdevolle Frontsau, und führt uns als Fährmann Charon (auf italienisch eben Caronte) durch eine Reise in den Abyss, über den Totenfluss und wieder zurück.

Es verbleibt nach dem superintensiven Gig ein metallischer Nachgeschmack – liegt das an den obligatorischen Münzen, die man für die Überfahrt unter der Zunge haben sollte, oder habe ich mir vor Begeisterung beim Headbangen in die Backe gebissen? Fakt ist, das wird nicht mein letzter Kontakt mit dieser Band gewesen sein. Anspieltipp: ‘Temple Pf Eagles’ von der ‘Church Of Shamanic Goetia’.

Parallel hierzu haben drüben in der Halle die norddeutschen Pagan Black-Metaller HELRUNAR, die sich live in letzter Zeit doch sehr rar gemacht haben, ihre treuen Fans mit einem gelungenen Auftritt beglückt. Wie ich hörte, kamen dabei Lieder wie ‘Nebelspinne’, ‘Unter dem Gletscher’, ‘Magdeburg brennt’ und ‘Devils Devils Everywhere’ zur Aufführung, mit ‘Landsknecht’ gab es sogar eine Live-Premiere.

Und auch die weiteren Bands des zweiten Tages sollen zumindest namentlich erwähnt werden, als da wären: HAILSTONE, ASPHAGOR, ELLENDE und REVEL IN FLESH.

Nun blieb nur noch eine Band übrig, und trotz der vorgerückten Stunde stieg in der Halle eine fast mit Händen zu fassende, vibrierende Spannung an, offenbar wartete nicht nur ich sehnsüchtig auf den abschließenden Höhepunkt des Festivals.

 

Angesagter, innovativer Black-/Dark Metal kommt momentan ja vor allem aus Polen. Und immer mal wieder taucht eine Band auf wie aus dem Nichts … so wie eben c, die erst seit 2015 aktiv sind. Die Identitäten der Musiker sind unbekannt, man tritt live mit einer Art Fechtermasken auf, aber klar ist, hier sind keine Anfänger am Werk. Das Debüt ‚Litourgiya‘ schlug im Untergrund hohe Wellen, dementsprechend fiebert man dem letzten heutigen Ritual entgegen, und ich nehme es mal vorweg – Freunde von mystischem, hochdynamischem, vielstimmigem Black-/ Doom Metal werden nicht enttäuscht.

Nachdem sich der schwarze Vorhang gehoben hat, sieht man auf der fast nur von vielen Kerzen erleuchteten Bühne diverses liturgisches Gerät aus der orthodoxen Kirchentradition, der Totenschädel dazwischen macht jedoch klar, das hier wird kein kuscheliger Ostergottesdienst … vier Chorsänger flankieren einen ikonengeschmückten Altar, vorne der Leadgitarrist, man ahnt Bass und Schlagzeug im dunklen Hintergrund, alle Akteure tragen mit Ornamenten geschmückte, mönchsartige Kapuzengewänder, und eben besagte Masken. Batushka heißt übersetzt Vater, hier im Sinne des Priesters, und dieser betritt nun mit einem Weihrauchschwenker die Bühne, um diese ab sofort zu beherrschen.

 

Er feiert mit jeder Geste diese Liturgie, mit dem Wechsel zwischen Screams und orthodoxen Chants umfasst und akzentuiert er mit den weiteren Sängern die epischen Melodiebögen und plötzlichen, hymnischen Ausbrüche der Gitarren, sowie die mächtigen Gewitter der Rhythmusfraktion (was für ein Hammer Bass!).

 

Mit ständigen Tempowechseln wird ein niemals unterbrochener Spannungsbogen über den ganzen Auftritt aufgebaut, das Publikum ist hypnotisiert von funkelnden Juwelen wie `Yekteniya III, IV, V` oder `VII`, und wohl auch der Ungläubigste würde am liebsten sämtliche aufgeführten Litaneien (die Übersetzung von Yekteniya) mitsingen, wenn er denn der kirchenslawischen Texte kundig wäre.

  

Der Sound ist glasklar und mächtig, die Luft weihrauchgeschwängert, hier steht nach Mitternacht der Black Metaller neben dem Doom-Fan und der Todesbleifraktion, und alle sind einfach nur glücklich – ein mehr als würdiger Abschluss zweier denkwürdiger Feiertage der abgrundtief dunklen Klänge.

Fazit: Das Dark Easter Metal Meeting ist ein sehr feines Festival, das man jedem Jünger der extrem dunklen Klänge uneingeschränkt empfehlen kann. Weiter anwachsen sollte es jedoch nicht mehr; die kleineren organisatorischen Probleme sollten die Veranstalter lösen können, und so kann man nur hoffen, dass sich das Gerücht, der Pachtvertrag des Backstage-Geländes wäre von der Stadt München nur noch einmal verlängert worden, nicht bestätigt, und uns das Dark Easter Metal Meeting noch lange erhalten bleibt!


Pics: U.Violet