
Flashback 2025
~ Unser geliebter kleiner Jahresrückblick ~
Das Jahr 2025 packt langsam seine Koffer, dreht die letzte Runde auf dem Plattenteller – und wir feiern gemeinsam mit Euch die Scheiben, die uns in den vergangenen zwölf Monaten besonders begeistert haben.
Während sich das Jahr seinem Finale nähert, haben sich unsere Redakteure für den FLASHBACK 2025 noch einmal durch ihre musikalischen Höhepunkte gehört, gefühlt, genickt und geheadbangt. Herausgekommen ist eine sehr persönliche Auswahl an Alben, die hängen geblieben sind, berührt, überrascht oder einfach verdammt viel Spaß gemacht haben.
Wie jedes Jahr haben alle Beteiligten ihre liebsten Veröffentlichungen aus 2025 Revue passieren lassen und zu einigen ihrer individuellen Favoriten ein paar Worte notiert – mal euphorisch, mal nachdenklich, mal mit breitem Grinsen im Gesicht.
So können wir Euch auch diesmal wieder die Highlights des Jahres 2025 präsentieren. In diesem, unserem ersten Teil des Flashbacks schwärmen die Redakteure von ihren ganz persönlichen Lieblingsscheiben, bevor im zweiten Teil unseres Flashbacks eine übersichtliche Zusammenstellung der jeweiligen Top 30 folgt.
Und genau hier starten wir nun – mit den funkelnden Schönheitspreisen eines musikalisch prall gefüllten Jahres 2025.
Michael Haifls
Schönheitspreise
CEA SERIN – The World Outside – Von innerer Erkenntnis, Selbstbestimmung und epischer Grenzüberschreitung handelt der Stoff auf dem monumentalen Werk von CEA SERIN. Elf Jahre Stille, elf Jahre gedanklicher Verdichtung, in denen jede Note reifen durfte, bis sie ihren endgültigen Platz gefunden hat. ´The World Outside´ ist kein klassisches Album, sondern ein geschlossenes Universum aus sechs überlangen Epen, die sich zwischen Prog Metal, Extremmetal, klassischer Komposition und cineastischem Erzählen entfalten. Fragilität und Härte, Melancholie und Entschlossenheit verschmelzen zu einer fordernden, nachhaltigen Klangsprache. Dieses Werk verlangt Geduld – und schenkt Tiefe, Emotion und bleibende Wirkung. Schönere, kompromisslosere Klangreisen jenseits aller Genregrenzen kann es in dieser rastlosen Zeit kaum geben.
GREEN CARNATION – A Dark Poem, Part I: The Shores Of Melancholia – Von Verlust, Vergänglichkeit und der bittersüßen Schönheit der Dunkelheit handelt der Stoff auf der eindrucksvollen Rückkehr von GREEN CARNATION. ´The Shores Of Melancholia´ ist der erste Teil eines bewusst langsam erzählten dunklen Gedichts. Schwere Riffs, warme Gitarren, subtile Keyboards und der eindringliche Gesang von Kjetil Nordhus formen eine Atmosphäre zwischen Bedrückung und Trost. Progressive Strukturen treffen auf emotionale Klarheit, Härte auf Verletzlichkeit. Dieses Album ist kein schneller Konsum, sondern ein stiller Begleiter. Schönere musikalische Wege durch Trauer, Hoffnung und seelische Tiefe kann es für suchende Hörer kaum geben.
HELLOWEEN – Giants & Monsters – Von Giganten, Göttern, Menschlichkeit und kosmischer Verbundenheit handelt der Stoff auf dem majestätischen Jubelwerk von HELLOWEEN. ´Giants & Monsters´ ist kein Nostalgietrip, sondern ein selbstbewusstes Voranschreiten. Drei Stimmen, drei Gitarren und ein homogenes Songwriting verschmelzen zu modernen Mythen voller Epik, Pathos und augenzwinkernder Größe. Die Band feiert nicht nur vier Jahrzehnte Geschichte, sondern die zeitlose Kraft des Power Metal. Schönere, hymnischere Geschichten über das Menschsein zwischen Himmel und Abgrund kann es selbst nach all den Jahren kaum geben.
PAVLOV’S DOG – Wonderlust – Von Reife, Melancholie und zeitloser Spielfreude handelt der Stoff auf dem warmherzigen Alterswerk von PAVLOV’S DOG. ´Wonderlust´ ist ein Album voller Erinnerungen, ohne je rückwärtsgewandt zu sein. Geige, Akustikgitarre, dezente Keyboards und David Surkamps unverwechselbare Stimme erzählen von Verlust, Liebe und stillem Staunen. Prog Rock, Folk und klassischer US-Rock fließen organisch ineinander, getragen von Erfahrung und innerer Ruhe. Diese Musik drängt sich nicht auf – sie bleibt. Schönere, würdevollere Reflexionen über das Älterwerden und Weitergehen kann es kaum geben.
DAVID JUDSON CLEMMONS – Everything A War – Von Widerstand, innerem Frieden und der Zerrissenheit unserer Gegenwart handelt der Stoff auf dem kompromisslos ehrlichen Album von DAVID JUDSON CLEMMONS. ´Everything A War´ ist ein musikalisches Manifest gegen Anpassung und Gleichgültigkeit, ohne Parolen. Post Rock, Avantgarde, Metal und Folk verschmelzen zu einer eindringlichen Klangsprache, die Fragen stellt statt Antworten aufzuzwingen. Das Album benennt Schmerz und Zweifel, lässt aber Raum für Hoffnung und Selbstbestimmung. Schönere, tiefere und integrere Klangarbeiten über den Kampf im Außen und den Frieden im Inneren kann es in diesen Zeiten kaum geben.
Marcus Köhlers
Schönheitspreise
DEAFHEAVEN – Lonely People With Power – Mit ´Lonely People With Power´ liefern DEAFHEAVEN für mich das Album des Jahres ab! Seit rund 15 Jahren gelingt es der Band wie kaum einer anderen, die rohe Wildheit extremer Musik mit schwebenden Shoegaze-Momenten zu verbinden, und dieses Album bringt diese besondere Balance nun auf den Punkt. Gewaltige Lautstärke-Tornados, rasende Highspeed-Passagen und ein nahezu pausenloses Riffgewitter treffen auf kurze, fragile Augenblicke, in denen das verletzliche Herz der Band aufscheint. ´Lonely People With Power´ ist eine schwindelerregende Blackgaze-Demonstration voller Tiefe, Wucht und emotionaler Spannung. DEAFHEAVEN beweisen hier eindrucksvoll, dass es einen Raum jenseits aller Genregrenzen gibt – und dass sie ihn besser kennen als alle anderen!
YEAR OF THE GOAT – Trivia Goddess – Die schwedischen Okkult-Rocker YEAR OF THE GOAT liefern mit ´Trivia Goddess´ ein Album ab, das nachhaltig fesselt. Es wirkt gleichermaßen ambitioniert und geerdet, tief im Geist der 70er-Jahre verwurzelt und dennoch klar eigenständig. Jedes Instrument sitzt dort, wo es hingehört und die Arrangements atmen und bauen Spannung auf, statt sie zu ersticken. So entsteht ein Klangbild, das sowohl Wucht als auch Feinfühligkeit transportiert und den Songs ihre emotionale Tiefe verleiht. Besonders stark ist die Unvorhersehbarkeit des Albums: Energetische Höhenflüge treffen auf ruhige, intime Passagen und erzeugen ein organisches Wechselspiel aus Ekstase und Zurückhaltung. ´Trivia Goddess´ belohnt aufmerksames Hören ebenso wie das beiläufige Eintauchen und steht für eine so nur selten gehörte musikalische Freiheit, Ausdrucksstärke und Reife.
KILLSWITCH ENGAGE – This Consequence – KILLSWITCH ENGAGE zählen seit Jahrzehnten zu den prägenden Größen des Metalcore. Seit ihrer Gründung 1999 haben sie einen Sound perfektioniert, der Härte und Melodie mit einem außergewöhnlich starken emotionalen Kern verbindet. Mit ´This Consequence´, ihrem neunten Studioalbum, bekräftigt die Band nun dieses Erbe und präsentiert sich zugleich fokussiert und spürbar neu belebt. Das Album überzeugt durch eine geschlossene Songchemie und eine Konsequenz, die an klassische Stärken erinnert, dabei jedoch modern und ungemein frisch wirkt. Die Produktion ist scharf und druckvoll, ohne die rauen Kanten zu glätten. Durch bewusst eingesetzte, traditionellere Mixing- und Mastering-Ansätze verleihen KILLSWITCH ENGAGE ihrem Sound somit eine neue Tiefe und Energie und schärfen ihr Profil einmal mehr kompromisslos.
CORONER – Dissonance Theory – Das Schweizer Thrash-Trio CORONER machte in den späten 80ern und frühen 90ern mit seinem technisch versierten Ansatz auf sich aufmerksam. Nach mehr als drei Jahrzehnten melden sich die Thrash-Veteranen mit ´Dissonance Theory´ nun zurück – einem kolossalen Werk voller moderner, riffzentrierter Attacken, das technisch brilliert und jeden Thrash-Fan sofort in seinen Bann zieht. Die Produktion ist klar und modern, schärft jedes Detail und glättet nur leicht die rohe Kante früherer Alben. Trotz der langen Pause gelingt eine überzeugende Weiterentwicklung ihres typischen Sounds: eine Brücke zwischen ´Mental Vortex´ und ´Grin´, erweitert um zeitgemäße Wucht und progressive Tiefe. ´Dissonance Theory´ ist kein nostalgisches Comeback, sondern eine mutige Neuinterpretation technischer Thrash-Kunst, die Vergangenheit und Gegenwart eindrucksvoll vereint!
ANNA VON HAUSSWOLFF – Iconoclasts – Mit ´Iconoclasts´ wendet die schwedische Ausnahmekünstlerin ANNA VON HAUSSWOLFF ihre avantgardistische Kunst einem überraschend zugänglichen, zugleich majestätisch-düsteren Pop zu. Wo frühere Werke wie eine Wand aus schwebenden Kirchenorgeln und gotischer Finsternis wirkten, öffnet dieses sechste Studioalbum Räume, die trotz experimenteller Tiefe eine luftige Klarheit atmen. Anna verschmilzt dabei Avantgarde, Pop und sakrale Dramatik zu einem eigenständigen Universum und zeigt sich als Erzählerin epischer Geschichten. Von orchestralen Arrangements bis zu vibrierendem Synth-Bass entfaltet ´Iconoclasts´ eine intensive Dynamik, dramatische Spannungsbögen und epische Momente – ein maximalistisches, düster-gotisches Meisterwerk, das ANNA VON HAUSSWOLFF als eine der eigenständigsten Stimmen der Gegenwart festigt!
Harald Pfeiffers
Schönheitspreise
MESSA – The Spin – Dieses Jahr gab es unheimlich viele Retro-Metal-Veröffentlichungen, oft auf hohem Niveau und sehr gut anhörbar. Die Metal-Bands, die sich aber immer weiter entwickeln, konnte man an einer Hand abzählen. MESSA haben sich von Album zu Album weiterentwickelt. Schon ´Close´ war 2022 eine weitere Verfeinerung ihres ursprünglich stark an den Doom Metal angelehnten Sound. ´The Spin´ geht jetzt noch etwas weiter. Und das klingt nicht gewollt, sondern völlig organisch. Die Band sprüht vor Kreativität und hat mit Sara Bianchin dazu eine Sängerin, die mit viel Originalität gesegnet ist. Songs wie ´Immolation´ oder ´The Dress´ bieten auch nach mehrmaligem Hören immer noch Überraschungen und Feinheiten. Für mich ganz knapp das Album des Jahres. Eine Band, die ihren Weg gesucht und gefunden hat. Ein Gesamtkunstwerk – auch bei der Covergestaltung.
LARKIN POE – Bloom – Es hat ein wenig gedauert. Aber mit ´Bloom´ haben die beiden höchstbegabten Schwestern Rebecca und Megan Lovell alias LARKIN POE ein weiteres hervorragendes Album vorgelegt und jetzt sind die beiden verdientermaßen so langsam in der oberen Rockschublade mit ihrem ehrlichen Southern Rock gelandet. Schon ´Blood Harmony´ kam zu Grammy-Ehren, ´Bloom´ ist wieder im Rennen. Wichtiger als alle Auszeichnungen ist aber ihre Musik, die ganz alleine für sich steht. Southern Rock, Americana, egal, es ist einfach geniale, handgemachte Musik. Die beiden Schwestern bringen eine riesige Ladung Musikalität mit, die mich immer sofort fesselt. Gesang, Gitarren und eine Rhythmus-Gruppe und fertig ist ein musikalisches Gesamtkunstwerk. Ein weiterer Volltreffer der beiden sympathischen Schwestern. Auch die Akustik-EP ist ans Herz aller ehrlichen Rockerinnen und Rocker zu legen.
L.A. WITCH – Doggod – Sperrig und düster gehen die drei Musikerinnen von L.A. WITCH auf ihrem Album ´Doggod´ vor. Damit gehen meine drei Edelmetall-Medaillen dieses Jahr an Musikerinnen bzw. Sängerinnen. Das ist aber eher dem Zufall geschuldet. Die mit einer düsteren, lakonischen Stimme ausgestattete Sängerin und Gitarristin Sade Sanchez und die wuchtige Rhythmusgruppe aus Irita Pai an Bass und Orgel und Ellie English am Schlagzeug lassen die düstere Seite der 80er-Jahre wieder auferstehen und sind doch gnadenlos im Hier und Jetzt. Das erinnert an vergessene Juwelen wie GUN CLUB oder noch mehr Hoffnungslosigkeit verbreitende Bands. Songs wie ´I Hunt You Pray´ oder ´Lost At The Sea´ sind von dunkler Schönheit und passen zum ernüchternden Zeitgeist.
PATRIARCHS IN BLACK – Home – PATRIARCHS IN BLACK sind neben MESSA die zweite Metal-Band, die 2025 eine große Portion Originalität in die etwas in der Wiederholungsschleife gefangene Metal-Welt gebracht hat. Dan Lorenzo (Gitarrist bei HADES, NON-FICTION) und Johnny Kelly (u. a. Drummer bei DANZIG) sind sperrige Musiker, die eine ganze Reihe starke Sänger mit auf ihr Album ´Home´ eingeladen haben. Das ist moderner Heavy Metal gepaart mit Doom und Stoner Rock, mal mit Hardcore Rap und mal mit Streichern. Die beiden mögen vieles, aber keine Schubladen. Nach hinten raus wird die Platte etwas stressig, aber bei 15 Songs gibt es genug Stärken, um locker in meine TOP 5-Liste zu gelangen. Schön, dass es Musiker gibt, die einfach das spielen, was sie mögen.
WHISKEY MYERS – Whomp Whack Thunder – Southern Rock darf in keinem Jahr fehlen. Sind LARKIN POE für die Schönheit und Virtuosität dieser Art von Musik prädestiniert, so stehen WHISKEY MYERS mit ´Whomp Whack Thunder´ in der Tradition der harten Männer der Südstaaten wie LYNYRD SKYNYRD oder THE ALLMAN BROTHERS, aber auch bei Pionieren wie CCR können ihre Wurzeln nachverfolgt werden. Cody Cannon heißt der begabte Sänger und Songwriter, der wie die ganze Band auch optisch so rüberkommt, als wären sie jeden Abend in einer Bar, um den Wüstenstaub aus der trockenen Kehle mit Hilfe von Hochprozentigem zu gurgeln und die eine oder andere Faust fliegen zu lassen. Harte Riffs, kehliger Gesang und die üblichen Stories reichen aus, um mir den Whiskey in die Augen treten zu lassen.
Jürgen Tschamlers
Schönheitspreise
TOWER – Let There Be Dark – Wie schon zur Jahreshälfte meine Nummer Eins in 2025, auch am Jahresende die Nummer Eins. Kein Album habe ich dieses Jahr öfter gehört und wurde nicht im Geringsten gelangweilt. Hier ist alles stimmig: Gesang, Gitarren, Härte, Ideenreichtum, Nachhaltigkeit und ein perfekter Mix aus Heavy Metal und Hard Rock.
MYTH CARVER – Twist Of Fate – US-Edelstahl aus der texanischen Metalschmiede. MYTH CARVER liefern feinsten US Power Metal ohne auch nur den Ansatz einer Verwässerung zu zeigen. Fist, Riff, Screams – dafür steht `Twist Of Fate`.
CHILDZPLAY – First Toy – Auch wenn es eher ein Re-Release ist, läuft auch dieses Album fast schon in Dauerschleife. Die Amis liefern potenten US Metal mit einer leicht kommerziellen Schlagseite und können dennoch neben Truppen wie ESP oder EMERALD (US) bestehen. Ohrwurm-Futter.
MEZZROW – Embrace The Awakening – Nach ihrem phänomenalen Comeback schieben die schwedischen Thrasher ein überdurchschnittliches Thrash Metal-Album nach, das ganz die alte Schule repräsentiert und dennoch nicht ausgelutscht klingt, sondern mit vielen Eigenarten glänzt,
CHASING DEMONS – Echoes From The Past – Norwegen überrascht mit CHASING DEMONS, die ein feines Power Metal-Bömbchen abliefern. Fette Produktion, fette Songs, fettester Heavy Metal. Auch wenn manchmal zu viel IRON MAIDEN drin ist, die Norweger klingen dennoch eigenständig.
Less Leßmeisters
Schönheitspreise
FRONT ROW WARRIORS – Running Out Of Time – Was haben wir geduldig gewartet, gehofft und gebetet… bis endlich die verschollenen Songs von AMPYRE ans Tageslicht kamen und dann auch noch auf Vinyl. Unermessliche Freude konnte schon ein Jahr später verkündet werden, als Elkie Gee mit ihrer neuen Formation am ´Wheel Of Fortune´ drehen und den Hauptpreis beim Hard & Heavy Publikum einstreichen durfte. Nun sind wieder zwei Lenze ins Land gegangen und die FRONT ROW WARRIORS warten schon mit dem zweiten Longplayer auf. Gut so – no time to loose, kann man sich doch bis heute nicht wirklich erklären, wieso diese fabelhafte Frontfrau rund 30 Jahre gebraucht hat, um mit neuen, starken Musikern auf die Bretter zu steigen anstatt heutzutage in einem Atemzug mit Jutta Weinhold oder Doro Pesch genannt zu werden. Jede Sekunde, jede Note, jeder Atemzug atmet die Großtaten der glücklichen 80er Heavy-Jahre und lebt diesen Zeitgeist, anstatt ihn zu imitieren. Das perfekte Album für Liebhaber der goldenen Zeit, mehr melodische Glücksseligkeit geht in meiner Welt wirklich nicht.
ADORNED GRAVES – Dream I & Wouta – Was haben wir geduldig gewartet, gehofft und gebetet… dass diese unglaubliche Kreativität der drei Weisen aus dem Pfälzerland nicht schon auf dem Zenit war, als es hieß ´The Earth Hath Opened Her Mouth´. Mann, bleib‘ im Sattel – höre ich den ein oder anderen Brokeback-Cowboy sagen – es sind doch nur fünf Lieder. Deshalb nehmen wir auch gleich noch das frisch erschienene Vinyl mit Neueinspielungen einiger Tanzhits dazu und schon war 2025 das Jahr der ADORNED GRAVES mit zwei Veröffentlichungen, denn eine EP plus eine LP mit Neuinterpretationen ergibt ein Album des Jahres, wenn Metal weiterhin so Spaß macht wie bei meinen Pfälzer Brüdern. Am Anfang war das Riff und sieh sahen, dass es gut war. Alsbald schickte der Herr mitreißende Gitarrensoli und grandiose Sänger, um die frohe Botschaft zu verkünden. Für Schwestern das Krawall ist selbstverständlich auch bestens gesorgt und die Gemeinde ist spätestens dann wieder vereint, wenn Heavyness und Melodien eine unzerstörbare Liason eingehen.
FLAMING ROW – Keeper Of The Scriptures / Hüterin der Schriften – Was haben wir geduldig gewartet, gehofft und gebetet… dass Melli und Martin neben ihren mannigfachen musikalischen Betätigungsfeldern noch einmal Zeit und Muße für ein neues FLAMING ROW Album haben. Nun ist die Zeit gekommen und ihre Reise führt das Ensemble in ihre eigene Mittelerde. Am Anfang war diesmal das geschrieben Wort. Christian Dolle erschuf wie einst Tolkien eine Welt, in der uns so vieles bekannt vorkommt, die jedoch so viel Magie birgt, wie wir es uns nur in unseren Kühnsten Träumen vorstellen können. Die Menschheit hat ausnahmsweise in dieser Welt die Konflikte untereinander begraben, doch die Gier ist geblieben. Mal unschuldig auf einen Vorteil bedacht, mal bösartig mit großen Ambitionen. Wie zu erwarten setzt die Künstlerunion FLAMING ROW diese Geschichte fulminant um – episch, metallisch und gefühlvoll im Breitwandformat. Selbst der Konzeptmeister Arjen Lucassen weiß inzwischen, woher die ernstzunehmendsten Mitbewerber um den Progmetallischen Thron stammen und gibt sogar seinen Ritterschlag in Form eines Beitrages. Mit Buch als auch Hörbuch zu englischer und deutscher Version ist der neue „Keeper…“ ein bleibendes Werk in der multinationalen Metalerde.
AURORA FERRER – Time Crawlers – Was haben wir geduldig gewartet, gehofft und gebetet… daß die Nachtorakel nicht zusammen mit den Sternen gefallen sind und Aurora Ferrer trotz aller Prüfungen des Lebens erneut eine kleine Nachtmusik komponiert hat, die dieses Mal aus den Schatten tritt und trotzig (Über-)Lebensfreude verkündet. Selten hat eine Künstlerin ihre Erfahrungen, Ängste und Hoffnungen so federleicht, doch ebenso kraftvoll in Gesang und Sound transformiert. Man klebt ihr förmlich an den Lippen und lässt sich ein auf diese hochemotionale Erfahrung, die zwischen lauten und leisen Tönen ein einmalige Atmosphäre entstehen lässt, dich nachdenklich, jedoch nie verzweifelt oder traurig macht. Egal ob ihr auf BJÖRK, die GUANO APES, TORI AMOS oder die unverkennbare Claudia Brücken von PROPAGANDA steht – AURORA FERRER ist ab nun eure Frau für die intensiven Stunden mit einem Licht in der Dunkelheit.
VOID – Forbidden Morals – Was haben wir geduldig gewartet, gehofft und gebetet… dass noch einmal im viel zu kurzen Leben ein paar Jungs ihre Instrumente in die Hand nehmen und auch beherrschen, einen fähigen Schreihals finden und uns in die Sphären von TOXIK, WATCHTOWER oder HADES kloppen. Danke, der Schlag hat gesessen, das Album hat sich in die Rübe eingebrannt und ich bekomme immer noch nicht genug davon. Es könnte auch heißen ´Thrash Wars – The VOID Strikes Back´ denn ich komme mir beim Hören zuweilen vor wie eine C3PO-Einheit, die in der Wolkenstadt Bespin gesprengt und von einem Wookie falsch zusammengesetzt wurde mit dem Kopf auf den Rücken gedreht. Grüße an Regan MacNeil in ihrem Kinderzimmer des Georgetowns der frühen 70erjahre – jetzt weiß ich, wie sich Besessenheit anfühlt. Eine Dekade später schon wäre dies eines dieser Alben gewesen, dass JEDER Undergroundnerd sein Eigen genannt hätte. Knüppelharte Thrashattacken mit Flitzeriffs, doppelläufigen Gitarrenlicks, grandiosem Gesang zwischen Shouts, Screams und melodisch zusammengebündelt in einer enorm abwechslungsreichen songschreiberischen Power sprechen ihre eigene Sprache. Weiter so, Jungs – das ist der Stahl, aus dem unvergängliche Alben geschmiedet werden.
Sir Lord Dooms
Schönheitspreise
ZLORTCHT – A Cynical Theocracy – Die liebe Cheryl von “Witches Brew Records” hat ein gutes Händchen für Heavy Metal, gerade auch beim kräftigeren Stoff des Genres. ZLÓRTCHT (klingt wie das Geräusch, das ich beim Kaffeetrinken erzeuge) sind das Brainchild von Phil Howlett, dem Doom Master aus dem australischen Adelaide, u.a. bei ROTE MARE und LUCIFER’S FALL zugange. Doch es ist kein Doom, sondern eine knarrig kauzige Mischung aus Black Metal der ersten Stunde, Thrash von vor 1984 und kantigem Obskurheavymetal. Als wären wir noch in den 80ern, Jeans, Shirts und Lederjacken klebten am Leib und wir stünden im kleinen Underground Club, schüttelten wild die langen Haare zu garstigen, aber packenden Riffs und ruppigen Beats. Aber die Duftnote der Musik hier ist frisch, die Songs scheinen, bei aller Vertrautheit, dann doch noch neue morbide Geschichten zu erzählen von der Rückkehr der Dunkelheit und des Bösen. Willkommen in der Hölle!
GARDE – Harbinger Of Revenge And War – Epic Metal trifft klassischen Doom. Es wogt und rollt, während erhabene Gesangsmelodien Deine Seele streicheln. Arjan Peeks heißt der Schöpfer, kurz A., welcher eher im Blackmetal Bereich als vielbeschäftigter Recke aktiv ist, so u.a. bei PEST aus Deutschland oder HEIMDALL’S WACHT, dazu COUNTESS und seit 1998 CULTUS. 25 Jahre werkelte der Niederländer an diesem Viking Doom Meisterwerk herum und hat es mit Hilfe von Dan Capp am Mikro, der Stimme der neuen SOLSTICE, kreative Kraft bei WINTERFYLLETH und WOLCENSMEN, endlich manifestiert. Das Ergebnis wird alle Fans von epischen BATHORY, DOOMSWORD und SOLSTICE in verzückte Raserei versetzen. Absolut mächtig.
PAGAN ALTAR – Never Quite Dead – Legende! Aber der einstige Main Man Sänger Terry Jones ist 2014 schon gestorben, sein Sohn Alan, an der Gitarre seit 1978, führt mit frischem Elan weiter. Weniger Doom, weniger Tragik, mehr klassischer Britenhardrock, der nach kauzigen Momenten der NWoBHM klingt. Sehr frisch, einprägsam, eigenständig und hymnisch. Einige Jungspunde, die auf die alten Alben abfahren, haben Einwände. Ich habe nichts als Liebe für die Platte und Band über. Absoluter Knaller
MEAN MISTREATER – Do Or Die – Junge Bands, deren Musik nach aus Grabbelkisten schmieriger Second Hand Läden gezogener Kultschätzchen klingt, haben bei mir ja schon einen Stein im Brett. Diese Texaner, Nachfolger der grandiosen WAR CLOUD, haben auf ihren zwei bisherigen Alben einen geilen, knackig direkten Heavy Metal Sound kultiviert, mit welchem nach den guten alten 80ern hungernde Headbanger ihre Seele erfüllen können. Kantig, dabei aber immer einprägsam, erfrischend und doch schön konservativ donnern sich MEAN MISTREATER in knapp unter einer halben Stunde auf den Pfaden alter RIOT, SAXON, RODS, JUDAS PRIEST mit eigener Note in die Herzen der Fans.
PENTAGRAM – Lightning In A Bottle – Die alte Doomlegende ist nach wie vor in bester Form. Trommellegende Henry Vazquez (BLOOD OF THE SUN, SAINT VITUS) hat die Position am Schlagzeug übernommen und scheint mehr als nur der Drummer zu sein. Bobby Liebling ist wieder absolut frisch und das mit über 70. Gitarre und Bass brummen, brodeln und pulsieren zwischen den beiden umher. Mehr Heavyrock als klassisch morbider Doom, hymnisch und einprägsam, zeigt sich das neue Album als das beste Stück der Band seit 2005. Not dead yet!
[ Die Top 30 unserer teilnehmenden Redakteure befinden sich im zweiten Teil – Die Feinheiten;
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