
STAN GETZ & GERRY MULLIGAN – Getz Meets Mulligan In Hi-Fi
1957/2025 (Verve Records) - Stil: Jazz
Bevor Stan Getz und Gerry Mulligan 1957 erstmals gemeinsam in einem Studio zusammentrafen, hatten beide bereits die Jazzlandschaft nachhaltig geprägt.
Stan Getz, geboren 1927 in Philadelphia, war in den späten 1940er Jahren mit Woody Hermans „Second Herd“ als Teil der legendären „Four Brothers“ hervorgetreten und hatte den lyrischen Tenorsound des Ensembles entscheidend mitgeprägt. In den frühen 1950er Jahren spielte er mit Größen wie Jimmy Dorsey, Benny Goodman, Horace Silver und Dizzy Gillespie, perfektionierte sein warmes, geschmeidiges Tenorspiel und baute sich einen Ruf als Virtuose des Cool Jazz auf, dessen Eleganz und Präzision Maßstäbe setzte.
Parallel dazu hatte Gerry Mulligan, ebenfalls Jahrgang 1927, auf der Westküste seine eigene Vision entwickelt. Mit seiner pianolosen Formation zusammen mit Chet Baker ab 1952 erprobte er kontrapunktisches Zusammenspiel, das den Klang des Baritonsaxophons neu definierte und den West Coast Jazz entscheidend prägte. Zugleich arbeitete er als Arrangeur für Miles Davis, Claude Thornhill und andere, entwickelte ein feines Gespür für harmonische und rhythmische Strukturen und verband technische Brillanz mit emotionaler Ausdruckskraft.
Bis zu ihrem Treffen hatten beide Musiker also Jahrzehnte der Erfahrung, des Austauschs mit anderen Größen und der stilistischen Exploration hinter sich, was ihr Aufeinandertreffen zu einem historischen Moment machte.
´Getz Meets Mulligan In Hi-Fi´ ist die direkte Manifestation dieses Treffens. Beide Musiker treten ausschließlich als Solisten auf, ohne weitere Bläser, und schaffen eine intime, gleichzeitig energiegeladene Dialogstruktur. Stan Getz wählte das rhythmische Fundament selbst aus: Lou Levy am Piano, Ray Brown am Bass und Stan Levey am Schlagzeug bilden eine Trio-Basis, die mit Präzision und Beweglichkeit reagiert und den beiden Saxophonisten die Freiheit lässt, jede Phrase auszuschöpfen. Besonders reizvoll ist Mulligans Vorschlag, die Instrumente zu tauschen. Auf Seite A spielt Getz Baritonsaxophon, während Mulligan den Tenor übernimmt, auf Seite B kehren sie zu ihren Hauptinstrumenten zurück, wodurch sich der Kontrast der Klangfarben besonders intensiv entfaltet.

Die Eröffnung mit ´Let’s Fall In Love´ von Harold Arlen und Ted Koehler setzt gleich einen beschwingten Ton. Die beiden Saxophone verschränken sich in geschmeidigen Dialogen, während Ray Brown die Basslinien mit drängender Eleganz trägt. Auf ´Anything Goes´ von Cole Porter entfalten sich die Stimmen in einem rasanten, fast jagenden Wechselspiel, das sich in feurigen Dialogen bemerkbar und die Virtuosität beider Musiker unmittelbar spürbar macht. Bei ´Too Close For Comfort´ von Jerry Bock, Larry Holofcener und George David Weiss gelingt es, den Schwung des Albums zu bewahren, während Lou Levy kurze, prägnante Impulse liefert, die den musikalischen Fluss beleben, ohne aufdringlich zu wirken.
Die B-Seite beginnt mit ´That Old Feeling´ von Sammy Fain und Lew Brown, einem imposanten Moment der Gelassenheit, in dem die Saxophone besonders lyrisch und empfindsam agieren. ´This Can’t Be Love´ von Richard Rodgers und Lorenz Hart zieht das Tempo wieder an, und die Spielfreude des Ensembles wird förmlich greifbar, getragen von der sicheren Rhythmusgruppe, die jedes Solo optimal unterstützt. Mulligans eigene Komposition ´A Ballad´ beschließt das Album in nachdenklicher, aber nie melancholischer Stimmung. Die beiden Saxophone verschmelzen dabei zu einer Einheit, deren Schönheit und innere Spannung lange nachklingt.

Die Wiederveröffentlichung aus der “Acoustic Sounds Series” bringt diese historische Begegnung in herausragender Qualität auf 180g Vinyl. Mastering von Matthew Lutthans aus den Originalbändern, gepresst bei “Quality Record Pressings” und präsentiert in einem wundervoll glänzenden und stabilen Tip-On-Gatefold mit wattierter Innenhülle, erlaubt es, die Nuancen und den Glanz der Instrumente in vollem Umfang zu erleben. Dieses Album ist kein Versuch, mit Effekten oder Gimmicks zu glänzen, sondern ein Beweis dafür, dass zwei Meister ihres Fachs, aufeinander eingespielt und frei in ihrem Ausdruck, zeitlose Musik erschaffen können, die auch Jahrzehnte später noch Energie, Wärme und Inspiration vermittelt.
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Gerry Mulligan – Baritonsaxophon (Tracks 4–8), Tenorsaxophon (Tracks 1–3)
Stan Getz – Tenorsaxophon (Tracks 4–8), Baritonsaxophon (Tracks 1–3)
Lou Levy – Klavier
Ray Brown – Bass
Stan Levey – Schlagzeug



