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JIM GRIFFIN – The Counterblast

2025 (Sound Effect Records) - Stil: Progressive Rock / Postrock

Wenn Musik wie eine Raumsonde funktioniert, die Erinnerungen, Philosophie und Weltraumschrott in die Umlaufbahn schießt, dann ist Jim Griffin ihr beharrlichster Pilot. Mit ´The Counterblast´ hebt der Limericker Musiker zu seiner bislang persönlichsten, aber auch gewaltigsten Reise ab, einem Album, das Vergangenheit und Zukunft, Mythos und Wissenschaft, den kindlichen Traum vom All und die bittere Realität der Erdenschwere miteinander verschmilzt.

Schon der Opener ´Cosmic Law And Order´ trägt die DNA von Griffins früherer Band ZOMBIE PICNIC in sich und baut eine sakrale Klangarchitektur aus gesprochenem Wort, brummenden Bassläufen und überirdischen Gitarren. Science-Fiction-Rhetorik verschmilzt mit metaphysischem Pathos, während eine Stimme aus den Tiefen des Universums ruft, um göttliche Ordnung in ein chaotisches All zu bringen. Mit ´Xenocide´ steigert Jim Griffin das Tempo, doomige Riffs krachen auf ein Saxophon-Gewitter von Robbie Costelloe, während David Reece (ACCEPT, BONFIRE, BANGALORE CHOIR) die Worte des kosmischen Sünderprozesses mit dramatischer Wucht hinausschleudert. Keith McCoys Schlagzeug treibt das Stück in eine interstellare Raserei, die irgendwo zwischen Doom, Prog und apokalyptischem Theater schwebt.

Der Titeltrack ´A Counterblast To Astral Travel´ eröffnet einen Dialog zwischen Vernunft und Wahnsinn, zwischen wissenschaftlicher Hybris und spirituellem Kontrollverlust. Akustische Gitarren und verzerrte Feedback-Schleifen prallen aufeinander, während der Hörer das Gefühl bekommt, jemand hätte Blues Rock auf einen Flug in die Dunkelzone am Rand eines Schwarzen Lochs geschickt.

Mit der dreiteiligen Suite ´Sleeping Generation´ vollzieht sich die innere Landung des Albums, und Jim Griffin übernimmt selbst den Gesang, verletzlich, nachdenklich und zutiefst menschlich. Part I wirkt wie ein Abschiedsbrief an die Generation der Raumfahrtträume, die zwischen Mondlandung und Challenger-Katastrophe aufwuchs. Part II malt ein nostalgisches, warmes, aber brüchiges Idyll, während Part III schließlich in die Leere hinausdriftet, begleitet von Rauschen und Signalen. Der Astronaut ist verloren, aber seine Botschaft hallt weiter und bleibt präsent.

Die beiden Bandcamp-Bonustracks, ´For The Dying Empire´ und ´January Sky´, fungieren wie Coda und Kommentar. Ersteres ist ein martialisches Fanal für eine untergehende Zivilisation, ein letzter Auftrag an die Sternenflotte der Verlorenen, während letzteres Jim Griffins persönlichster Moment ist, ein stilles, melancholisches Requiem für die Challenger-Crew und für alle Kinder jener Generation, die den Himmel sahen und nur Trümmer fanden.

Jim Griffin gelingt es auf ´The Counterblast´, Pathos und Introspektion, Bombast und Verletzlichkeit zu einem Gesamtwerk zu verbinden, das literarisch, filmisch und zutiefst menschlich wirkt. Wer ´The Signal´ gehört hat, wird nun erkennen, dass ´The Counterblast´ das emotionale Gravitationszentrum seines Schaffens ist, ein Nachruf auf das Raumfahrtzeitalter und vielleicht das letzte Science-Fiction-Album, das noch weiß, warum wir überhaupt zu den Sternen aufbrechen wollten.

(8,5 Punkte)

https://therangerandthecleric.bandcamp.com/album/the-counterblast

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