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FRONT ROW WARRIORS – Running Out Of Time

2025 (ROAR) - Stil: Melodic Heavy Metal

Legt man das neue Album von FRONT ROW WARRIORS auf, riecht es sofort nach dicken Lederjacken, ausgebleichten Jeans und kaltem Bier in schummrigen Kellern. Gegründet 2019 in Stuttgart, hat sich die Band schon mit ihrem Debüt ´Wheel Of Fortune´ 2023 ins Rampenlicht gespielt. Damals hagelte es Lobeshymnen, der Deutsche Rock- und Popmusikerverband kürte das Werk sogar zum „Hard Rock Album des Jahres“. Nun haben sie Album Nummer zwei, ´Running Out Of Time´, losgelassen und können tatsächlich dieses Niveau mit viel Schweiß und Attitüde halten.

Bereits das Line-Up klingt wie ein Who-is-Who der deutschen Underground-Szene: Elkie Gee (ex-AMPYRE) mit ihrer markanten Stimme, die mal glatt wie Stahl klingt, mal rau wie eine durchtanzte Nacht. Dazu die Gitarristen Stef Binnig-Gollub (ex-SEPTAGON, SAMSARA) und seit 2024 Dominik Barth (ex-ILLUSORIA), die sich die Riffs zuschieben, als würden sie sich gegenseitig durch die Menge in einer stickigen Metal-Disco prügeln. Richie Seibel (IVANHOE, THEM) legt mit den Keys warme Flächen über die Songs, Timo Michels (ex-PUMP) pumpt den Bass in die Magengrube, während Jay G. (ex-SHARON) die Felle prügelt, dass die Tanzfläche bebt. Produziert hat wieder Altmeister Achim Köhler, der den Sound so klar wie eine frische Pulle Pils und zugleich so roh wie eine verrauchte Clubnacht klingen lässt.

Musikalisch schlägt das Album direkt eine Schneise durch die Menschenmenge. Schon der Opener ´Turn The Tide´ reißt einen mit seinem Speed-Riffing hinein, als würde man mit einem Mal von den Lautsprechern in die Menge gestoßen. Danach nimmt sich ´Theory Of Mind´ wie ein kurzer Atemzug, ein Moment, in dem der Nebel durch den Raum zieht, bevor ´The Holy´ hymnisch aus den Boxen schmettert, wie flackerndes Licht über einer verschwitzten Menge.

Mit ´Cast A Spell´ schalten die Warriors das Tempo hoch, und man spürt sofort, wie die Leute in der Disco enger zusammenrücken, Biergläser klirren, der Schweiß tropft. Doch mittendrin brechen die Gitarren plötzlich leise, akustisch herunter, als hätte die Nacht kurz die Luft angehalten, bevor die Stromgitarre wieder lospeitscht. ´New Horizons´ dagegen breitet die Arme weit aus, ein Song, den man instinktiv mitsingen will. Doch die Stimmen verschmelzen auf der Tanzfläche wie ein Chor aus durstigen Kehlen unter zuckendem Neonlicht.

Der Titelsong ´Running Out Of Time´ beginnt beinahe zärtlich, um sich plötzlich aufzubäumen und zu einem wuchtigen Metal-Stück anzuwachsen. Zu diesem Zeitpunkt will niemand mehr sitzenbleiben. Danach tritt ´Rise Against´ das Gaspedal durch. Die Drums donnern und plötzlich verwandelt sich die Tanzfläche in einen Moshpit, in dem die Patches und Lederwesten durcheinanderfliegen.

´Don’t Think The Night Is Over´ ist einer dieser Songs, die die ganze Nacht zusammenhalten. Ein Refrain, der sich mit Chören über die Köpfe legt, getragen von dicken Riffs und schweren Drums, als wolle die Band die letzten Kräfte der Menge mobilisieren. Und wenn danach das Meeresrauschen von ´Seems Like Paradise´ einsetzt, wirkt es wie ein kleiner Traum zwischendurch. Akustikgitarren und fragile Vocals schwellen langsam zu einer großen Welle an, während das Stück den Raum fast zum Schweigen bringt. Trotzdem bleiben die Feuerzeuge oben.

Mit ´Heartbreaker´ zollen die Warriors Pat Benatar Tribut, aber ordentlich mit Kante, und heizen noch einmal die Tanzfläche an. Den Schlusspunkt setzt ´Front Row Warriors´, eine echte Bandhymne. Es ist der Moment, in dem alle noch einmal die Kehlen heben, Schulter an Schulter, und in dem allen klar wird, dass diese Band nicht für die Charts spielt, sondern für genau solche Nächte.

Denn ´Running Out Of Time´ ist kein glattpoliertes Stück Hochglanz-Metal. Es ist ein Album, das lebt und schwitzt, das man im Nacken spürt und im Bauch mitträgt. Ein Werk, das klingt wie die Nächte, die uns damals unsterblich vorkamen, mit klebrigen Böden, Rauchschwaden, kaltem Bier und Songs, die noch Tage später im Ohr hallen. Die FRONT ROW WARRIORS haben damit nicht nur ihr Debüt bestätigt, sie haben sich in die Liga jener Bands gespielt, deren Musik nicht altert.

(8,5 Punkte)

https://www.facebook.com/FRW.official


Pic: Sermed Shaikh

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