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JOHN MCLAUGHLIN & THE 4TH DIMENSION – Montreux Jazz Festival 2022

2025 (earMUSIC/ Edel) - Stil: Jazzrock

John McLaughlin, dieser wandernde Gitarrenheld, war nie weg – er war nur immer woanders: bei Miles Davis, in Indien, mit Shakti, mit Mahavishnu, mit Paco, mit Al, mit Santana, mit sich selbst und seinem Innersten. Und nun steht er wieder da, im Licht der Montreux-Bühne, im Sommer 2022, 80 Jahre alt, ein Saiten-Zauberer mit vibrierendem Herzen und immer noch schnellerem Puls als alle um ihn herum.

Der auf ´Montreux Jazz Festival 2022´ dokumentierte Live-Auftritt ist keine nostalgische Rückschau, sondern ein schimmernder und lebender Beweis der Begabung von John McLaughlin, vor allem seiner Energie, die sich nicht in Genres wie Jazz, Rock, Blues oder indischem Geist einsperren lässt. Das ist in jeder Note, die an diesem 11. Juli 2022 durch das “Stravinski Auditorium” vibrierte, zu spüren.

Mit Étienne M’Bappé am Bass hat John McLaughlin zudem einen Mann an der Seite, dessen Saiten nicht spielen, sondern tanzen. Gary Husband, dieser Multi-Mastermind, wechselt derweil scheinbar mühelos zwischen Keyboard und Schlagzeug, als wären es zwei Seiten derselben Seele. Nicolas Viccaro bringt am Schlagzeug neue Impulse, lässt es krachen und schweben zugleich. Und dann ist da noch Jany McPherson, die kubanische Pianistin und Sängerin, deren Gesang sich wie Sternenstaub in den freien Räumen von John McLaughlins Harmonien verteilt.

Der Abend beginnt mit ´Kiki´, einem funkelnden Opener ohne jegliche Altersschwäche, gefolgt vom ´Lock Down Blues´ aus den traumatischen Jahren der jüngsten Zeit. ´The Creator Has A Master Plan´, diese Pharoah Sanders-Hymne, wird als Hommage an das Geistige im Jazz zum ersten Höhepunkt. Jany McPhersons Gesang trifft hier auf das Echo der Band, während John McLaughlins Gitarrensprache über Tonleitern gleitet, die nie aufhören wollen.

Mit ´Abbaji´ wird es persönlich. Der Song ist John McLaughlins stilles Gebet für seinen alten Weggefährten und Tabla-Guru Alla Rakha, in sanfter, meditativer, rückblickender Schönheit. Dann kommt das Funkeln von Klassikern wie ´New Blues Old Bruise´ oder ´El Hombre Que Sabia´, letzteres ein elegisches Geschenk an Paco de Lucía, somit Flamenco-Geist im Fusion-Gewand.

Zwischen all diesen Songs explodieren kleine Mini-Universen wie ´Mr. DC´, ´Hijacked´ oder ´Gaza City´. Mal politisch, mal poetisch. Jede Note wird ausgekostet. Voller Freude, Virtuosität, Humor und einem fantastischen Gemeinschaftserlebnis. Ein unvergessenes Konzert, wie John McLaughlin seinen jüngsten Montreux-Auftritt umschreibt.

Man kann viel über Technik reden, über McLaughlins legendäre Sechzehntelläufe, über seine ungeraden Taktarten, über seine harmonischen Labyrinthe, aber an diesem Abend geht es nur um das Zuhören und Fühlen. John McLaughlin, der ewig Suchende, zeigt mit ´Montreux Jazz Festival 2022´, dass die Reise weitergeht. Nicht vor und nicht zurück, sondern dorthin, wo die Zeit stillsteht.

https://www.facebook.com/johnmclaughlinofficial


(VÖ: 08.08.2025)

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