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DAVE MASON – A Shade Of Blues

2023/2025 (Barham Productions) - Stil: Blues

Der Blues hat Dave Mason nie ganz losgelassen, obwohl er vor über 50 Jahren mit TRAFFIC erst einmal ganz andere Wege eingeschlagen hat. Dann hing er mit Hendrix, Clapton, Crosby & Nash, den STONES und FLEETWOOD MAC in den Studios rum. Doch nun haut er im zarten Alter von 79 mit ´A Shade Of Blues´ ein Album raus, welches so tief in den Eingeweiden des Blues wühlt, dass es feucht und heiß wird. Und jetzt gibt es das Teil mit Verspätung endlich auch auf Vinyl – natürlich 180g, geschnitten von Matthew Lutthans bei “The Mastering Lab” und wie immer einzigartig fett gepresst bei “Quality Record Pressings”.

Selbstredend war Dave Mason nie der reine Blues-Purist. Aber wenn man öfters genauer hinhörte, hat der Blues bei ihm immer mitgeraucht. Als Gründungsmitglied von TRAFFIC hat er mit Winwood, Capaldi und Wood die Rockwelt durchgeschüttelt und danach einfach eine wilde Reise durch Jahrzehnte, durch Genres und durch jede Menge Legendenstudios unternommen. Doch jetzt, mit ´A Shade Of Blues´, ist Schluss mit dem Umherwandern. Jetzt wird es dreckig, und zwar bluesdreckig.

Das Album ist glücklicherweise keine klinisch glatte Retrospektive. Denn seine Memoiren hat Dave Mason bereits im letzten Jahr unter dem Titel “Only You Know & I Know” veröffentlicht. Jetzt gibt es eine schwitzige Mischung aus Delta, Dreck und Delirium. Das Werk ist ein rauchender Cocktail aus Neuinterpretationen, tiefem Respekt vor den Wurzeln sowie einigen Songs aus seinem bisherigen Katalog, die hier ihren angestammten Platz finden. Elf Tracks, die den Blues nicht einfach zitieren, sondern frisch durchkneten. Dave Mason greift tief in den Südstaatenschlamm und spuckt ein Album aus, das knarzt und scheppert.

Der Opener ´Use It, Or Lose It´ kommt nicht mit angezogener Handbremse. Dave Mason und Joe Bonamassa zünden hier ein akustisch-elektrisches Shuffle-Feuerwerk, das live im Studio klingt, mitsamt spontanen Rufen und echtem Gelächter. So klingt pure Spielfreude – und diese Aufnahme ist mittlerweile auch schon über zwölf Jahre alt. Joe Bonamassa, der damals als junger Musiker zu Dave Mason nach Ojai in Kalifornien kam, gibt dem Song mit Stimme und Gitarre ein eigenes Gesicht.

Als Nächstes wird Robert Johnsons Erbe ´Come On In My Kitchen´ mit 12-saitiger Akustikgitarre entstaubt, roh und direkt. Dave Mason im Gespräch mit Jonathan McEuen – ersterer mit Dobro und Akustikgitarre, letzterer an der Zwölfsaitigen. Doch zu ´It’s Just You And Me´ lässt Dave Mason wieder die Gitarre schwingen und sich seinen Song von Michael McDonald an Orgel und Klavier veredeln. Gerade Michael McDonalds Harmonien machen den Song zum melancholischen Glanzstück.

Das Lied ´Cocaine´, im Original von Jackson Browne, schiebt Dave Mason unter dem Titel ´Cocaine Blues´ in den Sand, würzt es mit seiner 12-saitigen Akustikgitarre und serviert eine spröde, staubige Version dieses Klassikers. Und obwohl Dave Mason zu jener Zeit nicht mehr bei TRAFFIC war, verleibt er sich den Song ´The Low Spark Of High Heeled Boys´ ein, in einer ungewöhnlichen Neuinterpretation mit schleppendem Rhythmus, Sommer-Vibes und einem Funken schlagenden Gitarren-Duell mit Joe Bonamassa.

´Born Under A Bad Sign´ ist sodann kein Versuch, Albert King zu übertreffen, Dave Mason liest William Bell und Booker T. Jones auf seine Art und bringt seinen eigenen knarzigen Vibe mit Gitarre, Keys und Selbstachtung ein. Schließlich ist Albert King, neben seinen Vorbildern Freddie King, Elmore James, Otis Rush, Bobby Parker und Buddy Guy, sein absoluter Held. Und bei ´Dust My Blues´, dem Elmore James/Robert Johnson-Klassiker, lief das Aufnahmegerät heimlich mit. Es ist ein Bootleg-Moment, roh, unvermischt, unverstellt. Die Vocals kamen über das Mikro der Akustikgitarre. Und genau das macht den Reiz aus, wie ein geplatzter Reifen auf heißem Asphalt.

Ein weiteres Mal verpasst Dave Mason zusammen mit Joe Bonamassa einem alten TRAFFIC-Klassiker ´Dear Mr. Fantasy´ eine melancholische Nachtfärbung. So tönen die Stimmen und so jaulen die Gitarren, wenn man mit fast 80 Jahren nochmal tief in die Vergangenheit schaut. Mit Jade Hendrix am zweiten Mikrofon fühlt sich Dave Mason allerdings wieder jung und spielt sein ´Just Another Fool In Love´ kurz als Lover’s Rock, kurz im Reggae-Blues oder vielleicht sogar mit etwas Bourbon im Glas.

Mit Akustikgitarre und Saxophonist Warren Hill holt Dave Mason in ´El Toro´ das Latin-Feeling hervor, wild und sexy, gewürzt mit spanischem Blues in der Seele. Da der Track schon vorher veröffentlicht war, wurde er wenigstens nochmal komplett neu abgemischt – genau wie ´Good 2U´, das zum Abschluss mit einem leicht poppigen Touch glänzt, samt dem unvergessenen Mike Finnigan an den Tasten, der leider 2021 verstarb.

´A Shade Of Blue´ ist in der Tat kein Staubfänger. Es ist ein Album mit Ecken, Narben und einer tief sitzenden Seele. Keine alte Blues-Show, denn der Blues altert nicht. Er fault nicht, er gärt. Und wenn man ihn wie Dave Mason nach Jahrzehnten wieder hervorzieht, dann brennt er umso heftiger.

Also: Nadel runter, Whiskey auf – und use it, or lose it.

https://www.facebook.com/DaveMasonMusic

 

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