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CHRIS CHEEK – Keepers Of The Eastern Door

2025 (Analog Tone Factory) - Stil: Jazz

Chris Cheek schenkt der Öffentlichkeit mit ´Keepers Of The Eastern Door´ ein echtes Schmuckstück. In einer Welt des digitalen Krachs und der immergleichen Sounds präsentiert uns dieses Album einen erdigen, geschichtsträchtigen Klang, der den alten Spirit der Musik wieder einfängt.

Der US-Amerikaner entschied sich, bei den Aufnahmen von ´Keepers Of The Eastern Door´ gänzlich analog zu arbeiten. Daher wurden die Kompositionen am 8. und 9. November 2024 in einem Raum des “Power Station Studios” von New York für den großen Unterschied live eingespielt und direkt auf ½-Zoll-Tonband (Ampex 351 Röhrentonbandgerät) mit 30 ips Geschwindigkeit aufgenommen. Produzent und Toningenieur James Farber zeichnete sich für die Aufnahme verantwortlich, Bernie Grundman für das analoge Mastering.

Diese Technik verleiht der Musik eine warme, tiefgründige Atmosphäre, die man in digitalen Aufnahmen oft vermisst. Produziert im Presswerk “Gotta Groove”, von “Analog Tone Factory” in die Welt getragen, ist natürlich bereits die reguläre 180g-Vinyl-Ausgabe exzellent, doch die preislich mehrfach zu Buche schlagende “One-Step-Pressung” entfaltet natürlich die wahre Tiefe dieser Einspielung. Allerdings hebt sich die limitierte und durchnummerierte “One-Step-Pressung” in puncto Aufmachung oder Präsentation leider nicht von der regulären Version ab.

Chris Cheek, geboren 1968 in St. Louis, hat viel von großartigen Lehrern gelernt, und sein Spiel über all die Jahre entwickelt. Nach vielen Erfahrungen, unter anderem mit Paul Motian und als Teil der Band Bloomdaddies, hat er mittlerweile seinen Platz gefunden. In ´Keepers Of The Eastern Door´ legt er daher etwas von seiner persönlichen Geschichte und Verbindung zur Natur offen.

Der Titel des Albums bezieht sich dabei auf die Mohawk, ein Volk, das als „Die Wächter der östlichen Tür“ bekannt war. Chris Cheek erinnert mit diesem Bild an die Wichtigkeit von Werten und Lebensweisen, an die Wichtigkeit von Respekt und den Einklang mit Mutter Natur.

Auch das Cover-Artwork mit dem Foto „The Kutenai Duck Hunter“ von Edward Curtis steht für die Gedanken von Chris Cheek, wie wir unsere Verbindung zur Umwelt bewahren können, aber ebenso ergeben sich aus der Spiegelung im Wasser von Mann und Kanu einige vielschichtige Bedeutungen.

Doch Christ Cheek hat für dieses Projekt obendrein einige bemerkenswerte Musiker zusammengebracht. An der Gitarre spielt Bill Frisell, der für seinen gefühlvollen Klang und seine Emotionen bekannt ist. Am Kontrabass breitet Tony Scherr die Schönheit der musikalischen Tiefe aus und am Schlagzeug begleitet Rudy Royston das Ganze mit filigranen Klängen. Die Chemie zwischen den Musikern ist insofern sofort spürbar.

Chris Cheek vertraut auf die Kraft der Melodie und nutzt die Pausen zwischen den Tönen. Seine Musik umfasst auf ´Keepers Of The Eastern Door´ eine Mischung aus eigenen Kompositionen und kreativen Interpretationen bekannter Stücke, die von Barock bis hin zu den Beatles reichen.

´Kino’s Canoe´ eröffnet mit rhythmischer Direktheit und federndem Puls die A-Seite. Die Phrasen sind kantig, rhythmisch gespannt, doch die Melodie ist von feiner Gestalt.

´Smoke Rings´ ist eine Ballade wie Nebel über dem Wasser. Bill Frisell und Chris Cheek bilden dabei innerhalb des Quartetts ein harmonisches Duo aus stimmlicher Klarheit, und umspielen sich wie Wind und Schilf.

Dagegen ist ´O Sacrum Convivium!´ über fast sieben Minuten bedächtig und andächtig sakral, eine klanggewordene Kontemplation. Chris Cheeks Sopransaxophon leuchtet wie eine Kerze in dunkler Kapelle.

Leichtfüßiger ist die elegante Vorführung des Broadway-Klassikers ´On A Clear Day´. Tony Scherr vollführt ein luftig verspieltes Bass-Spiel und Chris Cheek tanzt mit seinem Tenorsaxophon heiter und vergnügt.

Mit ´Lost Is My Quiet´ eröffnet ein trauriges und anmutiges Stück in weit über sieben Minuten die B-Seite. Das barocke Kleinod phrasiert Chris Cheek mit beinahe gesungener Melancholie, während Bill Frisell mit tonaler Würde antwortet. Doch wenn Tony Scherr die alleinige Führung übernimmt, scheint die Zeit still zu stehen.

Fast demütig und bedächtig tragen Saxophon und Gitarre abwechselnd die Melodie des Lennon/McCartney-Stückes ´From Me To You´ vor. Was einst jugendliche Leichtigkeit war, wird hier zur sehnsüchtigen Bitte.

Dann schlagen Rudy Roystons Eingangstrommeln das Ritual für den Titelsong ´Keepers Of The Eastern Door´ an. Für den thematischen Kern des Albums zieht Chris Cheek, unterstützt von Bill Frisell, seine weiten Bögen.

Schließlich das intime Finale ´Go On, Dear´. Der Saxophonklang von Chris Cheek schmiegt sich an Bill Frisells gezupfte Gitarrenlinien, als würde man einem persönlichen Brief lauschen. Sanft, beinahe versöhnlich, endet das Werk.

Chris Cheek erhofft sich mit dieser Musik eine tiefere Verbindung zu den Werten, die wir in der heutigen, schnelllebigen Zeit oft vergessen. Es geht im Speziellen um Stille, Respekt und das zarte Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur.

Am Ende des Tages hätten wir mit ´Keepers Of The Eastern Door´ eine kleine, stille Revolution ausgelöst, wenn wir uns wieder an diese wichtigen Werte erinnern und uns nicht vom Lärm der Welt ablenken lassen. Dann hat auch diese Musik Bestand und wird sich dauerhaft in den Herzen der Hörer festsetzen.

(9 Punkte)

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